Zur Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung auf eine 100-prozentige Tochtergesellschaft
FG Schleswig-Holstein 7.6.2012, 1 K 130/09Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung auf eine 100-prozentige Tochtergesellschaft mbH zum 31.12.2000. Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der X-AG, die Alleingesellschafterin der X-GmbH war. Diese verfügte in den Jahren bis 1999 über ein Stammkapital von 51.000 DM und eine eingezahlte Kapitalrücklage i.H.v. 1 Mio. DM. Die X-AG verbuchte die Anteile an der Tochtergesellschaft im Jahresabschluss 1999 als Zugang zu den Finanzanlagen ("Anteile an verbundenen Unternehmen") zu Anschaffungskosten i.H.v. 1,056 Mio. DM. Im Jahresabschluss zum 31.12.2000 nahm sie eine Teilwertabschreibung auf 1 DM vor.
Die Teilwertabschreibung erfolgte aufgrund bei der X-GmbH verbuchter Verluste aus Fremdwährungsdarlehen, welche zur bilanziellen Überschuldung der Tochtergesellschaft führten. Im Jahre 1999 erwarb die X-GmbH in Deutschland belegene Gewerbeimmobilien, welche sie über Fremdwährungsdarlehen finanzierte. Die Darlehen waren in den Jahren 2019 und 2024 in Schweizer Franken (CHF) zu tilgen. Nach Darlehensaufnahme wertete der CHF im Verhältnis zur DM und zur entsprechenden Euro-Parität auf. Für das Jahr 2000 errechnete sich eine Aufwertung des CHF um ca. 5,4 Prozent.
Die X-GmbH wies zum 31.12.1999 einen Verlustvortrag i.H.v. rd. 2.750 DM sowie einen Jahresfehlbetrag i.H.v. rd. 612.000 DM aus. Nach der zum 31.12.2000 vorgenommenen Höherbewertung der CHF-Darlehensverbindlichkeiten entstand ein Verlust von rd. 3,2 Mio. DM und ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag i.H.v. rd. 2,7 Mio. DM. Mit Rücksicht auf die bilanzielle Überschuldung der X-GmbH schrieb die X-AG den Wertansatz der Tochter auf 1 DM = 0,51 € ab. Den niedrigeren Teilwert behielt sie an den beiden folgenden Bilanzstichtagen bei. Eine Wertaufholung auf den Betrag der ursprünglichen Anschaffungskosten erfolgte erst in der Bilanz zum 31.12.2003. Im Zuge einer Betriebsprüfung betreffend die steuerlichen Verhältnisse der X-AG in den Jahren 1998 bis 2001 gelangte der Prüfer zu der Überzeugung, dass die Teilwertabschreibung steuerlich nicht anzuerkennen sei.
Das FG wies die gegen die entsprechende Körperschaftsteuerfestsetzung gerichtete Klage ab. Die Revision wird beim BFH unter dem Az. I R 53/12 geführt.
Die Gründe:
Die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG sind im Streitfall nicht erfüllt.
Die Klägerin konnte den ihr obliegenden Nachweis einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung nicht führen. Ein solcher Sachverhalt ergibt sich insbes. nicht bereits aus bilanzieller Überschuldung des verbundenen Unternehmens: Die bilanzielle Überschuldung der Tochtergesellschaft resultierte nicht aus ihrem operativen Geschäft, sondern maßgeblich aus den im Jahre 2000 verbuchten Aufwendungen aus Wechselkursdifferenzen. Die Verbuchung dieser Aufwendungen war sachlich nicht gerechtfertigt, weil keine hinreichende Grundlage für die Höherbewertung der in CHF nominierten Fremdwährungsdarlehen bestand.
Nach den hierzu vom BFH im Urteil IV R 62/06 vom 23.4.2009 aufgestellten Grundsätzen begründet ein Kursanstieg der Fremdwährung grundsätzlich keine dauerhafte Werterhöhung der Verbindlichkeit, wenn diese am Bilanzstichtag noch eine Restlaufzeit von zehn oder mehr Jahren hat. Es ist dann davon auszugehen, dass sich die Währungsschwankungen im weiteren Vertragsverlauf grundsätzlich ausgleichen werden. Im Streitfall liefen die Fremdwährungsdarlehen noch bis 2019 und 2024, so dass ein Ausgleich erwartet werden konnte. Dieser hat denn auch Ende 2006 tatsächlich stattgefunden.
Die Entscheidung I R 89/10des BFH vom 21.9.2011 betreffend die Bewertung börsennotierter Aktien rechtfertigt ebenfalls keine andere Beurteilung. Zwar hat der BFH dort typisierend die Prämisse eines informationseffizienten Kapitalmarkts zugrunde gelegt und Aktienkursverluste oberhalb einer Bagatellgrenze von 5 Prozent als grundsätzlich ausreichend für eine Teilwertabschreibung angesehen. Die hiermit verbundenen Wertungen können jedoch nicht ohne weiteres auf die Bewertung von Fremdwährungsverbindlichkeiten übertragen werden. Dies schon deshalb nicht, weil über die Kursbildung am Aktienmarkt die Aktiengesellschaft selbst bewertet wird, während der Devisenkurs nicht (direkt) den Wert eines langfristigen Fremdwährungskredits abbildet und auch nichts Konkretes über den Wert der rückzahlungsverpflichteten Kapitalgesellschaft besagt.
Die ergänzende Erwägung der Klägerseite, dass hier wegen der Anschläge des 11.9.2001 im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung die berechtigte Erwartung einer fundamentalen Veränderung der Devisenkurse in Gestalt einer dauerhaften Aufwertung des CHF bestanden habe, ist mangels aussagekräftiger ökonomischer Belege als rein spekulativ und nicht tragfähig für die Annahme einer voraussichtlich dauerhaften Wertminderung anzusehen. Hiergegen spricht bereits der Umstand, dass der CHF-Währungsraum vergleichsweise eng ist. In der Schweizerischen Volkswirtschaft und am Schweizer Kapitalmarkt bestehen nur begrenzte Anlagemöglichkeiten. Im Vergleich zu den anerkannten Welthandels- und Reservewährungen US-Dollar und Euro ist der CHF deshalb nur eingeschränkt als Anlagealternative geeignet, was schematische Prognosen über seine relative Wertentenwicklung erschwert.
Linkhinweis:
- Den Volltext der Entscheidung finden Sie in der Rechtsprechungsdatenbank Schleswig-Holstein.
- Um direkt zum Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.