Zur Zwangsvollstreckung gegen Kinder wegen Steuerschulden der Eltern
Hessisches FG 9.11.2011, 3 K 1122/07Die Klägerin erhielt im Jahr 2003 durch notariellen Vertrag im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ihren Eltern ein Zweifamilienhaus mit Grundstück übertragen. Die Eltern waren jeweils zur Hälfte Miteigentümer gewesen und behielten sich im Zuge der Übertragung ein Wohnungsrecht vor. Der Vater hatte zum Zeitpunkt der Grundstücksübergabe mehrere tausend Euro Steuerschulden.
Nachdem das Finanzamt erfolglos gegen den Vater wegen dessen Steuerschulden die Zwangsvollstreckung betrieben hatte, erließ es im Jahre 2006 gegenüber der Tochter einen sog. Duldungsbescheid, mit dem es die Anfechtung der Grundstücksübertragung wegen Gläubigerbenachteiligung erklärte. Die Klägerin habe die Vollstreckung in das Grundstück so zu dulden, als gehöre es noch zur Hälfte zum Vermögen ihres Vaters.
Die Klägerin wandte hiergegen ein, dass sie mit dem Grundstück Verbindlichkeiten in erheblicher Höhe und neben dem Wohnungsrecht zugunsten ihrer Eltern ein weiteres Wohnungsrecht zugunsten ihres Onkels übernommen habe. Das Grundstück sei damit wertausschöpfend belastet gewesen. Es fehle folglich an einer Gläubigerbenachteiligung. Das Finanzamt habe ermessensfehlerhaft gehandelt.
Das FG wies die gegen den Duldungsbescheid gerichtete Klage ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Der Übergabevertrag aus dem Jahr 2003 beinhaltet eine unentgeltliche Leistung und führte zur Gläubigerbenachteiligung im Sinne des AnfG.
Das Grundstück war auch nicht wertausschöpfend belastet. Denn der Gutachterausschuss beim Amt für Bodenmanagement hat für das Grundstück einen Verkehrswert ermittelt, der deutlich über dem Wert der bestehenden Belastungen (Wohnungsrecht zugunsten des Onkels und durch das Grundstück gesicherte Darlehensvaluta) liegt. Das zugunsten der Eltern begründete Wohnungsrecht ist wegen der hiermit verbundenen Gläubigerbenachteiligung bei der Wertberechnung außer Acht zu lassen.
Schließlich hat das Finanzamt auch ermessensfehlerfrei gehandelt, weil es den maßgeblichen Sachverhalt ausreichend ermittelt und seine Ermessenserwägungen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgerichtet hat. Eine gleich geeignete und weniger belastende Alternative stand dem Finanzamt zur Realisierung der Steueransprüche im Vergleich zum angefochtenen Duldungsbescheid nicht zur Verfügung.