Kein Schadensersatz für einzelne Aktionäre wegen Wertverlust durch ein die Gesellschaft schädigendes Ereignis
LG München I v. 21.10.2021 - 5 HK O 1687/19
Der Sachverhalt:
Mit seiner Klage wollte der Kläger die Feststellung erreichen, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, die diesem aus vom Beklagten veranlassten Meldungen über den Inhalt eines Aktienkaufvertrages trotz Vertraulichkeits- und Verschwiegenheitsverpflichtung sowie aus mehreren Äußerungen des Beklagten in Zeitschriften sowie in einer TV-Sendung entstanden seien. Diese, so argumentierte der Kläger, hätten den Wert der vom Kläger gehaltenen Aktien an der Aktiengesellschaft gemindert. Ferner begehrte der Kläger die Unterlassung vom Beklagten, gegenüber Organmitgliedern der Aktiengesellschaft und gegenüber Dritten zu behaupten, der Kläger schulde ihm Geld und könne nicht zahlen.
Das LG wies die Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Einzelne Aktionäre können wegen einer Wertminderung ihrer Aktien durch ein die Gesellschaft schädigendes Ereignis nicht die Zahlung von Schadensersatz an sich selbst verlangen.
Dies verstößt u.a. gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre. Ein Ausgleich des mittelbaren Schadens kann nur dadurch erfolgen, dass der Aktionär die Leistung an die Gesellschaft verlangt. Dem Aktionär selbst entsteht kein Schaden im Rechtssinne. Der Grundsatz der Kapitalerhaltung, die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens sowie das Gebot der Gleichbehandlung aller Aktionäre schließt einen Anspruch des Gesellschafters auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich in diesem Fall aus.
Der vom Kläger geltend gemachte Schaden in Form der Wertminderung seiner Beteiligung an der Aktiengesellschaft stellt sich als ein sich typischerweise mittelbar beim Gesellschafter realisierender Reflexschaden dar. Dafür, dass allein die Aktiengesellschaft geschädigt ist, spricht ebenfalls die Wertung aus weiteren Vorschriften des AktG. Diese macht deutlich, dass dem AktG die Anerkennung eines auf der Schädigung der Gesellschaft gründenden eigenen Anspruchs des einzelnen Mitgliedes fremd ist.
Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs ist festzustellen, dass dem Kläger kein Anspruch auf Unterlassung zusteht: Ein vertraglicher Anspruch ist nicht gegeben; auch kann der Kläger im Übrigen keine Unterlassung verlangen. In der Äußerung, der Kläger "schulde dem Beklagten Geld", liegt zum einen keine Verletzung einer Verschwiegenheitspflicht aus dem Kaufvertrag über Aktien, weil diese Äußerung der Aktiengesellschaft, eine vom Beklagten zu unterscheidende Person, als solche nicht abträglich und daher von der vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitspflicht nicht umfasst ist. Zudem ist die angegriffene Äußerung eine von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsäußerung. Diese hat hier Vorrang vor dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers. Dies gilt jedenfalls solange, wie ein weiterer, hier nicht zu entscheidender Rechtsstreit zwischen dem Beklagten und dem Kläger über Zahlungsansprüche des hiesigen Beklagten noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.
Zudem ist die Äußerung, "der Kläger könne nicht zahlen", weder in Interviews noch in einer TV-Sendung durch den Beklagten getätigt worden. Sollte diese Äußerung im privaten Freundeskreis gefallen sein, ist dies zulässig, selbst wenn eine solche Äußerung in der Öffentlichkeit unzulässig wäre. Dies gilt auch für eine entsprechende Bemerkung gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied der Aktiengesellschaft, weil dieses nach dem Aktienrecht zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.
LG München I PM Nr. 28 vom 21.10.2021
Mit seiner Klage wollte der Kläger die Feststellung erreichen, dass der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger sämtliche Schäden zu ersetzen, die diesem aus vom Beklagten veranlassten Meldungen über den Inhalt eines Aktienkaufvertrages trotz Vertraulichkeits- und Verschwiegenheitsverpflichtung sowie aus mehreren Äußerungen des Beklagten in Zeitschriften sowie in einer TV-Sendung entstanden seien. Diese, so argumentierte der Kläger, hätten den Wert der vom Kläger gehaltenen Aktien an der Aktiengesellschaft gemindert. Ferner begehrte der Kläger die Unterlassung vom Beklagten, gegenüber Organmitgliedern der Aktiengesellschaft und gegenüber Dritten zu behaupten, der Kläger schulde ihm Geld und könne nicht zahlen.
Das LG wies die Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Die Gründe:
Einzelne Aktionäre können wegen einer Wertminderung ihrer Aktien durch ein die Gesellschaft schädigendes Ereignis nicht die Zahlung von Schadensersatz an sich selbst verlangen.
Dies verstößt u.a. gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Aktionäre. Ein Ausgleich des mittelbaren Schadens kann nur dadurch erfolgen, dass der Aktionär die Leistung an die Gesellschaft verlangt. Dem Aktionär selbst entsteht kein Schaden im Rechtssinne. Der Grundsatz der Kapitalerhaltung, die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens sowie das Gebot der Gleichbehandlung aller Aktionäre schließt einen Anspruch des Gesellschafters auf Leistung von Schadensersatz an sich persönlich in diesem Fall aus.
Der vom Kläger geltend gemachte Schaden in Form der Wertminderung seiner Beteiligung an der Aktiengesellschaft stellt sich als ein sich typischerweise mittelbar beim Gesellschafter realisierender Reflexschaden dar. Dafür, dass allein die Aktiengesellschaft geschädigt ist, spricht ebenfalls die Wertung aus weiteren Vorschriften des AktG. Diese macht deutlich, dass dem AktG die Anerkennung eines auf der Schädigung der Gesellschaft gründenden eigenen Anspruchs des einzelnen Mitgliedes fremd ist.
Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs ist festzustellen, dass dem Kläger kein Anspruch auf Unterlassung zusteht: Ein vertraglicher Anspruch ist nicht gegeben; auch kann der Kläger im Übrigen keine Unterlassung verlangen. In der Äußerung, der Kläger "schulde dem Beklagten Geld", liegt zum einen keine Verletzung einer Verschwiegenheitspflicht aus dem Kaufvertrag über Aktien, weil diese Äußerung der Aktiengesellschaft, eine vom Beklagten zu unterscheidende Person, als solche nicht abträglich und daher von der vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitspflicht nicht umfasst ist. Zudem ist die angegriffene Äußerung eine von Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsäußerung. Diese hat hier Vorrang vor dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers. Dies gilt jedenfalls solange, wie ein weiterer, hier nicht zu entscheidender Rechtsstreit zwischen dem Beklagten und dem Kläger über Zahlungsansprüche des hiesigen Beklagten noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist.
Zudem ist die Äußerung, "der Kläger könne nicht zahlen", weder in Interviews noch in einer TV-Sendung durch den Beklagten getätigt worden. Sollte diese Äußerung im privaten Freundeskreis gefallen sein, ist dies zulässig, selbst wenn eine solche Äußerung in der Öffentlichkeit unzulässig wäre. Dies gilt auch für eine entsprechende Bemerkung gegenüber einem Aufsichtsratsmitglied der Aktiengesellschaft, weil dieses nach dem Aktienrecht zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.