31.05.2021

Zur Zusammenfassung kommunaler Bäder- und Versorgungsbetriebe im Rahmen der Spartenrechnung

Beruht die Zusammenfassung der Tätigkeit einer kommunalen Bädergesellschaft mit den Tätigkeiten kommunaler Versorgungsbetriebe im Rahmen der Spartenrechnung (§ 8 Abs. 9 KStG) darauf, dass mit einem der Bäder eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung besteht (§ 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG), kann die erforderliche Verflechtung "von einigem Gewicht" auch dadurch entfallen, dass dieses Bad aus Sicht des Bäderbetriebs an Bedeutung verliert, weil es für den Publikumsverkehr geschlossen und nur noch als Reservebad im Stand-by-Betrieb vorgehalten wird. Maßgebend ist die tatrichterliche Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls.

Kurzbesprechung
BFH v. 16.12.2020 - I R 41/17

KStG § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 3 S. 2, § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 9, § 15 S. 1 Nr. 4, § 15 S. 1 Nr. 5, § 34 Abs. 6 u. 10
GewStG § 7 S. 5
AEUV Art 107 Abs. 1, Art 108 Abs. 3,
AO § 89
FGO § 118 Abs. 2


Streitig war, ob ein steuerlicher Querverbund gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 KStG auch für den Zeitraum vom 23.07.2011 bis zum 31.12.2011 anzuerkennen ist.

Grundlage der sog. Spartenrechnung, mit der die Ergebnisverrechnung bei kommunalen Eigengesellschaften mit strukturell dauerdefizitären Tätigkeiten an die für Betriebe gewerblicher Art (BgA) geltenden Grundsätze ausgerichtet werden soll ist § 8 Abs. 9 KStG, der gemäß § 7 Satz 5 GewStG auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags entsprechend anzuwenden und im Fall einer Organgesellschaft gemäß § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG (erst) bei der Ermittlung des Einkommens des Organträgers zu berücksichtigen ist.

Der von § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG in Bezug genommene § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG sieht vor, dass bei Kapitalgesellschaften, bei denen die Mehrheit der Stimmrechte unmittelbar oder mittelbar auf juristische Personen des öffentlichen Rechts entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus Dauerverlustgeschäften tragen, die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht bereits deshalb zu ziehen sind, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben.

Ein Dauerverlustgeschäft liegt nach § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder in den Fällen von Satz 1 Nr. 2 das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu einem Hoheitsbetrieb gehört.

Sowohl § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als auch § 8 Abs. 7 KStG sind bei Dauerverlustgeschäften einer Organgesellschaft ebenso wie § 8 Abs. 9 KStG auf Ebene des Organträgers anzuwenden (§ 15 Satz 1 Nr. 4 KStG).Der ebenfalls von § 8 Abs. 9 Satz 1 KStG in Bezug genommene § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG kodifiziert dagegen die sog. Zusammenfassungsgrundsätze. Danach kann ein BgA mit einem oder mehreren anderen BgA zusammengefasst werden, wenn

Nr. 1: sie gleichartig sind,
Nr. 2: zwischen ihnen nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse objektiv eine enge wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung von einigem Gewicht besteht oder
Nr. 3: Betriebe gewerblicher Art im Sinne des Absatzes 3 vorliegen.

Für jede sich hiernach ergebende Sparte ist der Gesamtbetrag der Einkünfte getrennt zu ermitteln (§ 8 Abs. 9 Satz 2 KStG). Ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte einer Sparte darf nicht mit einem positiven Gesamtbetrag der Einkünfte einer anderen Sparte verrechnet werden (§ 8 Abs. 9 Satz 4 KStG).

Im Streitfall handelte es sich bei dem Bäderbetrieb der GmbH --wie bei kommunalen Bäderbetrieben üblich-- um ein sog. Dauerverlustgeschäft, das die tatbestandlichen Voraussetzungen einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG erfüllt. Allerdings sind gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 KStG die Rechtsfolgen der vGA nicht zu ziehen, da es sich um ein gemäß § 8 Abs. 7 Satz 2 KStG begünstigtes Dauerverlustgeschäft aus gesundheitspolitischen Gründen handelt und die Steuerpflichtige auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG die Voraussetzungen einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 KStG erfüllt.

Im Streitfall war alleinige Anteilseignerin die Stadt, welche letztlich die Verluste aus dem Bäderbetrieb getragen hat. Hierfür reicht es aus, dass sich die aufgrund der Gewinne der Versorgungsbetriebe möglichen Dividendeneinnahmen der Stadt gemindert haben.

Sowohl § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als auch § 8 Abs. 7 KStG sind gemäß § 15 Satz 1 Nr. 4 KStG zutreffend (erst) bei der Ermittlung des Einkommens der Steuerpflichtigen (Organträgerin) angewandt worden. Die Bestimmungen haben grundsätzlich zur Folge, dass die Verluste der GmbH aus dem Bäderbetrieb das Einkommen der Steuerpflichtigen mindern.

Im Streitfall waren diese Verluste bei der Ermittlung des Einkommens der Steuerpflichtigen (Organträgerin) aber einer gesonderten Sparte zuzuordnen (§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG i.V.m. § 15 Satz 1 Nr. 5 KStG), die nicht mit den Ergebnissen ihrer übrigen Tätigkeiten verrechnet werden konnten. Durch die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG war die Grundvoraussetzung der Spartenrechnung erfüllt. Darüber hinaus waren die Tätigkeiten Bäderbetrieb und Versorgungsbetriebe nicht gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 KStG zusammenfassbar.

Das FG hatte zu Recht die erforderliche technisch-wirtschaftliche Verflechtung "von einigem Gewicht" ab dem Zeitpunkt der Schließung des alten Hallenbads für den Publikumsverkehr und des Übergangs in den Stand-by-Betrieb als Reservebad verneint.

§ 8 Abs. 9 Satz 1 Nr. 2 KStG und § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG waren im Streitfall auch zeitlich anwendbar.

Da die streitigen Verluste der GmbH aus dem Bäderbetrieb bereits nach nationalem Recht nicht mit den Ergebnissen der Steuerpflichtigen verrechnet werden konnten, kam es im Streitfall nicht darauf an, ob die Regelung für Dauerverlustgeschäfte kommunaler Eigengesellschaften gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 9 KStG eine staatliche Beihilfe i.S. des Art. 107 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) darstellt, die dem beihilferechtlichen Durchführungsverbot gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV unterliegt.

Darüber hinaus lehnte es der BFH ab, für diejenigen Dauerverluste des Bäderbetriebs, die das FA im Streitjahr zur Verrechnung mit Gewinnen anderer Tätigkeiten zugelassen hatte, ein Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH vorzunehmen.
Verlag Dr. Otto Schmidt
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