Zur Zurechnung von Kinderbetreuungskosten bei zusammen lebenden nicht verheirateten Eltern
BFH 25.11.2010, III R 79/09Der Kläger erzielte im Streitjahr (2006) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Er lebt mit seiner ebenfalls nichtselbstständig tätigen Lebensgefährtin und dem im April 2004 geborenen gemeinsamen Kind in einem Haushalt zusammen. Der Bruttoarbeitslohn des Klägers betrug knapp 26.000 €, der seiner Lebensgefährtin knapp 13.000 €. Beide tragen zu den Aufwendungen des Haushaltes bei; so teilen sie sich die Miete für die gemeinsame Wohnung, der Kläger zahlt die gesamten Strom- und Telefonkosten und die Eltern des Klägers übernehmen die Kosten des von der Lebensgefährtin genutzten Pkw. Das FG hat dies als "Wirtschaften aus einem Topf" beschrieben.
Das gemeinsame Kind wurde im Streitjahr 2006 in einer Kindertagesstätte betreut. Die Lebensgefährtin hatte den Betreuungsvertrag mit der Kindertagesstätte unterschrieben und das Entgelt von 990 € von ihrem Konto gezahlt. Das Finanzamt lehnte es ab, zwei Drittel dieser Aufwendungen als erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten des Klägers wie Werbungskosten gem. § 4f i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG a.F. zu berücksichtigen, weil die Kinderbetreuungskosten nicht vom Kläger, sondern von der Kindesmutter getragen worden seien.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Auf die Revision des Finanzamts hob der BFH das Urteil auf und wies die Klage ab.
Die Gründe:
Der Kläger hat selbst keine Kinderbetreuungskosten getragen, und die Zahlung vom Konto der Lebensgefährtin kann ihm weder vollständig noch anteilig zugerechnet werden.
Steuerpflichtige, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen, können zwei Drittel der wegen ihrer Erwerbstätigkeit anfallenden Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zu ihrem Haushalt gehörenden und noch nicht 14 Jahre alten Kindes i.S.d. § 32 Abs. 1 EStG nach § 4f EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 S. 1 EStG in der Fassung des Streitjahres 2006 - jetzt § 9c Abs. 1 EStG - wie Werbungskosten abziehen. Eine Zurechnung von Einnahmen und Ausgaben setzt aber voraus, dass der Steuerpflichtige den entsprechenden Tatbestand des EStG selbst verwirklicht hat.
Ausgaben, die Dritte geleistet haben, können grundsätzlich nur beim Dritten berücksichtigt werden, nicht aber bei dem insoweit nicht belasteten Steuerpflichtigen. Dem Wortlaut des § 4f EStG a.F. sind keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die es rechtfertigen könnten, davon abzuweichen; die Vorschrift bezieht sich auf Aufwendungen des Steuerpflichtigen und enthält insbes. weder Zuordnungsregeln noch ein Zuordnungswahlrecht. Vorliegend hat der Kläger das Entgelt für die Betreuung seines Kindes in der Kindertagesstätte nicht unmittelbar selbst gezahlt; die Entgelte für die Kindertagesstätte sind vielmehr ausschließlich vom Konto der Lebensgefährtin überwiesen worden. Der Kläger hat ihr die geleisteten Zahlungen auch nicht nachträglich erstattet.
Dem Kläger können die von der Lebensgefährtin gezahlten Beträge auch nicht teilweise als eigener Aufwand zugerechnet werden. Die Rechtsgrundsätze zum abgekürzten Zahlungs- oder Vertragsweg erlauben es, dem Steuerpflichtigen Kosten als eigenen Aufwand zuzurechnen, die ein Dritter in seinem Interesse trägt. In Fällen der sog. Abkürzung des Zahlungsweges tilgt der Dritte im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld (§ 267 Abs. 1 BGB), statt dem Steuerpflichtigen den Geldbetrag unmittelbar zu geben und ihn die Zahlung vornehmen zu lassen. Ein derartiger Fall ist vorliegend aber schon deshalb nicht gegeben, weil die Lebensgefährtin allein auf ihre eigene Verbindlichkeit geleistet hatte, denn nur sie hatte den Vertrag mit der Kindertagesstätte unterzeichnet.
Die Anwendung der Grundsätze des abgekürzten Vertragsweges - wonach Aufwendungen eines Dritten, der im eigenen Namen für den Steuerpflichtigen einen Vertrag schließt und auch selbst die geschuldeten Zahlungen leistet, beim Steuerpflichtigen abgezogen werden können - zugunsten des Klägers kam ebenfalls nicht in Betracht. Denn die Lebensgefährtin wahrte mit dem Abschluss des Betreuungsvertrages für ihr Kind eigene Interessen, da die Kindertagesstätte sie von der ihr als Mutter obliegenden Personensorge entlastete und ihr die Erwerbstätigkeit ermöglichte. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die Unterbringung des Kindes auch dem ebenfalls zur Betreuung des Kindes verpflichteten Kläger nützte.
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