Zur Zulässigkeit einer im Jahr 2022 durch eine Steuerberatungsgesellschaft mbH per Telefax erhobenen Klage
Kurzbesprechung
BFH v. 18.10.2023 - XI R 39/22
FGO § 52d S 1, § 52d S 2, § 52a Abs 4 S 1 Nr. 2
GmbHG § 35 Abs 1 S 1
StBerG § 55d Abs 2
Nach § 52d Satz 1 FGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die zum 1.1.2022 in Kraft getretene und in allen durch die Finanzgerichtsordnung eröffneten Verfahren geltende Vorschrift verpflichtet unter anderem Rechtsanwälte, welche nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) i.d.F. des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015 (BGBl I 2015, 2517) ein beA unterhalten müssen, (vorbereitende und) bestimmende Schriftsätze unter Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs als elektronisches Dokument zu übermitteln.
Gleiches gilt zwar nach § 52d Satz 2 FGO für die nach § 62 Abs. 2 FGO vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung steht. Für Berufsausübungsgesellschaften in Gestalt einer Steuerberatungsgesellschaft mbH ist allerdings erst seit dem 1.1.2023 von der Bundessteuerberaterkammer ein sicherer Übermittlungsweg in Gestalt des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs, kurz beSt, eingerichtet (§ 86e StBerG).
Zwar sind Steuerberater bereits seit dem 01.01.2018 verpflichtet, einen sicheren Übertragungsweg nach § 130a Abs. 4 ZPO für Zustellungen seitens des Gerichts einzurichten (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 174 Abs. 3 Satz 4 ZPO); eine Verpflichtung für Steuerberater, mit dem Gericht vollumfänglich elektronisch zu kommunizieren, war damit indes noch nicht verbunden.
Im Streitfall war die Prozessbevollmächtigte der Steuerpflichtigen als Steuerberatungsgesellschaft mbH nach § 52d Satz 2 FGO grundsätzlich erst seit dem 01.01.2023 zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs und zur Übermittlung (vorbereitender und) bestimmender Schriftsätze sowie schriftlich einzureichender Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument verpflichtet. Im Zeitpunkt der Klageerhebung konnten Schriftsätze von ihr auch noch "schriftlich" ‑ das heißt in Schriftform (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO), oder, wie im Streitfall, per Telefax ‑ übermittelt werden.
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Prozessbevollmächtigte der Steuerpflichtigen im Streitfall durch einen gesetzlichen Vertreter (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, § 55d Abs. 2 StBerG) gehandelt hat, der neben seiner (nichtselbständigen) Tätigkeit als Geschäftsführer der Prozessbevollmächtigten eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (Verpflichtung nach § 52d Satz 1 FGO seit dem 01.01.2022) besitzt und in dieser Form die Klageschrift unterzeichnet hat.
Zwar sind Rechtsanwälte, die ‑ als natürliche Person (Einzelanwalt) ‑ im Verzeichnis (§ 31 BRAO) der für sie zuständigen Rechtsanwaltskammer eingetragen sind und für die von der Bundesrechtsanwaltskammer ein beA (§ 31a Abs. 1 BRAO) eingerichtet worden ist, nach § 52d Satz 1 FGO seit dem 01.01.2022 nutzungspflichtig. Vor diesem Hintergrund sind auch Steuerberater, die zugleich eine Zulassung als Rechtsanwalt besitzen (und damit ein beA unterhalten), jedenfalls dann ebenfalls nach § 52d Satz 1 FGO ab dem 01.01.2022 nutzungspflichtig, wenn sie als Prozessbevollmächtigte auftreten und ein bei Gericht eingereichtes Dokument in entsprechender Weise unterzeichnen.
Auch "gemischte" Berufsausübungsgesellschaften, bei denen neben Steuerberatern auch andere Berufsträger (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Notare) tätig sind und die neben steuerlichen Beratungsleistungen auch Dienstleistungen anbieten, die über die Befugnisse des § 3 StBerG hinausgehen, können nach § 52d Satz 1 FGO seit dem 1.1.2022 nutzungspflichtig sein, wenn ein verantwortlicher, im Briefkopf der Berufsausübungsgesellschaft namentlich aufgeführter Berufsträger mit Mehrfachzulassung ("Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater") einen (vorbereitenden oder) bestimmenden Schriftsatz an das Gericht übermittelt; ein solches Dokument darf nach dem 31.12.2021 nicht mehr schrift(sätz)lich oder per Telefax, sondern nur noch elektronisch bei Gericht eingereicht werden.
Etwas anderes gilt jedoch für einen Fall wie den Streitfall, wenn eine Steuerberatungsgesellschaft mbH, die keine Dienstleistungen anbietet, die über die Befugnisse des § 3 StBerG hinausgehen, durch ihren gesetzlichen Vertreter (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, § 55d Abs. 2 StBerG) handelt. Eine nach § 52d Satz 2 FGO (noch) nicht nutzungspflichtige Prozessbevollmächtigte in Gestalt einer Steuerberatungsgesellschaft mbH wird nicht dadurch (im Sinne des § 52d Satz 1 FGO) nutzungspflichtig, dass für sie ein gesetzlicher Vertreter handelt, der in seiner beruflichen Funktion als Rechtsanwalt nach § 52d Satz 1 FGO nutzungspflichtig wäre, wenn er als solcher selbst dem Gericht gegenüber auftreten würde..
Der Umstand, dass der handelnde Gesellschafter-Geschäftsführer außerhalb seiner Tätigkeit für die Steuerberatungsgesellschaft mbH über eine Zulassung zur Anwaltschaft nach den Bestimmungen der Bundesrechtsanwaltsordnung verfügt, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Im Streitfall konnte die Steuerpflichtige daher durch ihre Prozessbevollmächtigte als nach § 52d Satz 2 FGO bis einschließlich 31.12.2022 noch nicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtete Person die Klageschrift in zulässiger Weise ‑ wie im Streitfall ‑ per Telefax übermitteln. Die berufliche Qualifikation des Rechtsanwalts, der im Streitfall nicht als solcher selbst dem FG gegenüber aufgetreten ist, sondern als angestellter Geschäftsführer und Organ der prozessbevollmächtigten Steuerberatungsgesellschaft mbH für diese gehandelt hat, tritt hinter § 52d Satz 2 FGO zurück.
Verlag Dr. Otto Schmidt
FGO § 52d S 1, § 52d S 2, § 52a Abs 4 S 1 Nr. 2
GmbHG § 35 Abs 1 S 1
StBerG § 55d Abs 2
Nach § 52d Satz 1 FGO sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln. Die zum 1.1.2022 in Kraft getretene und in allen durch die Finanzgerichtsordnung eröffneten Verfahren geltende Vorschrift verpflichtet unter anderem Rechtsanwälte, welche nach § 31a der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) i.d.F. des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015 (BGBl I 2015, 2517) ein beA unterhalten müssen, (vorbereitende und) bestimmende Schriftsätze unter Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs als elektronisches Dokument zu übermitteln.
Gleiches gilt zwar nach § 52d Satz 2 FGO für die nach § 62 Abs. 2 FGO vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FGO zur Verfügung steht. Für Berufsausübungsgesellschaften in Gestalt einer Steuerberatungsgesellschaft mbH ist allerdings erst seit dem 1.1.2023 von der Bundessteuerberaterkammer ein sicherer Übermittlungsweg in Gestalt des besonderen elektronischen Steuerberaterpostfachs, kurz beSt, eingerichtet (§ 86e StBerG).
Zwar sind Steuerberater bereits seit dem 01.01.2018 verpflichtet, einen sicheren Übertragungsweg nach § 130a Abs. 4 ZPO für Zustellungen seitens des Gerichts einzurichten (§ 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 174 Abs. 3 Satz 4 ZPO); eine Verpflichtung für Steuerberater, mit dem Gericht vollumfänglich elektronisch zu kommunizieren, war damit indes noch nicht verbunden.
Im Streitfall war die Prozessbevollmächtigte der Steuerpflichtigen als Steuerberatungsgesellschaft mbH nach § 52d Satz 2 FGO grundsätzlich erst seit dem 01.01.2023 zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs und zur Übermittlung (vorbereitender und) bestimmender Schriftsätze sowie schriftlich einzureichender Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument verpflichtet. Im Zeitpunkt der Klageerhebung konnten Schriftsätze von ihr auch noch "schriftlich" ‑ das heißt in Schriftform (§ 120 Abs. 1 Satz 1 FGO), oder, wie im Streitfall, per Telefax ‑ übermittelt werden.
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Prozessbevollmächtigte der Steuerpflichtigen im Streitfall durch einen gesetzlichen Vertreter (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, § 55d Abs. 2 StBerG) gehandelt hat, der neben seiner (nichtselbständigen) Tätigkeit als Geschäftsführer der Prozessbevollmächtigten eine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft (Verpflichtung nach § 52d Satz 1 FGO seit dem 01.01.2022) besitzt und in dieser Form die Klageschrift unterzeichnet hat.
Zwar sind Rechtsanwälte, die ‑ als natürliche Person (Einzelanwalt) ‑ im Verzeichnis (§ 31 BRAO) der für sie zuständigen Rechtsanwaltskammer eingetragen sind und für die von der Bundesrechtsanwaltskammer ein beA (§ 31a Abs. 1 BRAO) eingerichtet worden ist, nach § 52d Satz 1 FGO seit dem 01.01.2022 nutzungspflichtig. Vor diesem Hintergrund sind auch Steuerberater, die zugleich eine Zulassung als Rechtsanwalt besitzen (und damit ein beA unterhalten), jedenfalls dann ebenfalls nach § 52d Satz 1 FGO ab dem 01.01.2022 nutzungspflichtig, wenn sie als Prozessbevollmächtigte auftreten und ein bei Gericht eingereichtes Dokument in entsprechender Weise unterzeichnen.
Auch "gemischte" Berufsausübungsgesellschaften, bei denen neben Steuerberatern auch andere Berufsträger (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Notare) tätig sind und die neben steuerlichen Beratungsleistungen auch Dienstleistungen anbieten, die über die Befugnisse des § 3 StBerG hinausgehen, können nach § 52d Satz 1 FGO seit dem 1.1.2022 nutzungspflichtig sein, wenn ein verantwortlicher, im Briefkopf der Berufsausübungsgesellschaft namentlich aufgeführter Berufsträger mit Mehrfachzulassung ("Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater") einen (vorbereitenden oder) bestimmenden Schriftsatz an das Gericht übermittelt; ein solches Dokument darf nach dem 31.12.2021 nicht mehr schrift(sätz)lich oder per Telefax, sondern nur noch elektronisch bei Gericht eingereicht werden.
Etwas anderes gilt jedoch für einen Fall wie den Streitfall, wenn eine Steuerberatungsgesellschaft mbH, die keine Dienstleistungen anbietet, die über die Befugnisse des § 3 StBerG hinausgehen, durch ihren gesetzlichen Vertreter (§ 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG, § 55d Abs. 2 StBerG) handelt. Eine nach § 52d Satz 2 FGO (noch) nicht nutzungspflichtige Prozessbevollmächtigte in Gestalt einer Steuerberatungsgesellschaft mbH wird nicht dadurch (im Sinne des § 52d Satz 1 FGO) nutzungspflichtig, dass für sie ein gesetzlicher Vertreter handelt, der in seiner beruflichen Funktion als Rechtsanwalt nach § 52d Satz 1 FGO nutzungspflichtig wäre, wenn er als solcher selbst dem Gericht gegenüber auftreten würde..
Der Umstand, dass der handelnde Gesellschafter-Geschäftsführer außerhalb seiner Tätigkeit für die Steuerberatungsgesellschaft mbH über eine Zulassung zur Anwaltschaft nach den Bestimmungen der Bundesrechtsanwaltsordnung verfügt, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Im Streitfall konnte die Steuerpflichtige daher durch ihre Prozessbevollmächtigte als nach § 52d Satz 2 FGO bis einschließlich 31.12.2022 noch nicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs verpflichtete Person die Klageschrift in zulässiger Weise ‑ wie im Streitfall ‑ per Telefax übermitteln. Die berufliche Qualifikation des Rechtsanwalts, der im Streitfall nicht als solcher selbst dem FG gegenüber aufgetreten ist, sondern als angestellter Geschäftsführer und Organ der prozessbevollmächtigten Steuerberatungsgesellschaft mbH für diese gehandelt hat, tritt hinter § 52d Satz 2 FGO zurück.