Streit um Eintragung der Liquidation in das Handelsregister
BGH v. 17.5.2022 - II ZB 11/21
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin ist eine GmbH, deren Auflösung am 7.3.2016 im Handelsregister eingetragen worden war. Die Aufforderung an die Gläubiger, sich bei der Gesellschaft zu melden, wurde am 16.3.2016 im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Am 15.6.2020 meldete die Liquidatorin den Schluss der Liquidation zur Eintragung in das Handelsregister an. Das Finanzamt stimmte der Löschung allerdings nicht zu, weil ein Rechtsbehelf hinsichtlich Erbschaftssteuer anhängig sei.
Das Registergericht hat die Anmeldung daraufhin zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren hat das Finanzamt ergänzend erklärt, es sei ein Einspruchsverfahren der Liquidatorin der Antragstellerin gegen einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts ihres Anteils an der Antragstellerin auf den Bewertungsstichtag 5.8.2011 für Zwecke der Schenkungsteuer anhängig. Die Antragstellerin sei gemäß § 360 Abs. 3 AO zum Verfahren hinzugezogen worden, wogegen sie ihrerseits Einspruch eingelegt habe. Mit der Löschung der Antragstellerin könnten dieser die noch ausstehenden Entscheidungen über die Einsprüche nicht zugestellt werden.
Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Auf Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat der BGH die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben und das Registergericht angewiesen, über die Anmeldung der Antragstellerin vom 15.6.2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Gründe:
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Nach den getroffenen Feststellungen steht die Beteiligung der Antragstellerin im laufenden Steuerverfahren ihrer Liquidatorin der Löschung nach § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG nicht entgegen.
Das Beschwerdegericht hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass mit der gesonderten Feststellung des Anteilswerts zugleich das Betriebsvermögen der Antragstellerin zum Bewertungsstichtag bewertet wird. Dieser Stichtagswert hat für die Gesellschaft selbst jedoch keine steuerliche Bedeutung. Die Bekanntgabe an die Gesellschaft dient daher im Wesentlichen der Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der gesonderten Wertfeststellung der Anteilswerte beim aktuellen Bewertungsanlass. Gleiches gilt für die der Gesellschaft nach § 155 Satz 1, § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG gegen den Feststellungsbescheid zustehende Rechtsbehelfsbefugnis. Dass sich die Stichtagsbewertung in irgendeiner Form auf ein eigenes noch nicht abgeschlossenes Steuerverfahren der Antragstellerin auswirken könnte, macht auch das Finanzamt nicht geltend.
Die weitere Beteiligung der Antragstellerin an dem Besteuerungsverfahren begründet auch keinen Abwicklungsbedarf, der ihrer Löschung nach § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG entgegenstehen könnte. Sonstige im Interesse eines Dritten liegende Abwicklungsmaßnahmen ohne Vermögensbezug können bei einer vermögenslosen Gesellschaft der Beendigung der Liquidation nur dann entgegenstehen, wenn dieses Interesse berechtigt ist. Ein solches berechtigtes Interesse des Finanzamtes am Fortbestehen der Antragstellerin liegt hier allerdings nicht vor. Dabei bedarf die in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene und vom Senat bislang offengelassene Frage, ob vor dem Abschluss eines die Gesellschaft betreffenden Besteuerungsverfahrens die Liquidation mit der Folge der Löschungsreife beendet werden kann, auch hier keiner Entscheidung.
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BGH online
Die Antragstellerin ist eine GmbH, deren Auflösung am 7.3.2016 im Handelsregister eingetragen worden war. Die Aufforderung an die Gläubiger, sich bei der Gesellschaft zu melden, wurde am 16.3.2016 im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Am 15.6.2020 meldete die Liquidatorin den Schluss der Liquidation zur Eintragung in das Handelsregister an. Das Finanzamt stimmte der Löschung allerdings nicht zu, weil ein Rechtsbehelf hinsichtlich Erbschaftssteuer anhängig sei.
Das Registergericht hat die Anmeldung daraufhin zurückgewiesen. Dagegen hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren hat das Finanzamt ergänzend erklärt, es sei ein Einspruchsverfahren der Liquidatorin der Antragstellerin gegen einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Werts ihres Anteils an der Antragstellerin auf den Bewertungsstichtag 5.8.2011 für Zwecke der Schenkungsteuer anhängig. Die Antragstellerin sei gemäß § 360 Abs. 3 AO zum Verfahren hinzugezogen worden, wogegen sie ihrerseits Einspruch eingelegt habe. Mit der Löschung der Antragstellerin könnten dieser die noch ausstehenden Entscheidungen über die Einsprüche nicht zugestellt werden.
Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Auf Rechtsbeschwerde der Antragstellerin hat der BGH die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben und das Registergericht angewiesen, über die Anmeldung der Antragstellerin vom 15.6.2020 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Gründe:
Die Entscheidung des Beschwerdegerichts hält der rechtlichen Prüfung nicht stand. Nach den getroffenen Feststellungen steht die Beteiligung der Antragstellerin im laufenden Steuerverfahren ihrer Liquidatorin der Löschung nach § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG nicht entgegen.
Das Beschwerdegericht hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass mit der gesonderten Feststellung des Anteilswerts zugleich das Betriebsvermögen der Antragstellerin zum Bewertungsstichtag bewertet wird. Dieser Stichtagswert hat für die Gesellschaft selbst jedoch keine steuerliche Bedeutung. Die Bekanntgabe an die Gesellschaft dient daher im Wesentlichen der Kontrolle der inhaltlichen Richtigkeit der gesonderten Wertfeststellung der Anteilswerte beim aktuellen Bewertungsanlass. Gleiches gilt für die der Gesellschaft nach § 155 Satz 1, § 154 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG gegen den Feststellungsbescheid zustehende Rechtsbehelfsbefugnis. Dass sich die Stichtagsbewertung in irgendeiner Form auf ein eigenes noch nicht abgeschlossenes Steuerverfahren der Antragstellerin auswirken könnte, macht auch das Finanzamt nicht geltend.
Die weitere Beteiligung der Antragstellerin an dem Besteuerungsverfahren begründet auch keinen Abwicklungsbedarf, der ihrer Löschung nach § 74 Abs. 1 Satz 2 GmbHG entgegenstehen könnte. Sonstige im Interesse eines Dritten liegende Abwicklungsmaßnahmen ohne Vermögensbezug können bei einer vermögenslosen Gesellschaft der Beendigung der Liquidation nur dann entgegenstehen, wenn dieses Interesse berechtigt ist. Ein solches berechtigtes Interesse des Finanzamtes am Fortbestehen der Antragstellerin liegt hier allerdings nicht vor. Dabei bedarf die in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene und vom Senat bislang offengelassene Frage, ob vor dem Abschluss eines die Gesellschaft betreffenden Besteuerungsverfahrens die Liquidation mit der Folge der Löschungsreife beendet werden kann, auch hier keiner Entscheidung.
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