14.09.2012

Zur Zurechnung von Vermietungseinkünften

Die für den Verzicht auf ein dingliches Wohnrecht vom Wohnrechtsverpflichteten (Steuerpflichtigen) an den Berechtigten geleisteten Zahlungen können als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung des belasteten Grundstücks abgeschrieben werden. Ein noch fortbestehendes Wohnungsrecht, das der Sicherung dient und tatsächlich nicht ausgeübt wird, steht einer schuldrechtliche Nutzungsvereinbarung nicht entgegen.

Hessisches FG 19.4.2012, 13 K 698/09
Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte im Jahr 1983 von seinen Eltern unentgeltlich im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein Grundstück erhalten. Dieses ist mit einem Zweifamilienhaus bebaut. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger seinen Eltern ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht einzuräumen. Diese beschränkt persönliche Dienstbarkeit wurde ins Grundbuch eingetragen. Außerdem wurde festgelegt, dass der Jahreswert des Rechts 3.600 € betrage.

Nach dem Tod des Vaters zog die Mutter Anfang 2001 aus Alters- und Gesundheitsgründen in eine Mietwohnung. Kurz darauf renovierte der Kläger das gesamte Haus und vermietete es zu einem monatlichen Nettomietzins von 2.600 € an einen Dritten. Mit seiner Mutter hatte der Kläger vorweg im Jahre 2000 vereinbart, dass sie auf das Wohnrecht gegen Zahlung ihrer "Fremdmiete" in einer anderen Wohnung verzichte. Die Miete für seine Mutter betrug zunächst monatlich 511 € und 550 € ab 2004. Auf eine notarielle Vereinbarung hatte man aus Kostengründen verzichtet.

Für die Streitjahre 2001 bis 2006 gab der Kläger Einkommensteuererklärungen ab, in welchen er u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffend das Vermietungsobjekt Arbeit erklärte. Er war der Ansicht, die "Fremdmiete" sei als Werbungskosten abzugsfähig, denn ohne dass er den Mietzins für die seitens der Mutter angemietete Wohnung "übernommen" hätte und der Wohnraum somit durch Auszug der Mutter freigeworden wäre, hätte er das Haus "nicht anderweitig zum knapp fünffachen Mietzins" vermieten können.

Das Finanzamt war hingegen der Auffassung, dass die geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten abzugsfähig seien, da zwischen dem Kläger und seiner Mutter kein Versorgungsvertrag zustande gekommen sei. Für das Wohnrecht fänden die Vorschriften des Nießbrauchrechts Anwendung und somit sei sowohl für die Bestellung als auch die Ablösung eine notarielle Beurkundung notwendig.

Das FG gab der Klage in dem hier streitigen Umfang statt. Allerdings ließ es wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BFH zu.

Die Gründe:
Das Finanzamt hatte zu Unrecht in den jeweiligen Streitjahren Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in der geltend gemachten Höhe nicht zum Abzug zugelassen.

Den Tatbestand der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verwirklicht, wer die rechtliche oder tatsächliche Macht hat, eines der in § 21 Abs. 1 EStG genannten Wirtschaftgüter anderen entgeltlich auf Zeit zum Gebrauch oder zur Nutzung zu überlassen. Maßgeblich ist hierbei, wer als Inhaber über das mit der Erwerbsgrundlage verbundene Nutzungsverhältnis selbst oder durch einen gesetzlichen Vertreter wirtschaftlich verfügen kann. Danach kommt es für die Zurechnung von Vermietungseinkünften darauf an, wer die maßgebenden wirtschaftlichen Dispositionsbefugnisse über das Mietobjekt und damit eine Vermietertätigkeit ausübt.

Der Kläger hat in den Streitjahren als Ausübungsberechtigter und tatsächlich Nutzender mit der Vermietung des Wohnhausgrundstücks, dessen Eigentümer er zudem ist, den Tatbestand der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung verwirklicht. Dem stand das der Mutter auf Lebenszeit eingeräumt dingliche Wohnrecht nicht entgegen. Denn ein noch fortbestehendes Wohnungsrecht, das der Sicherung dient und tatsächlich nicht ausgeübt wird, steht einer schuldrechtliche Nutzungsvereinbarung nicht entgegen.

Es war letztlich auch davon auszugehen, dass der erforderliche objektive Zusammenhang zwischen den seitens des Klägers an seine Mutter erfolgten Zahlungen und den aus dem Mietvertrag mit dem Dritten erzielten Mieteinnahmen gegeben war. Nach BFH-Rechtsprechung stellt ein schuldrechtlicher Verzicht auf die Unentgeltlichkeit des dinglich bestellten Wohnrechts, der sich durch Abschluss eines Mietvertrages manifestiert, gerade keinen Gestaltungsmissbrauch dar. Infolgedessen muss für den Fall, in dem schuldrechtlich der Verzicht auf ein dingliches Wohnrecht gegen Entgelt vereinbart wird, dasselbe gelten. Die Abrede, aus der sich hier die Hauptpflichten, nämlich der Verzicht auf die Ausübung des Wohnrechts einerseits und die Zahlung eines Entgelts in bestimmter Höhe andererseits, klar entnehmen ließen, entsprach dem unter Fremden Üblichen. Schuldgrund und Höhe waren klar vereinbart.

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