Zum Vorrang der spezialgesetzlichen Prospekthaftung
BGH v. 26.4.2022 - XI ZB 27/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem KapMuG im Wesentlichen darüber, ob der bei der Emission des "C. Fonds" am 23.3.2007 aufgestellte Prospekt fehlerhaft ist und ob die Musterbeklagten hierfür aufgrund sog. bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch genommen werden können. Bei dem Fonds handelte es sich um eine Beteiligung an den beiden Einschiffgesellschaften "NA. Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. MS M. KG" und der "NA. Schiffsbetriebsgesellschaft mbH & Co. MS MA. KG". Die Anleger beteiligten sich dabei direkt als Kommanditisten der Einschiffgesellschaften, und die Gesamteinlage eines jeden Kommanditisten verteilte sich zu gleichen Teilen auf die Einschiffgesellschaften (Seite 56 des Prospekts).
Die MS M. und die MS MA. waren Containerschiffe mit einer Containerkapazität von je 2.824 TEU (Twenty Foot Equivalent Unit bzw. 20-Fuß-Standard-Container). Die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 1) hatte den streitgegenständlichen Prospekt veröffentlicht und war auch Anbieterin der Beteiligung. Die Musterbeklagten zu 2) und 3) sind Gründungskommanditistinnen der Einschiffgesellschaften. In dem durch Vorlagebeschluss des LG vom 17.4.2019 eingeleiteten Musterverfahren vor dem OLG hat der Musterkläger die Haftung der Musterbeklagten "nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiten Sinne gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB" (Feststellungsziel I 1) und deren schuldhaftes Handeln nach den Grundsätzen dieser Haftung (Feststellungsziel I 2) geltend gemacht. Zudem hat er die Feststellung verlangt, dass der Prospekt in mehreren Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend sei (Feststellungsziele II 1 bis 15). Dies betrifft soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung die Suggestion nicht existierender Sicherheiten (Feststellungsziel II 1), die Darstellung der Risiken auf dem volatilen Schiffsmarkt, insbesondere hinsichtlich der absehbaren Übertonnage (Feststellungsziel II 3), die Unvertretbarkeit der Ertragsprognose (Feststellungsziel II 4), die Angabe zum Erwerbspreis der Schiffe (Feststellungsziel II 5) und fehlende Hinweise auf Wettbewerbsnachteile aufgrund Nichtausstattung mit eigenem Ladegeschirr (Feststellungsziel II 6) sowie auf die Gefahr, dass Gläubiger des Charterers im Falle von dessen Insolvenz die Fondsgesellschaft in Anspruch nehmen (Feststellungsziel II 13).
Mit Musterentscheid vom 8.10.2020 wies das OLG die Musterfeststellungsanträge II 1 bis 15 als unbegründet zurück. Zudem stellte es fest, dass die Musterfeststellungsanträge I 1 und 2 gegenstandslos sind. Gegen den Musterentscheid haben der Musterkläger und der weitere Rechtsbeschwerdeführer Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 10.2.2021 bestimmte der Senat die Musterbeklagte zu 1) zur Musterrechtsbeschwerdegegnerin. Die Beigetretenen zu 1) bis 3) sind dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten des Musterklägers beigetreten. Der Musterkläger, der weitere Rechtsbeschwerdeführer und die Beigetretenen wenden sich gegen die Zurückweisung der Feststellungsziele II 1, 3 bis 6 und 13 als unbegründet. Sie verfolgen diese Feststellungsziele und insoweit auch die Feststellungsziele I 1 und 2 weiter.
Die zulässigen Rechtsbeschwerden des Musterrechtsbeschwerdeführers und des weiteren Rechtsbeschwerdeführers hatten im Ergebnis vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Es kann dahingestellt bleiben, ob das OLG zu Recht davon ausgegangen ist, dass keine Prospektfehler vorliegen. Denn die Rechtsbeschwerden haben bereits aus einem anderen Grund im Ergebnis keinen Erfolg. Das Feststellungsziel I 1 ist wegen des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftung als unbegründet zurückzuweisen. Somit ist der Vorlagebeschluss nicht nur wie vom OLG bereits festgestellt hinsichtlich des Feststellungsziels I 2, sondern auch hinsichtlich der Feststellungsziele II 1, 3 bis 6 und 13 gegenstandslos.
Durch das Feststellungsziel I 1 sollte nur eine Haftung der Musterbeklagten nach den Grundsätzen der "Prospekthaftung im weiteren Sinne" durch Verwenden eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden. Denn es bezieht sich ausdrücklich auf die Verantwortlichkeit der Musterbeklagten bei der Veröffentlichung des Prospekts. Auch aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass es jeweils um die Haftung für den Inhalt des Prospekts geht. Zudem sind Feststellungsziele so auszulegen, dass ein prozessual zulässiges Ergebnis erreicht wird. Feststellungen zu einem Schadensersatzanspruch, der nicht an eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation als Mittel der schriftlichen Aufklärung anknüpft, wären im Kapitalanleger-Musterverfahren unstatthaft.
Die begehrte Feststellung ist nicht zu treffen, weil eine Haftung der Musterbeklagten als Prospektverantwortliche bzw. Gründungsgesellschafterinnen aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden kann. Ein Anspruch auf dieser Grundlage wird vielmehr durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung verdrängt. Auf den am 23.3.2007 aufgestellten Prospekt findet die Regelung des § 8g VerkProspG in der vom 1.7.2005 bis zum 31.5.2012 geltenden Fassung (a.F.) i.V.m. § 32 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG Anwendung. Damit ist auch der Anwendungsbereich der § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum 31.5.2012 geltenden Fassung (a.F.) eröffnet.
Nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG a.F. haften neben denjenigen, die für den Prospekt i.S.d. § 8g VerkProspG a.F. die Verantwortung übernommen haben, im Falle von dort enthaltenen unrichtigen oder unvollständigen wesentlichen Angaben auch diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG a.F.). Damit sollen die Personen und Unternehmen getroffen werden, von denen die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG a.F. ist von einer Prospektverantwortlichkeit eines Hintermannes als Prospektveranlasser u.a. dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospekts gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist.
Nach diesen Grundsätzen ist die Musterbeklagte zu 1) Prospektverantwortliche i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG a.F., weil sie Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft ist, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen hat. Die Musterbeklagten zu 2) und 3) sind Prospektverantwortliche i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG a.F. Denn sie sind was bereits ausreicht Gründungsgesellschafter der Einschiffgesellschaften. Sämtliche Musterbeklagten hafteten mithin für unrichtige oder unvollständige wesentliche Angaben nach den Grundsätzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG a.F. Neben dieser ist eine Haftung der Musterbeklagten unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung des unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung ausgeschlossen. Weil der Antrag zu dem Feststellungsziel I 1 in der Sache unbegründet ist, ist der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele I 2 sowie II 1, 3 bis 6 und 13 gegenstandslos.
Die Rechtsbeschwerden rügen zu Unrecht die Zuständigkeit des Senats. Der XI. Zivilsenat ist nach A. I. XI. Zivilsenat 1.c) des Geschäftsverteilungsplans des BGH für das Geschäftsjahr 2020 ausschließlich zuständig für Rechtsstreitigkeiten über Prospekthaftungsansprüche nach §§ 13, 13a VerkProspG. Die Zuständigkeit für spezialgesetzliche Prospekthaftungsansprüche besteht seit dem Jahr 1996. Der Senat ist damit auch zuständig, über das Konkurrenzverhältnis zwischen gesetzlicher Prospekthaftung nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG a.F. und bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung zu entscheiden. Denn ob letztere im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung anwendbar ist, ist keine Frage der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, sondern eine Frage nach der Reichweite der Rechtsfolgen der gesetzlichen Prospekthaftung.
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Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem KapMuG im Wesentlichen darüber, ob der bei der Emission des "C. Fonds" am 23.3.2007 aufgestellte Prospekt fehlerhaft ist und ob die Musterbeklagten hierfür aufgrund sog. bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch genommen werden können. Bei dem Fonds handelte es sich um eine Beteiligung an den beiden Einschiffgesellschaften "NA. Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. MS M. KG" und der "NA. Schiffsbetriebsgesellschaft mbH & Co. MS MA. KG". Die Anleger beteiligten sich dabei direkt als Kommanditisten der Einschiffgesellschaften, und die Gesamteinlage eines jeden Kommanditisten verteilte sich zu gleichen Teilen auf die Einschiffgesellschaften (Seite 56 des Prospekts).
Die MS M. und die MS MA. waren Containerschiffe mit einer Containerkapazität von je 2.824 TEU (Twenty Foot Equivalent Unit bzw. 20-Fuß-Standard-Container). Die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 1) hatte den streitgegenständlichen Prospekt veröffentlicht und war auch Anbieterin der Beteiligung. Die Musterbeklagten zu 2) und 3) sind Gründungskommanditistinnen der Einschiffgesellschaften. In dem durch Vorlagebeschluss des LG vom 17.4.2019 eingeleiteten Musterverfahren vor dem OLG hat der Musterkläger die Haftung der Musterbeklagten "nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiten Sinne gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB" (Feststellungsziel I 1) und deren schuldhaftes Handeln nach den Grundsätzen dieser Haftung (Feststellungsziel I 2) geltend gemacht. Zudem hat er die Feststellung verlangt, dass der Prospekt in mehreren Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend sei (Feststellungsziele II 1 bis 15). Dies betrifft soweit im Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung die Suggestion nicht existierender Sicherheiten (Feststellungsziel II 1), die Darstellung der Risiken auf dem volatilen Schiffsmarkt, insbesondere hinsichtlich der absehbaren Übertonnage (Feststellungsziel II 3), die Unvertretbarkeit der Ertragsprognose (Feststellungsziel II 4), die Angabe zum Erwerbspreis der Schiffe (Feststellungsziel II 5) und fehlende Hinweise auf Wettbewerbsnachteile aufgrund Nichtausstattung mit eigenem Ladegeschirr (Feststellungsziel II 6) sowie auf die Gefahr, dass Gläubiger des Charterers im Falle von dessen Insolvenz die Fondsgesellschaft in Anspruch nehmen (Feststellungsziel II 13).
Mit Musterentscheid vom 8.10.2020 wies das OLG die Musterfeststellungsanträge II 1 bis 15 als unbegründet zurück. Zudem stellte es fest, dass die Musterfeststellungsanträge I 1 und 2 gegenstandslos sind. Gegen den Musterentscheid haben der Musterkläger und der weitere Rechtsbeschwerdeführer Rechtsbeschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 10.2.2021 bestimmte der Senat die Musterbeklagte zu 1) zur Musterrechtsbeschwerdegegnerin. Die Beigetretenen zu 1) bis 3) sind dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten des Musterklägers beigetreten. Der Musterkläger, der weitere Rechtsbeschwerdeführer und die Beigetretenen wenden sich gegen die Zurückweisung der Feststellungsziele II 1, 3 bis 6 und 13 als unbegründet. Sie verfolgen diese Feststellungsziele und insoweit auch die Feststellungsziele I 1 und 2 weiter.
Die zulässigen Rechtsbeschwerden des Musterrechtsbeschwerdeführers und des weiteren Rechtsbeschwerdeführers hatten im Ergebnis vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Es kann dahingestellt bleiben, ob das OLG zu Recht davon ausgegangen ist, dass keine Prospektfehler vorliegen. Denn die Rechtsbeschwerden haben bereits aus einem anderen Grund im Ergebnis keinen Erfolg. Das Feststellungsziel I 1 ist wegen des Vorrangs der spezialgesetzlichen Prospekthaftung als unbegründet zurückzuweisen. Somit ist der Vorlagebeschluss nicht nur wie vom OLG bereits festgestellt hinsichtlich des Feststellungsziels I 2, sondern auch hinsichtlich der Feststellungsziele II 1, 3 bis 6 und 13 gegenstandslos.
Durch das Feststellungsziel I 1 sollte nur eine Haftung der Musterbeklagten nach den Grundsätzen der "Prospekthaftung im weiteren Sinne" durch Verwenden eines unrichtigen oder unvollständigen Verkaufsprospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung festgestellt werden. Denn es bezieht sich ausdrücklich auf die Verantwortlichkeit der Musterbeklagten bei der Veröffentlichung des Prospekts. Auch aus dem Vorlagebeschluss ergibt sich, dass es jeweils um die Haftung für den Inhalt des Prospekts geht. Zudem sind Feststellungsziele so auszulegen, dass ein prozessual zulässiges Ergebnis erreicht wird. Feststellungen zu einem Schadensersatzanspruch, der nicht an eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation als Mittel der schriftlichen Aufklärung anknüpft, wären im Kapitalanleger-Musterverfahren unstatthaft.
Die begehrte Feststellung ist nicht zu treffen, weil eine Haftung der Musterbeklagten als Prospektverantwortliche bzw. Gründungsgesellschafterinnen aus § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB nicht auf die Verwendung eines Prospekts als solche gestützt werden kann. Ein Anspruch auf dieser Grundlage wird vielmehr durch die Regelungen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung verdrängt. Auf den am 23.3.2007 aufgestellten Prospekt findet die Regelung des § 8g VerkProspG in der vom 1.7.2005 bis zum 31.5.2012 geltenden Fassung (a.F.) i.V.m. § 32 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG Anwendung. Damit ist auch der Anwendungsbereich der § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG in der bis zum 31.5.2012 geltenden Fassung (a.F.) eröffnet.
Nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG a.F. haften neben denjenigen, die für den Prospekt i.S.d. § 8g VerkProspG a.F. die Verantwortung übernommen haben, im Falle von dort enthaltenen unrichtigen oder unvollständigen wesentlichen Angaben auch diejenigen, von denen der Erlass des Prospekts ausgeht (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG a.F.). Damit sollen die Personen und Unternehmen getroffen werden, von denen die wirtschaftliche Initiative ausgeht und die hinter dem Prospekt stehen und seine eigentlichen Urheber sind. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG a.F. ist von einer Prospektverantwortlichkeit eines Hintermannes als Prospektveranlasser u.a. dann auszugehen, wenn dieser auf die Konzeption des konkreten, mit dem Prospekt beworbenen und vertriebenen Modells maßgeblich Einfluss genommen hat und damit letztendlich auch für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich ist. Dabei können die gesellschaftsrechtliche Funktion des Hintermannes sowie ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse für eine Einflussnahme auf die Konzeption des Modells sprechen. Nicht entscheidend ist, ob eine Mitwirkung unmittelbar bei der Gestaltung des Prospekts gegeben ist; ausschlaggebend dagegen ist, ob der Prospekt mit Kenntnis des Verantwortlichen in den Verkehr gebracht worden ist.
Nach diesen Grundsätzen ist die Musterbeklagte zu 1) Prospektverantwortliche i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG a.F., weil sie Rechtsnachfolgerin der Gesellschaft ist, die für den Prospekt die Verantwortung übernommen hat. Die Musterbeklagten zu 2) und 3) sind Prospektverantwortliche i.S.v. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG a.F. Denn sie sind was bereits ausreicht Gründungsgesellschafter der Einschiffgesellschaften. Sämtliche Musterbeklagten hafteten mithin für unrichtige oder unvollständige wesentliche Angaben nach den Grundsätzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG a.F. Neben dieser ist eine Haftung der Musterbeklagten unter dem Aspekt einer vorvertraglichen Pflichtverletzung aufgrund der Verwendung des unrichtigen, unvollständigen oder irreführenden Prospekts als Mittel der schriftlichen Aufklärung ausgeschlossen. Weil der Antrag zu dem Feststellungsziel I 1 in der Sache unbegründet ist, ist der Vorlagebeschluss hinsichtlich der Feststellungsziele I 2 sowie II 1, 3 bis 6 und 13 gegenstandslos.
Die Rechtsbeschwerden rügen zu Unrecht die Zuständigkeit des Senats. Der XI. Zivilsenat ist nach A. I. XI. Zivilsenat 1.c) des Geschäftsverteilungsplans des BGH für das Geschäftsjahr 2020 ausschließlich zuständig für Rechtsstreitigkeiten über Prospekthaftungsansprüche nach §§ 13, 13a VerkProspG. Die Zuständigkeit für spezialgesetzliche Prospekthaftungsansprüche besteht seit dem Jahr 1996. Der Senat ist damit auch zuständig, über das Konkurrenzverhältnis zwischen gesetzlicher Prospekthaftung nach § 13 VerkProspG, §§ 44 ff. BörsG a.F. und bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung zu entscheiden. Denn ob letztere im Anwendungsbereich der spezialgesetzlichen Prospekthaftung anwendbar ist, ist keine Frage der bürgerlich-rechtlichen Prospekthaftung, sondern eine Frage nach der Reichweite der Rechtsfolgen der gesetzlichen Prospekthaftung.
- Rechtsprechung: BGH vom 15.03.2022, XI ZB 31/20 - Spezialgesetzliche Prospekthaftung auch für Kommanditisten wegen Kenntnis von der Veröffentlichung des Prospekts (ZIP 2022, 945)
- Rechtsprechung: BGH vom 22.02.2022, XI ZB 32/20 - Gegenstandslosigkeit eines KapMuG-Vorlagebeschlusses zur Feststellung eines Prospektfehlers als Voraussetzung für durch spezialgesetzliche Prospekthaftung verdrängten Anspruch (ZIP 2022, 745)
- Aufsatz: Buck-Heeb, Dieckmann - Anlegerschutz durch die Prospekthaftung i.w.S. - was nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats bleibt (ZIP 2022, 145)
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