Weitere aktuelle Rechtsprechung in Leitsätzen (KW 11)
Begründung einer GbR zum Zweck des Betriebs einer Zahnarztpraxis; Rechtsübergang kraft Erbfolge; Abfindungsanspruch; Passivlegitimation eines bestellten Nachlassinsolvenzverwalters
1. Zur Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Zweck des Betriebs einer Zahnarztpraxis und des Ausscheidens eines Gesellschafters durch Kündigung.
2. Die Passivlegitimation eines bestellten Nachlassinsolvenzverwalters besteht auch dann, wenn die Ersatzerben, die den Insolvenzantrag gestellt haben, wegen der Unwirksamkeit der Erbausschlagung durch die Erbin nicht antragsberechtigt waren.
2. Ein Rechtsübergang kraft Gesetzes, insbesondere kraft Erbrechts ist kein Betriebsübergang durch Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB. § 613a BGB betrifft den Übergang von Arbeitsverhältnissen. Der gegenständliche Anspruch folgt jedoch nicht aus einem Arbeitsverhältnis, sondern als gesellschaftsrechtlicher Abfindungsanspruch aus dem Gesellschaftsvertrag zwischen den Parteien.
(alle nicht amtl.)
OLG Düsseldorf 3.9.2024, 3 Wx 133/24
Anforderungen an die Individualisierung des Unternehmensgegenstandes
1. Die Beschreibung des Unternehmensgegenstandes mit "Handel mit Waren aller Art" oder "Vermittlung von Geschäften aller Art" ist mangels Individualisierung im Allgemeinen nicht eintragungsfähig, weil eine weitere Individualisierung der beabsichtigten Geschäftstätigkeit zumindest durch die Angabe von Schwerpunkten möglich ist.
2. Generelle Umschreibungen des Unternehmensgegenstands können allenfalls dann zulässig sein, wenn der Geschäftsbereich der Gesellschaft tatsächlich derart weit und ohne eine Schwerpunktbildung angelegt ist.
3. Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, unterliegt der freien Beweiswürdigung durch das Registergericht und erfordert im Allgemeinen einen detaillierten, nachvollziehbaren und glaubhaften Sachvortrag des Unternehmens, dass es sich ohne jede Schwerpunktbildung wortlautgetreu auf allen in der Satzung genannten Geschäftsfeldern betätigen will und dazu nach seiner personellen und sachlichen Ausstattung auch in der Lage ist.
(alle amtl.)
OLG Köln 23.10.2024, 13 U 231/17
Stimmrechtszurechnung beim Halten für Rechnung des Bieters; Kenntnis von der Kontrollerlangung
1. Aus dem Merkmal "für Rechnung" in § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WpÜG ergibt sich, dass der Bieter die wesentlichen Risiken und Chancen - etwa die Risiken und Chancen einer Veränderung des Börsenkurses, die Chancen einer Dividendenzahlung und das Insolvenzrisiko der Zielgesellschaft - aus den betreffenden Aktien tragen muss, wobei die Zuordnung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten maßgeblich ist.
2. Der Bieter hat jedenfalls dann i.S.d. § 35 Abs. 1 Satz 2 WpÜG Kenntnis von der Kontrollerlangung, wenn ihm die den Kontrollerwerb begründenden Tatsachen bekannt sind und er damit rechnet, dass eine von ihm geschlossene Vereinbarung vom zuständigen Gericht als kontrollbegründend beurteilt wird. Es ist nicht erforderlich, dass er diese Beurteilung teilen oder mit Gewissheit oder auch nur überwiegender Wahrscheinlichkeit vorhersehen muss.
3. Ein Rechtsirrtum des Bieters ist im Rahmen des § 35 Abs. 1 Satz 2 WpÜG nur unter strengen Voraussetzungen beachtlich.
4. Um die Überzeugung kontrollrechtlicher Unbedenklichkeit zu begründen, kann sich der Bieter im Zusammenhang mit § 35 Abs. 1 Satz 2 WpÜG nur dann auf einen anwaltlichen Rat stützen, wenn dem Berater der relevante Sachverhalt umfassend mitgeteilt wurde, die erteilte Auskunft einer Plausibilitätskontrolle unterzogen wird und dieser Kontrolle standhält; bei komplexen Sachverhalten und erkennbar schwierigen Rechtsfragen ist regelmäßig ein detailliertes, schriftliches Gutachten erforderlich.
5. Die Rechtsauskunft der BaFin begründet im Kontext der § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 35 Abs. 1 Satz 2 WpÜG nur dann einen unvermeidbaren Rechtsirrtum, wenn der BaFin alle notwendigen Unterlagen vorlagen, um die Zurechnungsfrage sorgfältig zu prüfen und in einer Art und Weise zu beantworten, auf die sich der Bieter verlassen konnte.
(alle nicht amtl.)
BFH 24.5.2023, II R 23/20
Prozesszinsen im mehrstufigen Verfahren (Grundsteuer)
Nimmt das Finanzamt nach der rechtskräftigen gerichtlichen Aufhebung eines rechtswidrigen Grundlagenbescheids die nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gebotene Herabsetzung der Steuer im Folgebescheid nicht vor und erlässt es stattdessen einen zweiten rechtswidrigen Grundlagenbescheid, der durch eine weitere rechtskräftige gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird, entstehen Prozesszinsen nach § 236 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 1 AO bereits seit der Rechtshängigkeit des ersten mit rechtskräftigem Urteil abgeschlossenen Verfahrens über die Aufhebung des Grundlagenbescheids, soweit die Zahlung der Steuer nicht zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt ist.
2. Ist das Verhältnis von Grundlagen- zu Folgebescheiden dreistufig ausgebildet, kann eine gerichtliche Entscheidung der ersten Stufe (Wertfeststellung) ausreichen, damit ein Zinsanspruch betreffend die in der dritten Stufe festgesetzte Steuer (Grundsteuerfestsetzung) entsteht. Die Zwischenschaltung der zweiten Stufe (Grundsteuermessbetrag) ist eine Frage der Gesetzgebungstechnik und unterbricht den Kausalzusammenhang nicht.
(alle amtl.)