Elektronische Einreichung der Anmeldung einer Eintragung in das Handelsregister nur mit einfachem elektronischen Zeugnis eines Notars
BGH v. 15.6.2021 - II ZB 25/17
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte ist eine am 30.10.2013 in das Handelsregister des Companies House für England und Wales in Cardiff eingetragene private company limited by shares (im Folgenden: Limited) mit satzungsmäßigem Sitz im Vereinigten Königreich. Sie hat im März 2014 beim AG - Registergericht - die Eintragung einer Zweigniederlassung in das Handelsregister angemeldet. Die Übersendung der Anmeldung erfolgte auf elektronischem Weg mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des directors und alleinigen Gesellschafters der Beteiligten.
Das AG teilte der Beteiligten mit Zwischenverfügung vom 11.6.2014 mit, der Anmeldung könne nicht entsprochen werden, weil sie nicht mit dem nach § 39a BeurkG i.V.m. § 12 Abs. 2 HGB erforderlichen elektronischen Zeugnis versehen sei, der Gesellschaftsvertrag der Beteiligten in öffentlich beglaubigter Form nebst Übersetzung nicht beigefügt sei, die Höhe des Stammkapitals der Beteiligten nicht angegeben werde und es an der Versicherung des directors der Beteiligten über seine Belehrung betreffend seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht betreffend etwaige Bestellungshindernisse gem. § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG fehle. Das OLG wies die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung mit der Maßgabe zurück, dass das AG hinsichtlich des Gesellschaftsvertrages nicht die Vorlage der unverändert von der Beteiligten als Satzung (constitution) übernommenen model articles nach den Companies (Model Articles) Regulations 2008 verlangen könne. Dagegen wendet sich die Beteiligte mit der Rechtsbeschwerde.
Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung über die Vereinbarkeit der Verpflichtungen zur Angabe des Stammkapitals nach § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG und zur Versicherung über die Belehrung zur Auskunftspflicht über etwaige Bestellungshindernisse nach § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 HGB mit Art. 30 der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Gesellschaftsrechtsrichtlinie) und mit Art. 49, 54 AEUV vorgelegt. Nach dem Austritt des Vereinigten Königsreichs aus der EU und des Ablaufs der im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangsfrist hat er die Aussetzung wieder aufgehoben.
Nunmehr wies der BGH die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zurück.
Die Gründe:
Die Einwände der Beteiligten gegen die Beanstandungen des AG greifen in der Sache nicht durch.
Das OLG hat zu Recht angenommen, dass die Eintragungsanmeldung der Beteiligten nach § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis gem. § 39a BeurkG einzureichen ist und die Übersendung mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres directors nicht ausreicht. Für das inländische Registerverfahren und damit auch für die Eintragung einer Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft in das Handelsregister gilt deutsches Registerverfahrensrecht. Danach sind Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Die Anmeldungserklärung der Beteiligten vom 12.3.2014 ist zwar gem. § 129 Abs. 1 BGB öffentlich beglaubigt. Sie ist schriftlich abgefasst, von ihrem director und alleinigen Gesellschafter eigenhändig unterzeichnet und dessen Unterschrift durch einen Ortsgerichtsvorsteher öffentlich beglaubigt. Die Anmeldungserklärung wurde aber nicht in der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebenen elektronischen Form beim Registergericht eingereicht, weil sie nicht gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis gem. § 39a BeurkG versehen war.
Die Auffassung der Beteiligten, die Übersendung der Anmeldungserklärung mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres directors gem. § 126a Abs. 1 BGB sei ausreichend, weil § 126a Abs. 1 BGB die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebene elektronische Form abschließend regele und die Formvorschrift des § 12 Abs. 2 HGB nur für etwaige Anlagen zur Anmeldung gelte, trifft nicht zu. § 126a Abs. 1 BGB betrifft nur den Fall, dass eine eigentlich in schriftlicher Form (§ 126 BGB) abzufassende Erklärung stattdessen in elektronischer Form abgegeben werden soll. Er regelt mithin die bei der Erstellung der elektronischen Erklärung einzuhaltende Form, nicht aber die weitere Frage, welche Form bei der anschließenden elektronischen Übermittlung dieser Erklärung zu wahren ist.
Diese Frage wird für die elektronische Übermittlung von Eintragungsanmeldungen an das Registergericht von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB beantwortet. Danach ist für die elektronische Einreichung eines notariell beurkundeten Dokuments oder einer öffentlich beglaubigten Abschrift mithin auch für die öffentlich beglaubigte Anmeldungserklärung der Beteiligten beim Registergericht ein einfaches elektronisches Zeugnis gem. § 39a BeurkG erforderlich. Anders als die Beteiligte meint, ist § 12 Abs. 2 HGB nicht nur auf Dokumente anwendbar, die als Anlagen zur Anmeldung einzureichen sind, sondern auch auf die Anmeldung selbst. Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 HGB gibt für eine Unterscheidung zwischen der Anmeldung und deren Anlagen keinen Anhalt. Vielmehr gilt die Vorschrift generell für "Dokumente", worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch auch die schriftlich verfasste Anmeldungserklärung zu fassen ist. Dass § 12 Abs. 1 HGB bereits Regelungen zur Anmeldungserklärung und deren Einreichung enthält, lässt nicht den Schluss zu, dass diese Regelungen abschließend und die weiteren Formvorschriften des § 12 Abs. 2 HGB auf die Anmeldungserklärung nicht anwendbar sein sollten.
Vielmehr erfordert die Funktion des Handelsregisters, insbesondere die mit einer dortigen Eintragung verbundene Publizitätswirkung, eine besondere Richtigkeitsgewähr bei der elektronischen Übermittlung der Anmeldung, die allein durch § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht sichergestellt wäre. Die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebene öffentliche Beglaubigung der Anmeldung dient lediglich dem Nachweis, dass diese Erklärung von einer bestimmten Person abgegeben wurde. Sie besagt aber noch nichts darüber, ob diese (öffentlich beglaubigte) Anmeldungserklärung in Papierform auch inhaltlich mit dem Dokument übereinstimmt, das anschließend elektronisch bei Gericht eingereicht wird. Dieser "Medienwechsel" von der Anmeldung in Papierform zur Anmeldung in elektronischer Form erfordert eine zusätzliche Bestätigung der inhaltlichen Übereinstimmung des Papierdokuments mit dem elektronisch übermittelten Dokument. Hierfür bedarf es in Anbetracht der Publizitäts-, Verkehrsschutz- und Informationsfunktion des Handelsregisters einer besonderen Richtigkeitsgewähr, für die die Bestätigung durch einen unabhängigen Träger eines öffentlichen Amtes gem. § 39a BeurkG geboten ist.
BGH online
Die Beteiligte ist eine am 30.10.2013 in das Handelsregister des Companies House für England und Wales in Cardiff eingetragene private company limited by shares (im Folgenden: Limited) mit satzungsmäßigem Sitz im Vereinigten Königreich. Sie hat im März 2014 beim AG - Registergericht - die Eintragung einer Zweigniederlassung in das Handelsregister angemeldet. Die Übersendung der Anmeldung erfolgte auf elektronischem Weg mit einer qualifizierten elektronischen Signatur des directors und alleinigen Gesellschafters der Beteiligten.
Das AG teilte der Beteiligten mit Zwischenverfügung vom 11.6.2014 mit, der Anmeldung könne nicht entsprochen werden, weil sie nicht mit dem nach § 39a BeurkG i.V.m. § 12 Abs. 2 HGB erforderlichen elektronischen Zeugnis versehen sei, der Gesellschaftsvertrag der Beteiligten in öffentlich beglaubigter Form nebst Übersetzung nicht beigefügt sei, die Höhe des Stammkapitals der Beteiligten nicht angegeben werde und es an der Versicherung des directors der Beteiligten über seine Belehrung betreffend seine unbeschränkte Auskunftspflicht gegenüber dem Gericht betreffend etwaige Bestellungshindernisse gem. § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 GmbHG fehle. Das OLG wies die Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung mit der Maßgabe zurück, dass das AG hinsichtlich des Gesellschaftsvertrages nicht die Vorlage der unverändert von der Beteiligten als Satzung (constitution) übernommenen model articles nach den Companies (Model Articles) Regulations 2008 verlangen könne. Dagegen wendet sich die Beteiligte mit der Rechtsbeschwerde.
Der BGH hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung über die Vereinbarkeit der Verpflichtungen zur Angabe des Stammkapitals nach § 13g Abs. 3 HGB i.V.m. § 10 Abs. 1 GmbHG und zur Versicherung über die Belehrung zur Auskunftspflicht über etwaige Bestellungshindernisse nach § 13g Abs. 2 Satz 2 HGB i.V.m. § 8 Abs. 3 HGB mit Art. 30 der Richtlinie (EU) 2017/1132 (Gesellschaftsrechtsrichtlinie) und mit Art. 49, 54 AEUV vorgelegt. Nach dem Austritt des Vereinigten Königsreichs aus der EU und des Ablaufs der im Austrittsabkommen vereinbarten Übergangsfrist hat er die Aussetzung wieder aufgehoben.
Nunmehr wies der BGH die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zurück.
Die Gründe:
Die Einwände der Beteiligten gegen die Beanstandungen des AG greifen in der Sache nicht durch.
Das OLG hat zu Recht angenommen, dass die Eintragungsanmeldung der Beteiligten nach § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis gem. § 39a BeurkG einzureichen ist und die Übersendung mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres directors nicht ausreicht. Für das inländische Registerverfahren und damit auch für die Eintragung einer Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft in das Handelsregister gilt deutsches Registerverfahrensrecht. Danach sind Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einzureichen. Die Anmeldungserklärung der Beteiligten vom 12.3.2014 ist zwar gem. § 129 Abs. 1 BGB öffentlich beglaubigt. Sie ist schriftlich abgefasst, von ihrem director und alleinigen Gesellschafter eigenhändig unterzeichnet und dessen Unterschrift durch einen Ortsgerichtsvorsteher öffentlich beglaubigt. Die Anmeldungserklärung wurde aber nicht in der nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebenen elektronischen Form beim Registergericht eingereicht, weil sie nicht gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis gem. § 39a BeurkG versehen war.
Die Auffassung der Beteiligten, die Übersendung der Anmeldungserklärung mit der qualifizierten elektronischen Signatur ihres directors gem. § 126a Abs. 1 BGB sei ausreichend, weil § 126a Abs. 1 BGB die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebene elektronische Form abschließend regele und die Formvorschrift des § 12 Abs. 2 HGB nur für etwaige Anlagen zur Anmeldung gelte, trifft nicht zu. § 126a Abs. 1 BGB betrifft nur den Fall, dass eine eigentlich in schriftlicher Form (§ 126 BGB) abzufassende Erklärung stattdessen in elektronischer Form abgegeben werden soll. Er regelt mithin die bei der Erstellung der elektronischen Erklärung einzuhaltende Form, nicht aber die weitere Frage, welche Form bei der anschließenden elektronischen Übermittlung dieser Erklärung zu wahren ist.
Diese Frage wird für die elektronische Übermittlung von Eintragungsanmeldungen an das Registergericht von § 12 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 HGB beantwortet. Danach ist für die elektronische Einreichung eines notariell beurkundeten Dokuments oder einer öffentlich beglaubigten Abschrift mithin auch für die öffentlich beglaubigte Anmeldungserklärung der Beteiligten beim Registergericht ein einfaches elektronisches Zeugnis gem. § 39a BeurkG erforderlich. Anders als die Beteiligte meint, ist § 12 Abs. 2 HGB nicht nur auf Dokumente anwendbar, die als Anlagen zur Anmeldung einzureichen sind, sondern auch auf die Anmeldung selbst. Der Wortlaut des § 12 Abs. 2 HGB gibt für eine Unterscheidung zwischen der Anmeldung und deren Anlagen keinen Anhalt. Vielmehr gilt die Vorschrift generell für "Dokumente", worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch auch die schriftlich verfasste Anmeldungserklärung zu fassen ist. Dass § 12 Abs. 1 HGB bereits Regelungen zur Anmeldungserklärung und deren Einreichung enthält, lässt nicht den Schluss zu, dass diese Regelungen abschließend und die weiteren Formvorschriften des § 12 Abs. 2 HGB auf die Anmeldungserklärung nicht anwendbar sein sollten.
Vielmehr erfordert die Funktion des Handelsregisters, insbesondere die mit einer dortigen Eintragung verbundene Publizitätswirkung, eine besondere Richtigkeitsgewähr bei der elektronischen Übermittlung der Anmeldung, die allein durch § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht sichergestellt wäre. Die nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HGB vorgeschriebene öffentliche Beglaubigung der Anmeldung dient lediglich dem Nachweis, dass diese Erklärung von einer bestimmten Person abgegeben wurde. Sie besagt aber noch nichts darüber, ob diese (öffentlich beglaubigte) Anmeldungserklärung in Papierform auch inhaltlich mit dem Dokument übereinstimmt, das anschließend elektronisch bei Gericht eingereicht wird. Dieser "Medienwechsel" von der Anmeldung in Papierform zur Anmeldung in elektronischer Form erfordert eine zusätzliche Bestätigung der inhaltlichen Übereinstimmung des Papierdokuments mit dem elektronisch übermittelten Dokument. Hierfür bedarf es in Anbetracht der Publizitäts-, Verkehrsschutz- und Informationsfunktion des Handelsregisters einer besonderen Richtigkeitsgewähr, für die die Bestätigung durch einen unabhängigen Träger eines öffentlichen Amtes gem. § 39a BeurkG geboten ist.