Zuständigkeit für die Außenprüfung (Steuerabzug nach § 50a EStG)
Kurzbesprechung
BFH v. 20.12.2023 - I R 21/21
FVG § 5 Abs 1 S 1 Nr. 12, § 5 Abs 1 S 1 Nr. 1, § 19
AO §§ 193ff
EStDV §§ 73aff
GG Art 108 Abs 4
EStG § 50a, § 73d Abs 2
AEUV Art 267
Streitig war, ob das FA oder aber das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) für die Anordnung der Außenprüfung betreffend den Steuerabzug nach § 50a EStG in der in den Jahren 2018 bis 2019 (Streitzeitraum) geltenden Fassung zuständig ist. Während das FG die Zuständigkeit beim BZSt sah, entschied der BFH, dass dieses Recht allein dem zuständigen FA zusteht.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG hat das BZSt unter anderem die Aufgabe, die Veranlagung nach § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 EStG und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes sowie das Steuerabzugsverfahren nach § 50a Abs. 1 EStG, einschließlich des Erlasses von Haftungs- und Nachforderungsbescheiden und deren Vollstreckung, durchzuführen. Dabei beschränkt sich die sachliche Zuständigkeit des BZSt im Sinne einer funktionalen Aufgabenteilung auf die positiv-rechtlich im Finanzverwaltungsgesetz enumerativ angeordneten Anwendungsfälle, im Übrigen bleibt es bei der Zuständigkeit des FA.
Mit der im Jahr 2009 erfolgten Übertragung der in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG genannten Aufgaben war keine sachliche Zuständigkeit des BZSt für die Durchführung von Außenprüfungen bei beschränkt Steuerpflichtigen beziehungsweise inländischen Steuerabzugsverpflichteten begründet worden.
Entsprechend hob der BFH die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies die Klage ab. In seiner Urteilsbegründung wies der BFH darauf hin, dass bereits der Wortlaut der Regelung und die Gesetzessystematik gegen das Auslegungsergebnis des FG sprechen. Zudem erfassen die vom Gesetzgeber gewählten Formulierungen die Außenprüfung sprachlich nicht. Denn die Außenprüfung ist nicht Bestandteil der "Durchführung der Veranlagung".
Mit dem Begriff der Veranlagung ist das förmliche Verfahren gemeint, in dem von der zuständigen Finanzbehörde aufgrund von Steuererklärungen, die vom Steuerpflichtigen einzureichen sind, die Besteuerungsgrundlagen ermittelt, die Steuer sodann festgesetzt und die Festsetzung mit Steuerbescheid bekannt gegeben werden. Veranlagung ist gesetzessprachlich damit die Steuerfestsetzung.
Für die Steuerfestsetzung erforderlich werdende Einzelermittlungen der Finanzbehörde gemäß §§ 88 ff. AO sind Teil des Veranlagungsverfahrens. Dazu gehört aber nicht die gesondert angeordnete Außenprüfung; denn dabei handelt es sich um eine besondere Sachaufklärungsmaßnahme, die regelmäßig zeitlich nach der Erstfestsetzung angeordnet wird, auf eine umfassende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mit erweiterten Mitwirkungspflichten angelegt ist und einem streng formalisierten eigenen Verfahren folgt.
Außerdem ist die "Durchführung des Steuerabzugsverfahrens" im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG gegenüber der "Durchführung der Veranlagung" als der Regelform zur Erhebung der Steuer lediglich als ein verfahrensrechtlich einfacher ausgestaltetes "Minus" zu qualifizieren und erfasst die Außenprüfung ebenfalls nicht.
Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Aufgabenwahrnehmungen des BZSt im Bereich der Außenprüfung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 19 FVG gesondert angesprochen und detailliert geregelt werden, was gegen einen Einbezug der Außenprüfungskompetenz im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG spricht.
Im Streitfall bedurfte es einer Vorlage des Verfahrens an das BVerfG oder den EuGH nicht, da die Steuerpflichtige die Verfassungsmäßigkeit des § 73d Abs. 2 EStDV im Hinblick auf eine nicht hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e EStG) in Zweifel zog beziehungsweise sie § 73d Abs. 2 EStDV für unionsrechtswidrig (Verstoß gegen den gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz oder den gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten gerichtlichen Rechtsschutz beziehungsweise die Dienstleistungsfreiheit) hält, es auf § 73d Abs. 2 EStDV jedoch für die Entscheidung des Streitfalls nicht ankommt. Denn diese Norm stellt nicht die Ermächtigungsgrundlage für die angegriffene Prüfungsanordnung dar.
Vielmehr ist das FA als Landesfinanzbehörde für die Anordnung einer Außenprüfung bei der Klägerin sachlich zuständig. Denn nur die Durchführung der Antragsveranlagung beschränkt Steuerpflichtiger und die Durchführung des Steuerabzugs gemäß § 50a Abs. 1 EStG wurden auf das BZSt übertragen, nicht aber die im Sinne der §§ 193 ff. AO formalisierte Prüfung der entsprechenden Besteuerungsgrundlagen in einem gesonderten Verfahren. Die formalisierte Prüfung betrifft die Verwaltung der Einkommensteuer von beschränkt Steuerpflichtigen und bleibt damit im sachlichen Zuständigkeitsbereich des FA als Landesfinanzbehörde.
Verlag Dr. Otto Schmidt
FVG § 5 Abs 1 S 1 Nr. 12, § 5 Abs 1 S 1 Nr. 1, § 19
AO §§ 193ff
EStDV §§ 73aff
GG Art 108 Abs 4
EStG § 50a, § 73d Abs 2
AEUV Art 267
Streitig war, ob das FA oder aber das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) für die Anordnung der Außenprüfung betreffend den Steuerabzug nach § 50a EStG in der in den Jahren 2018 bis 2019 (Streitzeitraum) geltenden Fassung zuständig ist. Während das FG die Zuständigkeit beim BZSt sah, entschied der BFH, dass dieses Recht allein dem zuständigen FA zusteht.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG hat das BZSt unter anderem die Aufgabe, die Veranlagung nach § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 EStG und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes sowie das Steuerabzugsverfahren nach § 50a Abs. 1 EStG, einschließlich des Erlasses von Haftungs- und Nachforderungsbescheiden und deren Vollstreckung, durchzuführen. Dabei beschränkt sich die sachliche Zuständigkeit des BZSt im Sinne einer funktionalen Aufgabenteilung auf die positiv-rechtlich im Finanzverwaltungsgesetz enumerativ angeordneten Anwendungsfälle, im Übrigen bleibt es bei der Zuständigkeit des FA.
Mit der im Jahr 2009 erfolgten Übertragung der in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG genannten Aufgaben war keine sachliche Zuständigkeit des BZSt für die Durchführung von Außenprüfungen bei beschränkt Steuerpflichtigen beziehungsweise inländischen Steuerabzugsverpflichteten begründet worden.
Entsprechend hob der BFH die Entscheidung der Vorinstanz auf und wies die Klage ab. In seiner Urteilsbegründung wies der BFH darauf hin, dass bereits der Wortlaut der Regelung und die Gesetzessystematik gegen das Auslegungsergebnis des FG sprechen. Zudem erfassen die vom Gesetzgeber gewählten Formulierungen die Außenprüfung sprachlich nicht. Denn die Außenprüfung ist nicht Bestandteil der "Durchführung der Veranlagung".
Mit dem Begriff der Veranlagung ist das förmliche Verfahren gemeint, in dem von der zuständigen Finanzbehörde aufgrund von Steuererklärungen, die vom Steuerpflichtigen einzureichen sind, die Besteuerungsgrundlagen ermittelt, die Steuer sodann festgesetzt und die Festsetzung mit Steuerbescheid bekannt gegeben werden. Veranlagung ist gesetzessprachlich damit die Steuerfestsetzung.
Für die Steuerfestsetzung erforderlich werdende Einzelermittlungen der Finanzbehörde gemäß §§ 88 ff. AO sind Teil des Veranlagungsverfahrens. Dazu gehört aber nicht die gesondert angeordnete Außenprüfung; denn dabei handelt es sich um eine besondere Sachaufklärungsmaßnahme, die regelmäßig zeitlich nach der Erstfestsetzung angeordnet wird, auf eine umfassende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mit erweiterten Mitwirkungspflichten angelegt ist und einem streng formalisierten eigenen Verfahren folgt.
Außerdem ist die "Durchführung des Steuerabzugsverfahrens" im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG gegenüber der "Durchführung der Veranlagung" als der Regelform zur Erhebung der Steuer lediglich als ein verfahrensrechtlich einfacher ausgestaltetes "Minus" zu qualifizieren und erfasst die Außenprüfung ebenfalls nicht.
Schließlich kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Aufgabenwahrnehmungen des BZSt im Bereich der Außenprüfung in § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 19 FVG gesondert angesprochen und detailliert geregelt werden, was gegen einen Einbezug der Außenprüfungskompetenz im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FVG spricht.
Im Streitfall bedurfte es einer Vorlage des Verfahrens an das BVerfG oder den EuGH nicht, da die Steuerpflichtige die Verfassungsmäßigkeit des § 73d Abs. 2 EStDV im Hinblick auf eine nicht hinreichend bestimmte gesetzliche Ermächtigungsgrundlage (§ 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e EStG) in Zweifel zog beziehungsweise sie § 73d Abs. 2 EStDV für unionsrechtswidrig (Verstoß gegen den gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz oder den gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten gerichtlichen Rechtsschutz beziehungsweise die Dienstleistungsfreiheit) hält, es auf § 73d Abs. 2 EStDV jedoch für die Entscheidung des Streitfalls nicht ankommt. Denn diese Norm stellt nicht die Ermächtigungsgrundlage für die angegriffene Prüfungsanordnung dar.
Vielmehr ist das FA als Landesfinanzbehörde für die Anordnung einer Außenprüfung bei der Klägerin sachlich zuständig. Denn nur die Durchführung der Antragsveranlagung beschränkt Steuerpflichtiger und die Durchführung des Steuerabzugs gemäß § 50a Abs. 1 EStG wurden auf das BZSt übertragen, nicht aber die im Sinne der §§ 193 ff. AO formalisierte Prüfung der entsprechenden Besteuerungsgrundlagen in einem gesonderten Verfahren. Die formalisierte Prüfung betrifft die Verwaltung der Einkommensteuer von beschränkt Steuerpflichtigen und bleibt damit im sachlichen Zuständigkeitsbereich des FA als Landesfinanzbehörde.