Darstellung der Möglichkeit der Fortsetzung der GmbH im Insolvenzplan
BGH v. 8.4.2020 - II ZB 3/19
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine im Handelsregister eingetragene GmbH, die über eine gewerberechtliche Erlaubnis zur Ausübung des Bewachungsgewerbes verfügt. Sie war Komplementärin der S. Dienstleistungs GmbH & Co. KG über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die KG wurde nach Bestätigung eines Insolvenzplans fortgesetzt und der Auflösungsvermerk im Handelsregister gelöscht. Die Antragstellerin stellte Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit. Das Insolvenzgericht beschloss antragsgemäß, das Insolvenzeröffnungsverfahren als vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren nach § 270a Abs. 1 InsO zuzulassen, und bestimmte eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans gem. § 270b Abs. 1 InsO. Am 1.11.2017 wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung über das Vermögen der Antragstellerin eröffnet. Die Auflösung der Antragstellerin wurde von Amts wegen in das Handelsregister eingetragen. Der vom AG bestätigte Insolvenzplan vom 28.2.2018 enthielt u.a. folgende Regelungen:
"1. Zusammenfassung bisheriges Verfahren
Durch diesen Insolvenzplan sollen die Insolvenzgläubiger der Schuldnerin bei (teilweiser) Befriedigung ihrer Insolvenzforderungen bessergestellt werden als im Falle der Durchführung eines Insolvenzhauptverfahrens. Im Rahmen der Insolvenzplanregelungen sollen diese Insolvenzgläubiger insbesondere durch die Zahlung eines Massebeitrags von dritter Seite teilweise befriedigt werden und im Übrigen auf ihre Insolvenzforderungen gegenüber dem Schuldner verzichten. Ferner soll die Schuldnerin von ihren Schulden befreit werden und ihr hierdurch die grundsätzliche Möglichkeit gegeben werden, entsprechend ihres Geschäftszwecks weiterhin werbend tätig zu sein.
2.1.3. Zielsetzung des Insolvenzplans
Der Plan zielt auf einen schnelleren Abschluss des Gesamtverfahrens und eine höhere Befriedigungsquote der Gläubiger ab. Nur dadurch können die Auftraggeber langfristig an die dazugehörige Kommanditgesellschaft gebunden bzw. neue Auftraggeber nachhaltig gewonnen werden."
Mit Beschluss vom 22.5.2018 hob das AG das Insolvenzverfahren und mit Beschluss vom 6.8.2018 die zunächst angeordnete Überwachung der Erfüllung des Insolvenzplans auf. Am 29.11.2018 beschloss die Alleingesellschafterin der Antragstellerin die Fortsetzung der Gesellschaft. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom selben Tag meldete der beauftragte Notar die Fortsetzung der Gesellschaft beim Handelsregister an.
Das AG - Registergericht - wies die Anmeldung mit der Begründung zurück, der Insolvenzplan treffe keine abschließende und eindeutige Aussage zum Fortbestand der Gesellschaft. Die Beschwerde der Antragstellerin blieb erfolglos. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hob der BGH die Beschlüsse von AG und OLG auf und wies das AG - Registergericht - an, über die Anmeldung der Antragstellerin vom 29.11.2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Die Gründe:
Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass das Registergericht den Antrag, die Fortsetzung der Antragstellerin in das Handelsregister einzutragen, ablehnen durfte, weil der Insolvenzplan vom 28.2.2018 lediglich eine abstrakte Möglichkeit einer Fortführung vorsehe.
Das Beschwerdegericht hat die inhaltlichen Anforderungen an die Regelung des Fortbestands der Gesellschaft im Insolvenzplan i.S.v. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG überspannt. Im Plan muss entgegen der Ansicht des Beschwerdegericht nicht konkret dargelegt werden, in welcher Art und Weise die Fortsetzung der Gesellschaft erfolgen soll. Ein Insolvenzplan sieht den Fortbestand der Gesellschaft i.S.v. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG bereits dann vor, wenn er die Fortführung der Gesellschaft als eine Möglichkeit darstellt, die nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Ermessen der Gesellschafter steht. Nach dieser Maßgabe sieht der Insolvenzplan vom 28.2.2018 ausgehend von den Feststellungen des Beschwerdegericht einen Fortbestand der Antragstellerin vor.
Das Beschwerdegericht hat verkannt, dass der Insolvenzplan keine konkreten Ausführungen enthalten muss, in welcher Weise die Fortsetzung der Gesellschaft geschehen soll. Es genügt, wenn er, wie der Insolvenzplan der Antragstellerin vom 28.2.2018, die Fortsetzung der Gesellschaft als Möglichkeit darstellt. Bereits einleitend unter Nr. 1. finden sich im Insolvenzplan Ausführungen zu dem weiteren Schicksal der Antragstellerin. Danach soll der Plan die Antragstellerin von ihren Schulden befreien und ihr dadurch grundsätzlich die Möglichkeit zur Ausübung einer werbenden Tätigkeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens verschaffen. Dies wird unter Nr. 2.1.3. des Plans aufgegriffen und als Zielsetzung des Insolvenzplans die langfristige Bindung der Kunden und die nachhaltige Gewinnung neuer Auftraggeber genannt. Auch insoweit wird mithin ein Fortbestand der Antragstellerin als möglich dargestellt. Demgegenüber lassen sich dem Insolvenzplan keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Antragstellerin mit Hilfe des Plans abgewickelt werden soll. Das ist nach den oben dargelegten Maßstäben ausreichend.
Der angefochtene Beschluss war somit aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Registergericht und das Beschwerdegericht haben aus ihrer Sicht folgerichtig von ihrer weiteren Prüfungskompetenz keinen Gebrauch gemacht. Da diese zweckmäßigerweise durch das Registergericht ausgeübt wird, war die Sache an dieses zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren hat der Senat auf Folgendes hingewiesen: Die Fortsetzung der Gesellschaft nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG setzt voraus, dass noch nicht mit der Verteilung des Gesellschaftsvermögens unter die Gesellschafter begonnen worden ist. Das Registergericht kann der Antragstellerin eine entsprechende Versicherung abverlangen.
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Die Antragstellerin ist eine im Handelsregister eingetragene GmbH, die über eine gewerberechtliche Erlaubnis zur Ausübung des Bewachungsgewerbes verfügt. Sie war Komplementärin der S. Dienstleistungs GmbH & Co. KG über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die KG wurde nach Bestätigung eines Insolvenzplans fortgesetzt und der Auflösungsvermerk im Handelsregister gelöscht. Die Antragstellerin stellte Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit. Das Insolvenzgericht beschloss antragsgemäß, das Insolvenzeröffnungsverfahren als vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren nach § 270a Abs. 1 InsO zuzulassen, und bestimmte eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans gem. § 270b Abs. 1 InsO. Am 1.11.2017 wurde das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung über das Vermögen der Antragstellerin eröffnet. Die Auflösung der Antragstellerin wurde von Amts wegen in das Handelsregister eingetragen. Der vom AG bestätigte Insolvenzplan vom 28.2.2018 enthielt u.a. folgende Regelungen:
"1. Zusammenfassung bisheriges Verfahren
Durch diesen Insolvenzplan sollen die Insolvenzgläubiger der Schuldnerin bei (teilweiser) Befriedigung ihrer Insolvenzforderungen bessergestellt werden als im Falle der Durchführung eines Insolvenzhauptverfahrens. Im Rahmen der Insolvenzplanregelungen sollen diese Insolvenzgläubiger insbesondere durch die Zahlung eines Massebeitrags von dritter Seite teilweise befriedigt werden und im Übrigen auf ihre Insolvenzforderungen gegenüber dem Schuldner verzichten. Ferner soll die Schuldnerin von ihren Schulden befreit werden und ihr hierdurch die grundsätzliche Möglichkeit gegeben werden, entsprechend ihres Geschäftszwecks weiterhin werbend tätig zu sein.
2.1.3. Zielsetzung des Insolvenzplans
Der Plan zielt auf einen schnelleren Abschluss des Gesamtverfahrens und eine höhere Befriedigungsquote der Gläubiger ab. Nur dadurch können die Auftraggeber langfristig an die dazugehörige Kommanditgesellschaft gebunden bzw. neue Auftraggeber nachhaltig gewonnen werden."
Mit Beschluss vom 22.5.2018 hob das AG das Insolvenzverfahren und mit Beschluss vom 6.8.2018 die zunächst angeordnete Überwachung der Erfüllung des Insolvenzplans auf. Am 29.11.2018 beschloss die Alleingesellschafterin der Antragstellerin die Fortsetzung der Gesellschaft. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom selben Tag meldete der beauftragte Notar die Fortsetzung der Gesellschaft beim Handelsregister an.
Das AG - Registergericht - wies die Anmeldung mit der Begründung zurück, der Insolvenzplan treffe keine abschließende und eindeutige Aussage zum Fortbestand der Gesellschaft. Die Beschwerde der Antragstellerin blieb erfolglos. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hob der BGH die Beschlüsse von AG und OLG auf und wies das AG - Registergericht - an, über die Anmeldung der Antragstellerin vom 29.11.2018 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Die Gründe:
Das Beschwerdegericht hat zu Unrecht angenommen, dass das Registergericht den Antrag, die Fortsetzung der Antragstellerin in das Handelsregister einzutragen, ablehnen durfte, weil der Insolvenzplan vom 28.2.2018 lediglich eine abstrakte Möglichkeit einer Fortführung vorsehe.
Das Beschwerdegericht hat die inhaltlichen Anforderungen an die Regelung des Fortbestands der Gesellschaft im Insolvenzplan i.S.v. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG überspannt. Im Plan muss entgegen der Ansicht des Beschwerdegericht nicht konkret dargelegt werden, in welcher Art und Weise die Fortsetzung der Gesellschaft erfolgen soll. Ein Insolvenzplan sieht den Fortbestand der Gesellschaft i.S.v. § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG bereits dann vor, wenn er die Fortführung der Gesellschaft als eine Möglichkeit darstellt, die nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens im Ermessen der Gesellschafter steht. Nach dieser Maßgabe sieht der Insolvenzplan vom 28.2.2018 ausgehend von den Feststellungen des Beschwerdegericht einen Fortbestand der Antragstellerin vor.
Das Beschwerdegericht hat verkannt, dass der Insolvenzplan keine konkreten Ausführungen enthalten muss, in welcher Weise die Fortsetzung der Gesellschaft geschehen soll. Es genügt, wenn er, wie der Insolvenzplan der Antragstellerin vom 28.2.2018, die Fortsetzung der Gesellschaft als Möglichkeit darstellt. Bereits einleitend unter Nr. 1. finden sich im Insolvenzplan Ausführungen zu dem weiteren Schicksal der Antragstellerin. Danach soll der Plan die Antragstellerin von ihren Schulden befreien und ihr dadurch grundsätzlich die Möglichkeit zur Ausübung einer werbenden Tätigkeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens verschaffen. Dies wird unter Nr. 2.1.3. des Plans aufgegriffen und als Zielsetzung des Insolvenzplans die langfristige Bindung der Kunden und die nachhaltige Gewinnung neuer Auftraggeber genannt. Auch insoweit wird mithin ein Fortbestand der Antragstellerin als möglich dargestellt. Demgegenüber lassen sich dem Insolvenzplan keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Antragstellerin mit Hilfe des Plans abgewickelt werden soll. Das ist nach den oben dargelegten Maßstäben ausreichend.
Der angefochtene Beschluss war somit aufzuheben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Registergericht und das Beschwerdegericht haben aus ihrer Sicht folgerichtig von ihrer weiteren Prüfungskompetenz keinen Gebrauch gemacht. Da diese zweckmäßigerweise durch das Registergericht ausgeübt wird, war die Sache an dieses zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren hat der Senat auf Folgendes hingewiesen: Die Fortsetzung der Gesellschaft nach § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG setzt voraus, dass noch nicht mit der Verteilung des Gesellschaftsvermögens unter die Gesellschafter begonnen worden ist. Das Registergericht kann der Antragstellerin eine entsprechende Versicherung abverlangen.