Löschung der Eintragung der Abberufung eines Geschäftsführers in das Handelsregister
KG Berlin v. 10.9.2020 - 22 W 66/19
Der Sachverhalt:
Die Beteiligte zu 1), eine GmbH, ist seit 2011 in das Handelsregister des AG Charlottenburg eingetragen. Der Beteiligte zu 2) war seit diesem Zeitpunkt als Geschäftsführer eingetragen. Am 4.6.2015 ist die Beendigung seiner Geschäftsführerstellung und die Bestellung eines Herrn A.H. als Geschäftsführer eingetragen worden. Ein zwischenzeitlich eröffnetes Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 1) ist wegen Wegfall des Eröffnungsgrundes mit Beschluss vom 2.7.2018 eingestellt worden.
Anregungen, die Eintragungen vom 4.6.2015 als unzulässig nach § 395 FamFG zu löschen, wies das AG mit Beschluss vom 16.9.2019 zurück. Der von dem Beteiligten zu 2) rechtskräftig abgeschlossene Zivilprozess, aus dem sich ergibt, dass die der Eintragung vom 4.6.2015 zugrunde liegenden Gesellschafterbeschlüsse und die Einziehung seiner Geschäftsanteile nichtig seien, sei nicht maßgebend, weil die bekundend wirkende Eintragung des Endes einer Geschäftsführerstellung für eine Löschung nach § 395 FamFG zum Zeitpunkt der Löschungsentscheidung unzulässig sein müsse. Das sei hier aber nicht der Fall, weil der Beteiligte auch mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 2.2.2018 hilfsweise abberufen worden sei. Die Ausübung der Gesellschafterrechte sei in dieser Gesellschafterversammlung durch die in der zuletzt zum Register eingereichten Gesellschafterliste ausgewiesenen Gesellschafter erfolgt, was unabhängig von der materiellen Rechtslage für die Wirksamkeit der Beschlussfassung maßgeblich sei. Auch die Austragung des Herrn A.H. sei mittlerweile erfolgt.
Hiergegen hat der Beteiligte Rechtsmittel eingelegt. Diesem hat das AG nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Das KG hat die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es fehlt an der Unzulässigkeit der Eintragung vom 4.6.2015, weil der Kläger jedenfalls mit den Gesellschafterbeschlüssen vom 2.2.2018 wirksam abberufen worden ist, so dass die Voraussetzungen des § 395 FamFG zu verneinen sind.
Auf der Grundlage der von dem Beteiligten zu 2) erstrittenen rechtskräftigen Urteile des LG Neuruppin vom 17.1.2018 und des OLG Brandenburg vom 19.6.2019 ist zwar davon auszugehen, dass die der am 4.6.2015 erfolgten Eintragung über die Beendigung der Geschäftsführerstellung des Beteiligten zu 2) zugrunde liegenden Gesellschafterbeschlüsse nichtig sind. Die Löschung einer Eintragung - wozu auch die Löschung einer Löschung gehört - kommt bei rechtsbekundenden Eintragungen, wie der Eintragung eines Geschäftsführers oder die Beendigung der Geschäftsführerstellung nur dann in Betracht, wenn die Eintragung (auch) zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Löschung unrichtig ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber die Eintragung der Beendigung der Geschäftsführerstellung des Beteiligten zu 2) als zutreffend anzusehen, weil der zugrunde liegende Beschluss vom 2.2.2018 wirksam gewesen ist.
Denn der Beschluss wurde durch diejenigen gefasst, die in der zum damaligen Zeitpunkt zuletzt aufgenommenen Gesellschafterliste als Gesellschafter ausgewiesen sind. Ebenso wie es die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG über die Maßen beeinträchtigen würde, wenn man eine Berufung auf eine trotz Einziehung nicht geänderte Liste bei einer späteren Feststellung der Wirksamkeit der Einziehung generell als treuwidrig ansieht, gilt entsprechendes, wenn man eine unwirksame Einziehung bei im Hinblick auf die Einziehung geänderter Liste die Wirkung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG absprechen würde. So liegt der Fall aber hier.
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung über die vorsorglich erneute Abberufung des Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer - richtigerweise wegen der durch die Insolvenzeröffnung eingetretene Auflösung als Liquidator - vom 2.2.2018 ist auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt zuletzt unter Berücksichtigung der Einziehung des Geschäftsanteils des Beteiligten zu 2) eingereichten Gesellschafterliste durch die richtigen Personen gefasst worden. Diese Wirkungen entfallen nach dem Vorstehenden nicht wegen der später erfolgten Feststellung, dass die Einziehung unwirksam war. Aus diesem Grund kann der Beteiligte zu 2) sich auch nicht auf Treu und Glauben berufen. Die rechtskräftige Entscheidung über die Unwirksamkeit des Einziehungsbeschlusses ist erst nach dem 19.6.2019 getroffen worden. Dass hier weitere Umstände vorgelegen hätten, die ausnahmsweise einer Anwendung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entgegen standen, ist weder ersichtlich noch dargetan. Aufgrund der Wirksamkeit des Beschlusses vom 2.2.2018 kommt es auch nicht darauf an, dass die Anmeldung des Beschlusses erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt ist.
Nach alldem kann offenbleiben, ob eine Löschung nach § 395 FamFG nicht auch unter Berücksichtigung des auszuübenden Ermessens im Falle der Bejahung der Unzulässigkeit der Eintragung hätte unterbleiben können. Dafür spräche allerdings, dass die Löschung nach § 395 FamFG nicht der Beseitigung von Fehlern des Anmeldeverfahrens dient und eine Löschung grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn das Fortbestehen der Eintragung Schädigungen Beteiligter zur Folge hätte oder öffentlichen Interessen widerspräche, was hier schon angesichts der durch das Insolvenzverfahren eingetretenen Auflösung nicht ersichtlich ist, so dass der Beteiligte zu 2) ohne weiteres auf Eigenmaßnahmen hätte verwiesen werden können.
Justiz Berlin-Brandenburg online
Die Beteiligte zu 1), eine GmbH, ist seit 2011 in das Handelsregister des AG Charlottenburg eingetragen. Der Beteiligte zu 2) war seit diesem Zeitpunkt als Geschäftsführer eingetragen. Am 4.6.2015 ist die Beendigung seiner Geschäftsführerstellung und die Bestellung eines Herrn A.H. als Geschäftsführer eingetragen worden. Ein zwischenzeitlich eröffnetes Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beteiligten zu 1) ist wegen Wegfall des Eröffnungsgrundes mit Beschluss vom 2.7.2018 eingestellt worden.
Anregungen, die Eintragungen vom 4.6.2015 als unzulässig nach § 395 FamFG zu löschen, wies das AG mit Beschluss vom 16.9.2019 zurück. Der von dem Beteiligten zu 2) rechtskräftig abgeschlossene Zivilprozess, aus dem sich ergibt, dass die der Eintragung vom 4.6.2015 zugrunde liegenden Gesellschafterbeschlüsse und die Einziehung seiner Geschäftsanteile nichtig seien, sei nicht maßgebend, weil die bekundend wirkende Eintragung des Endes einer Geschäftsführerstellung für eine Löschung nach § 395 FamFG zum Zeitpunkt der Löschungsentscheidung unzulässig sein müsse. Das sei hier aber nicht der Fall, weil der Beteiligte auch mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 2.2.2018 hilfsweise abberufen worden sei. Die Ausübung der Gesellschafterrechte sei in dieser Gesellschafterversammlung durch die in der zuletzt zum Register eingereichten Gesellschafterliste ausgewiesenen Gesellschafter erfolgt, was unabhängig von der materiellen Rechtslage für die Wirksamkeit der Beschlussfassung maßgeblich sei. Auch die Austragung des Herrn A.H. sei mittlerweile erfolgt.
Hiergegen hat der Beteiligte Rechtsmittel eingelegt. Diesem hat das AG nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Das KG hat die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gründe:
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es fehlt an der Unzulässigkeit der Eintragung vom 4.6.2015, weil der Kläger jedenfalls mit den Gesellschafterbeschlüssen vom 2.2.2018 wirksam abberufen worden ist, so dass die Voraussetzungen des § 395 FamFG zu verneinen sind.
Auf der Grundlage der von dem Beteiligten zu 2) erstrittenen rechtskräftigen Urteile des LG Neuruppin vom 17.1.2018 und des OLG Brandenburg vom 19.6.2019 ist zwar davon auszugehen, dass die der am 4.6.2015 erfolgten Eintragung über die Beendigung der Geschäftsführerstellung des Beteiligten zu 2) zugrunde liegenden Gesellschafterbeschlüsse nichtig sind. Die Löschung einer Eintragung - wozu auch die Löschung einer Löschung gehört - kommt bei rechtsbekundenden Eintragungen, wie der Eintragung eines Geschäftsführers oder die Beendigung der Geschäftsführerstellung nur dann in Betracht, wenn die Eintragung (auch) zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Löschung unrichtig ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist aber die Eintragung der Beendigung der Geschäftsführerstellung des Beteiligten zu 2) als zutreffend anzusehen, weil der zugrunde liegende Beschluss vom 2.2.2018 wirksam gewesen ist.
Denn der Beschluss wurde durch diejenigen gefasst, die in der zum damaligen Zeitpunkt zuletzt aufgenommenen Gesellschafterliste als Gesellschafter ausgewiesen sind. Ebenso wie es die Legitimationswirkung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG über die Maßen beeinträchtigen würde, wenn man eine Berufung auf eine trotz Einziehung nicht geänderte Liste bei einer späteren Feststellung der Wirksamkeit der Einziehung generell als treuwidrig ansieht, gilt entsprechendes, wenn man eine unwirksame Einziehung bei im Hinblick auf die Einziehung geänderter Liste die Wirkung nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG absprechen würde. So liegt der Fall aber hier.
Der Beschluss der Gesellschafterversammlung über die vorsorglich erneute Abberufung des Beteiligten zu 2) als Geschäftsführer - richtigerweise wegen der durch die Insolvenzeröffnung eingetretene Auflösung als Liquidator - vom 2.2.2018 ist auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt zuletzt unter Berücksichtigung der Einziehung des Geschäftsanteils des Beteiligten zu 2) eingereichten Gesellschafterliste durch die richtigen Personen gefasst worden. Diese Wirkungen entfallen nach dem Vorstehenden nicht wegen der später erfolgten Feststellung, dass die Einziehung unwirksam war. Aus diesem Grund kann der Beteiligte zu 2) sich auch nicht auf Treu und Glauben berufen. Die rechtskräftige Entscheidung über die Unwirksamkeit des Einziehungsbeschlusses ist erst nach dem 19.6.2019 getroffen worden. Dass hier weitere Umstände vorgelegen hätten, die ausnahmsweise einer Anwendung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entgegen standen, ist weder ersichtlich noch dargetan. Aufgrund der Wirksamkeit des Beschlusses vom 2.2.2018 kommt es auch nicht darauf an, dass die Anmeldung des Beschlusses erst nach diesem Zeitpunkt erfolgt ist.
Nach alldem kann offenbleiben, ob eine Löschung nach § 395 FamFG nicht auch unter Berücksichtigung des auszuübenden Ermessens im Falle der Bejahung der Unzulässigkeit der Eintragung hätte unterbleiben können. Dafür spräche allerdings, dass die Löschung nach § 395 FamFG nicht der Beseitigung von Fehlern des Anmeldeverfahrens dient und eine Löschung grundsätzlich nur dann in Betracht kommt, wenn das Fortbestehen der Eintragung Schädigungen Beteiligter zur Folge hätte oder öffentlichen Interessen widerspräche, was hier schon angesichts der durch das Insolvenzverfahren eingetretenen Auflösung nicht ersichtlich ist, so dass der Beteiligte zu 2) ohne weiteres auf Eigenmaßnahmen hätte verwiesen werden können.