20.10.2020

Abgasskandal: VW haftet auch für von Audi hergestellte Motoren im VW Touareg

Im Rahmen der sog. Abgasaffäre haftet die Volkswagen AG auch für im VW Touareg verbaute von der Tochtergesellschaft Audi hergestellte Motoren des Typs EA 897. Die Programmierung der Motorsteuerung des Motors EA 897 ist zwar nicht identisch mit der im Falle des Motors EA 189, aber doch so ähnlich programmiert, dass sie rechtlich genauso zu behandeln ist.

OLG Oldenburg v. 16.10.2020 - 11 U 2/20
Der Sachverhalt:
Das Verfahren betrifft die Frage der Haftung der Volkswagen AG im Rahmen der sog. "Abgasaffäre". Der Kläger erwarb vor Bekanntwerden der mutmaßlichen Dieselmanipulationen im Herbst 2015 einen VW Touareg V6 mit der Schadstoffklasse Euro 6 W. IN dem Fahrzeug ist nicht der vielfach bekannte und von VW hergestellte Motor EA 189 verbaut, der den Abgasskandal ins Rollen gebracht hat. Vielmehr verfügt das Fahrzeug über einen von Audi hergestellten Dieselmotor des Typs EA 897.

Im Jahr 2019 legte der Kläger Schadensersatzklage gegen die beklagte Volkswagen AG ein und forderte den Kaufpreis zurück. Der Vertrieb der Fahrzeuge stelle, so der Kläger, ähnlich wie beim bekannten Motor EA 189, eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch die Beklagte dar. Sein Fahrzeug sei von einem amtlichen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes betroffen. Ausschlaggebend für die Haftung der Beklagten sei, dass die Entscheidung für den Einsatz des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestatteten Motors vom VW-Konzern ausgegangen sei.

Die Beklagte verteidigt sich gegen den Vorwurf der sittenwidrigen Schädigung mit dem Hinweis, nicht Hersteller und Entwickler des Motors zu sein. Hersteller sei die Firma Audi. Im VW Touareg sei gerade nicht der bekannte Motor EA 189 verbaut. Die Motorsoftware sei dementsprechend nicht vergleichbar.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil ab und gab der Klage statt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz.

Es liegt eine unzulässige Abschalteinrichtung vor und das Inverkehrbringen der hiermit versehenden Fahrzeuge stellt eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar. Die Programmierung der Motorsteuerung des Motors EA 897 ist zwar nicht identisch mit der im Falle des Motors EA 189, aber doch so ähnlich programmiert, dass sie rechtlich genauso zu behandeln ist.

Die Beklagte haftet auch selbst, obwohl Audi den Dieselmotor samt Software entwickelt und hergestellt hat. Die Beklagte hat in Bezug auf die Entwicklung und Verwendung des Motors EA 897 und dessen Software die grundlegenden strategischen Entscheidungen mitgetroffen und die entsprechenden Entscheidungen der Tochtergesellschaft Audi abgesegnet.
OLG Oldenburg PM Nr. 28 vom 16.10.2020
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