Ordentliche Kündigung und Rückabwicklung einer Genussrechtsbeteiligung an österreichischer Gesellschaft
OLG Köln v. 23.11.2023 - 18 U 73/23
Der Sachverhalt:
Der Kläger hat die Beklagte, eine englische Limited mit Sitz in London, im Zusammenhang mit einer Genussrechtsbeteiligung auf Rückzahlung der getätigten Einlage nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er hatte am 18.10.2007 eine Genussrechtsbeteiligung i.H.v. 6.480 € an der M Investments AG mit Sitz in Wien gezeichnet. Die Genussrechtsbedingungen "M Global High Yield Fund 450" sahen in § 13 Nr. 1 für die Genussrechtsbedingungen sowie alle sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten die ausschließliche Geltung österreichischen Rechts vor. Rechtsnachfolgerin der M Investments AG wurde im Jahr 2013 die ebenfalls in Österreich ansässige M Investments GmbH, die mit Wirkung zum 31.12.2018 grenzüberschreitend auf die im Vereinigten Königreich ansässige Beklagte verschmolzen.
Der Kläger, der die Genussrechte zum 31.12.2017 ordentlich gekündigt hatte, begehrte von der Beklagten, deren Rechtsvorgängerin die Kündigung bestätigt hat, im Wesentlichen die Rückzahlung der getätigten Einlage nebst Zinsen. Hilfsweise beanspruchte er im Wege der Stufenklage die Abrechnung der Genussrechtsbeteiligung und die Auszahlung des abgerechneten Auseinandersetzungsguthabens.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Entscheidung abgeändert und der Klage weitestgehend stattgegeben.
Die Gründe:
Das LG ist zwar mit Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Denn bei Sachverhalten mit Sachbezug zum Vereinigten Königreich bleibt auch nach dessen Austritt aus der EU für gerichtliche Verfahren, die nach dem 31.12.2020 eingeleitet worden sind, der Rückgriff u.a. auf den Verbrauchergerichtsstand gem. Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO eröffnet.
Das LG hat indes die Klage zu Unrecht abgewiesen. Es hat zunächst zu Unrecht angenommen, dass vorliegend deutsches Sachrecht Anwendung finde. Seine zugrundeliegende Annahme, die Rechtswahlklausel in § 13 Nr. 1 GRB sei unwirksam, war rechtsfehlerbehaftet, so dass vorliegend das gewählte materielle Recht der Republik Österreich anwendbar war. Nach Maßgabe des österreichischen Rechts war die Klage in der Hauptsache umfassend und hinsichtlich des Zinsanspruchs weitgehend begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 7.392 €, denn er kann von ihr einen Rückzahlungsbetrag i.H.v. 6.480 € und die Zahlung der bislang nicht ausgekehrten Basisdividende (abzüglich Kapitalertrag-/Quellensteuersteuer) i.H.v. 912 € verlangen. Der auf Zahlung des Rückzahlungsbetrages gerichtete Anspruch ergab sich aus § 6 Abs. 4 Satz 1 GRB. Danach kann im Fall der wirksamen Kündigung der Genussrechtsbeteiligung der Genussrechtsinhaber die Rückzahlung der Genussrechte zu 100 % des Nennbetrags abzüglich eines etwaigen Verlustanteils gemäß § 5 GRB (Rückzahlungsbetrag) verlangen.
Die Wirksamkeit der seitens des Klägers erklärten Kündigung der Genussrechtsbeteiligung zum 31.12.2017 stand zwischen den Parteien außer Streit, weshalb die (gekündigten) Genussrechte an der erst später vollzogenen Verschmelzung auf die Beklagte nicht mehr teilnahmen. Des Weiteren hat der Kläger, der auch in Anwendung österreichischen Rechts im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast für die ihm günstigen anspruchsbegründenden Tatsachen trug, indem er die (unstreitige) Wirksamkeit der Kündigung und den (unstreitig) gezahlten Nennbetrag seiner gekündigten Genussrechtsbeteiligung (6.480 €) vorgetragen und belegt hatte, die geltend gemachte Forderung auch in der Höhe schlüssig dargelegt. Entgegen der Annahme der Beklagten wurde der geltend gemachte Nennbetrag hier nicht durch einen Verlustanteil gemindert.
Der Zahlungsanspruch war auch nicht verjährt. Die Frage der Verjährung beurteilte sich gem. Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 Var. 2 EGBGB in seiner bis zum 16.12.2009 geltenden Fassung nach dem Vertragsstatut, mithin hier nach dem österreichischem Recht. Danach unterlag der mit Beendigung der Genussrechtsbeteiligung gegebene Anspruch auf den Rückzahlungsbetrag der dreißigjährigen Verjährung nach § 1478 östABGB.
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Justiz NRW
Der Kläger hat die Beklagte, eine englische Limited mit Sitz in London, im Zusammenhang mit einer Genussrechtsbeteiligung auf Rückzahlung der getätigten Einlage nebst Zinsen in Anspruch genommen. Er hatte am 18.10.2007 eine Genussrechtsbeteiligung i.H.v. 6.480 € an der M Investments AG mit Sitz in Wien gezeichnet. Die Genussrechtsbedingungen "M Global High Yield Fund 450" sahen in § 13 Nr. 1 für die Genussrechtsbedingungen sowie alle sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten die ausschließliche Geltung österreichischen Rechts vor. Rechtsnachfolgerin der M Investments AG wurde im Jahr 2013 die ebenfalls in Österreich ansässige M Investments GmbH, die mit Wirkung zum 31.12.2018 grenzüberschreitend auf die im Vereinigten Königreich ansässige Beklagte verschmolzen.
Der Kläger, der die Genussrechte zum 31.12.2017 ordentlich gekündigt hatte, begehrte von der Beklagten, deren Rechtsvorgängerin die Kündigung bestätigt hat, im Wesentlichen die Rückzahlung der getätigten Einlage nebst Zinsen. Hilfsweise beanspruchte er im Wege der Stufenklage die Abrechnung der Genussrechtsbeteiligung und die Auszahlung des abgerechneten Auseinandersetzungsguthabens.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Entscheidung abgeändert und der Klage weitestgehend stattgegeben.
Die Gründe:
Das LG ist zwar mit Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Denn bei Sachverhalten mit Sachbezug zum Vereinigten Königreich bleibt auch nach dessen Austritt aus der EU für gerichtliche Verfahren, die nach dem 31.12.2020 eingeleitet worden sind, der Rückgriff u.a. auf den Verbrauchergerichtsstand gem. Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 18 Abs. 1 EuGVVO eröffnet.
Das LG hat indes die Klage zu Unrecht abgewiesen. Es hat zunächst zu Unrecht angenommen, dass vorliegend deutsches Sachrecht Anwendung finde. Seine zugrundeliegende Annahme, die Rechtswahlklausel in § 13 Nr. 1 GRB sei unwirksam, war rechtsfehlerbehaftet, so dass vorliegend das gewählte materielle Recht der Republik Österreich anwendbar war. Nach Maßgabe des österreichischen Rechts war die Klage in der Hauptsache umfassend und hinsichtlich des Zinsanspruchs weitgehend begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 7.392 €, denn er kann von ihr einen Rückzahlungsbetrag i.H.v. 6.480 € und die Zahlung der bislang nicht ausgekehrten Basisdividende (abzüglich Kapitalertrag-/Quellensteuersteuer) i.H.v. 912 € verlangen. Der auf Zahlung des Rückzahlungsbetrages gerichtete Anspruch ergab sich aus § 6 Abs. 4 Satz 1 GRB. Danach kann im Fall der wirksamen Kündigung der Genussrechtsbeteiligung der Genussrechtsinhaber die Rückzahlung der Genussrechte zu 100 % des Nennbetrags abzüglich eines etwaigen Verlustanteils gemäß § 5 GRB (Rückzahlungsbetrag) verlangen.
Die Wirksamkeit der seitens des Klägers erklärten Kündigung der Genussrechtsbeteiligung zum 31.12.2017 stand zwischen den Parteien außer Streit, weshalb die (gekündigten) Genussrechte an der erst später vollzogenen Verschmelzung auf die Beklagte nicht mehr teilnahmen. Des Weiteren hat der Kläger, der auch in Anwendung österreichischen Rechts im Grundsatz die Darlegungs- und Beweislast für die ihm günstigen anspruchsbegründenden Tatsachen trug, indem er die (unstreitige) Wirksamkeit der Kündigung und den (unstreitig) gezahlten Nennbetrag seiner gekündigten Genussrechtsbeteiligung (6.480 €) vorgetragen und belegt hatte, die geltend gemachte Forderung auch in der Höhe schlüssig dargelegt. Entgegen der Annahme der Beklagten wurde der geltend gemachte Nennbetrag hier nicht durch einen Verlustanteil gemindert.
Der Zahlungsanspruch war auch nicht verjährt. Die Frage der Verjährung beurteilte sich gem. Art. 32 Abs. 1 Nr. 4 Var. 2 EGBGB in seiner bis zum 16.12.2009 geltenden Fassung nach dem Vertragsstatut, mithin hier nach dem österreichischem Recht. Danach unterlag der mit Beendigung der Genussrechtsbeteiligung gegebene Anspruch auf den Rückzahlungsbetrag der dreißigjährigen Verjährung nach § 1478 östABGB.
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