25.03.2025

Erfolglose Klage gegen Hauptversammlungsbeschlüsse von Heckler & Koch

Eine Anfechtungs- und Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen mehrere auf der virtuellen Hauptversammlung der Heckler & Koch AG vom 27.8.2020 gefasste Hauptversammlungsbeschlüsse ist unbegründet.

BGH v. 25.3.2025 - II ZR 208/22
Der Sachverhalt:
Die beklagte Heckler & Koch AG ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft i.S.d. § 3 Abs. 2 AktG und im Freiverkehr (Euronext Börse in Paris) notiert mit 27.640.920 auf den Inhaber lautenden Stückaktien. Sie ist die Muttergesellschaft der Heckler & Koch GmbH mit Sitz in Oberndorf am Neckar, die u.a. Infanterie- und Handfeuerwaffen herstellt. Die Klägerin, der Nebenintervenient und eine Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg (nachfolgend: C-S.A.) sind Aktionäre der Beklagten.

Hintergrund der Beschlussmängelstreitigkeiten sind ungeklärte Mehrheitsverhältnisse bei der Beklagten. Das Eigentum an 12.860.677 Aktien ist zwischen dem Nebenintervenienten und der C-S.A. streitig. Der Nebenintervenient nimmt für sich in Anspruch, noch Eigentümer dieser Aktien und damit Mehrheitsaktionär der Gesellschaft zu sein. Die C-S.A. hat hingegen nach § 20 AktG vor der Hauptversammlung 2020 mitgeteilt, dass sie das Eigentum an diesen Aktien und damit zusammen mit weiteren Aktien die Mehrheitsbeteiligung erworben habe und mit den von ihr abgegebenen Stimmrechtsmitteilungen korrespondierende Verwahrbestätigungen vorgelegt.

Die C-S.A. war von der Beklagten in der Hauptversammlung vom 27.8.2020 zur Stimmrechtsausübung auch für diese 12.860.677 Aktien zugelassen worden. Mit ihrer Anfechtungs- und Nichtigkeitsfeststellungsklage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass mehrere Hauptversammlungsbeschlüsse auf der virtuellen Hauptversammlung der Beklagten vom 27.8.2020 nichtig sind. Der Nebenintervenient ist der Klage beigetreten.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Hauptversammlungsbeschlüsse seien nicht wegen mangelnder Beschlussfähigkeit der Hauptversammlung oder fehlender Stimmmehrheit im Hinblick auf die Stimmabgabe der C-S.A. aus 12.860.677 Aktien anfechtbar. Die Beklagte könne sich als nicht börsennotierte Aktiengesellschaft i.S.d. § 3 Abs. 2 AktG für das Stimmrecht der C-S.A. aus 12.860.677 Aktien auf die Vermutung des § 123 Abs. 4 Satz 5 AktG berufen. Der für diese Aktien von der C-S.A. vorgelegte anwaltliche Verwahrnachweis genüge der Vorschrift und entspreche im Übrigen auch den Anforderungen der Satzung der Beklagten. Der Legitimationswirkung gem. § 123 Abs. 4 Satz 5 AktG könne nicht entgegengehalten werden, dass konkrete Anhaltspunkte für die inhaltliche Unrichtigkeit des von der C-S.A. vorgelegten Nachweises bestanden hätten.

Die Revision der Klägerin und des Nebenintervenienten hatten vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Hauptversammlungsbeschlüsse sind nicht wegen mangelnder Beschlussfähigkeit der Hauptversammlung oder fehlender Stimmmehrheit im Hinblick auf die Stimmabgabe der C-S.A. anfechtbar. Entgegen der Ansicht des OLG ist die unwiderlegliche Vermutung des § 123 Abs. 4 Satz 5 AktG nicht auf die für die C-S.A. angemeldeten 12.860.677 Aktien anwendbar. Die unwiderlegliche Vermutung des § 123 Abs. 4 Satz 5 AktG gilt nur für die in § 123 Abs. 4 AktG genannten Nachweise und ist nicht auf davon abweichende Satzungsbestimmungen über die Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung oder zur Ausübung des Stimmrechts anwendbar.

Das Berufungsurteil stellt sich jedoch aus anderen Gründen als richtig dar. Die vorgelegte anwaltliche (Verwahr-)Bestätigung entspricht den in der Satzung der Beklagten aufgestellten Anforderungen an den Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung und zur Ausübung des Stimmrechts. Soweit die Satzung der Beklagten in Ziffer 14.1 Satz 2 Variante 4 einen sonstigen von der Gesellschaft als ausreichend angesehenen Nachweis genügen lässt, ist dies nicht unbestimmt und verletzt nicht das Teilnahmerecht des sich nicht im Anteilsbesitz befindlichen wahren Eigentümers.

Aufgrund der vielfältigen Verwahrungsmöglichkeiten von Inhaberaktien bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften ist es zulässig, neben von der Satzung vorgesehenen Regelbeispielen für den Nachweis eine Öffnungsklausel vorzusehen, die diesem Umstand Rechnung trägt. Die "sonstigen Nachweise" müssen dabei von ihrer Richtigkeitsgewähr mit den zuvor in den Varianten 1 bis 3 genannten Regelbeispielen vergleichbar sein. Die Feststellung des OLG, dass für die Beklagte keine konkreten Anhaltspunkte für die inhaltliche Unrichtigkeit des von der C-S.A. vorgelegten Nachweises bestanden, ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

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Kommentierung | AktG
§ 123 Frist, Anmeldung zur Hauptversammlung, Nachweis
Ziemons in K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 5. Aufl.
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