Gegenvorstellung gegen die Streitwertfestsetzung in einem Freigabeverfahren
KG Berlin v. 5.9.2024 - 2 AktG 1/24
Der Sachverhalt:
Der Senat hat per Beschluss festgestellt, dass die beim LG Berlin II erhobene Anfechtungsklage der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 11.3.2024 über die Übertragung der Geschäftsanteile ihrer übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre), auf die K. GmbH, Sitz in Berlin, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg zu HRB B, geschäftsansässig, B. D., 1... Berlin der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister des Sitzes der Antragstellerin nicht entgegen steht.
Die Antragstellerin hatte im vorausgehenden Verfahren u.a. unter Bezugnahme auf die Abrechnungen in Anlagenkonvolut AS 8 vorgetragen, dass die Kosten der Hauptversammlung am 11.3.2024 sich auf rd. 57.000 € netto belaufen hätten. Darin seien anteilige Raumkosten allerdings nicht enthalten. Die Antragstellerin hatte ferner schon in ihrer Antragsschrift geltend gemacht, das Vollziehungsinteresse der Antragstellerin und ihrer Hauptaktionärin sei jedenfalls nicht nur nach den Kosten für eine Hauptversammlung und für ein Jahr, sondern auf ein Vielfaches der jährlichen Mindestersparnisse zu bemessen.
Der Senat hat den Verfahrenswert im Beschluss vom 24.6.2024 gem. § 319 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 247 Abs. 1 AktG auf 200.000 € festgesetzt. Mit am 22.7.2024 beim KG eingegangenem Schriftsatz erhob die Antragsgegnerin Gegenvorstellung und verlangte die Herabsetzung des Verfahrenswertes.
Das KG wies die Gegenvorstellung der Antragsgegnerin gegen die Streitwertfestsetzung zurück.
Die Gründe:
Der Senat hält auch nach Überprüfung in Ansehung der Argumente der Gegenvorstellung an seiner Wertfestsetzung fest.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. §§ 319 Abs. 6 Satz 2, 247 Abs. 1 AktG. Danach bestimmt der Senat als Prozessgericht den Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen. Dabei darf der Streitwert jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder, wenn dieses Zehntel mehr als 500.000 € beträgt, 500.000 € nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für den Kläger höher zu bewerten ist.
§ 247 Satz 1 AktG geht systematisch davon aus, dass es nicht gerechtfertigt ist, den Streitwert nur nach dem wirtschaftlichen Interesse des Gesellschafters an der Beseitigung eines beanstandeten Beschlusses zu bemessen, weil man im Hinblick auf die erweiterte Rechtskraftwirkung des § 248 AktG auch die Bedeutung der Sache für die Gesellschaft und die anderen Aktionäre berücksichtigen muss. Das gem. § 247 Abs. 1 S. 1 AktG ebenfalls zu berücksichtigende Interesse der Antragstellerin liegt darin, sowohl diejenigen Nachteile zu vermeiden, die infolge eines Aufschubs der Eintragung drohen, als auch solche, die mit einem Erfolg der Nichtigkeits- und Anfechtungsklage und der daraus folgenden Nichteintragung einhergingen - sog. Nichteintragungsnachteile. Denn ein Überwiegen solcher Nachteile ist gerade ein gesetzlich vorgesehener Grund für die Freigabe.
Das Interesse der an einem Freigabeverfahren beteiligten Antragsgegner ist es, bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklage weiterhin als Gesellschafter zu gelten und behandelt zu werden und weitere die Eintragung der Übertragung voraussetzende Umstrukturierungen einstweilen zu verhindern. Im Hinblick auf die ohnehin beschränkten Einflussmöglichkeiten der Minderheitsaktionäre, hat dieses Interesse bei Festsetzung des Streitwerts i.d.R. keine ausschlaggebende Bedeutung.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung (die vorliegende Entscheidung)
Zur Streitwertfestsetzung in Freigabeverfahren
KG vom 05.09.2024 - 2 AKTG 1/24
ZIP 2024, 2210
ZIP0071063
Kommentierung | AktG
§ 247 Streitwert
Schwab in K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 5. Aufl.
05/2024
Kommentierung | AktG
§ 319 Eingliederung
Ziemons in K. Schmidt/Lutter, Aktiengesetz, 5. Aufl.
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Der Senat hat per Beschluss festgestellt, dass die beim LG Berlin II erhobene Anfechtungsklage der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der außerordentlichen Hauptversammlung der Antragstellerin vom 11.3.2024 über die Übertragung der Geschäftsanteile ihrer übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre), auf die K. GmbH, Sitz in Berlin, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg zu HRB B, geschäftsansässig, B. D., 1... Berlin der Eintragung des Übertragungsbeschlusses in das Handelsregister des Sitzes der Antragstellerin nicht entgegen steht.
Die Antragstellerin hatte im vorausgehenden Verfahren u.a. unter Bezugnahme auf die Abrechnungen in Anlagenkonvolut AS 8 vorgetragen, dass die Kosten der Hauptversammlung am 11.3.2024 sich auf rd. 57.000 € netto belaufen hätten. Darin seien anteilige Raumkosten allerdings nicht enthalten. Die Antragstellerin hatte ferner schon in ihrer Antragsschrift geltend gemacht, das Vollziehungsinteresse der Antragstellerin und ihrer Hauptaktionärin sei jedenfalls nicht nur nach den Kosten für eine Hauptversammlung und für ein Jahr, sondern auf ein Vielfaches der jährlichen Mindestersparnisse zu bemessen.
Der Senat hat den Verfahrenswert im Beschluss vom 24.6.2024 gem. § 319 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. § 247 Abs. 1 AktG auf 200.000 € festgesetzt. Mit am 22.7.2024 beim KG eingegangenem Schriftsatz erhob die Antragsgegnerin Gegenvorstellung und verlangte die Herabsetzung des Verfahrenswertes.
Das KG wies die Gegenvorstellung der Antragsgegnerin gegen die Streitwertfestsetzung zurück.
Die Gründe:
Der Senat hält auch nach Überprüfung in Ansehung der Argumente der Gegenvorstellung an seiner Wertfestsetzung fest.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. §§ 319 Abs. 6 Satz 2, 247 Abs. 1 AktG. Danach bestimmt der Senat als Prozessgericht den Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des einzelnen Falles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen. Dabei darf der Streitwert jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder, wenn dieses Zehntel mehr als 500.000 € beträgt, 500.000 € nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für den Kläger höher zu bewerten ist.
§ 247 Satz 1 AktG geht systematisch davon aus, dass es nicht gerechtfertigt ist, den Streitwert nur nach dem wirtschaftlichen Interesse des Gesellschafters an der Beseitigung eines beanstandeten Beschlusses zu bemessen, weil man im Hinblick auf die erweiterte Rechtskraftwirkung des § 248 AktG auch die Bedeutung der Sache für die Gesellschaft und die anderen Aktionäre berücksichtigen muss. Das gem. § 247 Abs. 1 S. 1 AktG ebenfalls zu berücksichtigende Interesse der Antragstellerin liegt darin, sowohl diejenigen Nachteile zu vermeiden, die infolge eines Aufschubs der Eintragung drohen, als auch solche, die mit einem Erfolg der Nichtigkeits- und Anfechtungsklage und der daraus folgenden Nichteintragung einhergingen - sog. Nichteintragungsnachteile. Denn ein Überwiegen solcher Nachteile ist gerade ein gesetzlich vorgesehener Grund für die Freigabe.
Das Interesse der an einem Freigabeverfahren beteiligten Antragsgegner ist es, bis zur Entscheidung über die Anfechtungsklage weiterhin als Gesellschafter zu gelten und behandelt zu werden und weitere die Eintragung der Übertragung voraussetzende Umstrukturierungen einstweilen zu verhindern. Im Hinblick auf die ohnehin beschränkten Einflussmöglichkeiten der Minderheitsaktionäre, hat dieses Interesse bei Festsetzung des Streitwerts i.d.R. keine ausschlaggebende Bedeutung.
Rechtsprechung (die vorliegende Entscheidung)
Zur Streitwertfestsetzung in Freigabeverfahren
KG vom 05.09.2024 - 2 AKTG 1/24
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