Zur Bemessung des Geschäftswerts eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH
BGH v. 23.7.2024 - II ZB 3/24Der Beteiligte zu 1) (Notar) beurkundete im September 2014 einen Ausgliederungs- und Übernahmevertrag, nach dem die Beteiligte zu 2) als übertragende Gesellschaft ihren Teilbetrieb Kurzstreckenseeverkehr als Gesamtheit mit allen Rechten und Pflichten im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge durch Ausgliederung zur Aufnahme gem. § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die W. GmbH als übernehmende Gesellschaft übertrug. Die der Übertragung zu Grunde gelegte Teilbilanz des Teilbetriebs Kurzstreckenseeverkehr wies ein Aktivvermögen von rd. 200.000 € aus. Weiter beurkundete der Notar Gesellschafterversammlungen der W. GmbH und der Beteiligten zu 2), in denen die Alleingesellschafterinnen jeweils die Zustimmung zum Ausgliederungsvertrag und bei der W. GmbH u.a. eine Erhöhung des Stammkapitals um weitere 52.000 € auf 104.000 € beschlossen. Die neu geschaffenen Geschäftsanteile sollten an die Beteiligte zu 2) als Gegenleistung für die Übertragung des Teilbetriebs Kurzstreckenseeverkehr ausgegeben werden.
Der Notar erteilte der Beteiligten zu 2) im Dezember 2014 eine Kostenrechnung zu UR Nr. 4549/14 H in der er für die Berechnung der Gebühr Nr. 21100 KV GNotKG einen Geschäftswert von rd. 750.000 € zu Grunde legte. Die Erhöhung des Stammkapitals um 52.000 € berücksichtigte der Notar dabei in Höhe des Nennbetrags der Kapitalerhöhung. Der Bezirksrevisor beim LG Düsseldorf beanstandete im Rahmen einer Geschäftsprüfung, die Kapitalerhöhung um 52.000 € sei nicht mit dem Nennbetrag, sondern mit dem Wert der Sacheinlage, mithin i.H.v. rd. 200.000 € zu bemessen. Der Präsident des LG Düsseldorf wies den Notar daraufhin an, die Kostenrechnung überprüfen zu lassen.
Das LG wies den Notar auf seinen weisungsgemäßen Antrag auf gerichtliche Entscheidung u.a. an, die Kostenrechnung unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von rd. 910.000 € für die Gebühr Nr. 21100 KV GNotKG neu zu erstellen. Auf die Beschwerde des Notars änderte das OLG die Anweisung unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels rechnerisch dahin ab, dass für die Gebühr Nr. 21100 KV GNotKG ein Geschäftswert von rd. 900.000 € zu Grunde zu legen sei. Die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde des Notars hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Das OLG hat den Wert des Beschlusses über die Kapitalerhöhung zutreffend nicht nach dem Nominalwert, sondern nach dem diesen übersteigenden Wert der ausgegebenen Geschäftsanteile bemessen. Diesen Wert hat es rechtsfehlerfrei in Höhe des Aktivvermögens des abgespaltenen Betriebsteils "Kurzstreckenseeverkehr" i.H.v. rd. 200.000 € bestimmt.
Der Geschäftswert eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals kann innerhalb der durch § 105 Abs. 1 Satz 2, § 108 Abs. 5 GNotKG in der Fassung vom 23.7.2013 (a.F.) vorgegebenen Grenzen unter ergänzender Heranziehung von § 97 Abs. 1, Abs. 2 GNotKG ermittelt werden. Der Wert der Beschlussfassung über eine Erhöhung des Stammkapitals bei der GmbH entspricht dem Wert des neu geschaffenen oder erhöhten Geschäftsanteils, wenn dieser den Ausgabebetrag der Anteile übersteigt. Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem der Kapitalerhöhungsbeschluss im Rahmen einer Spaltung nach dem Umwandlungsgesetz beim übernehmenden Rechtsträger gefasst wird und der Erhöhungsbetrag im Wege der Sacheinlage durch die Übertragung des abgespaltenen Vermögens erbracht wird.
Für die Bewertung des Werts der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung kommt es nicht darauf an, dass bereits der Ausgliederungs- und Übernahmevertrag Rechtsgrund für die Übertragung des abgespaltenen Vermögens ist. Dies ändert nichts daran, dass der Wert des Gegenstands der Beschlussfassung bei wirtschaftlicher Betrachtung durch die nach der Beschlussfassung zu erbringende Leistung in das Gesellschaftsvermögen geprägt wird. Da es sich bei der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung um einen vom Ausgliederungs- und Übernahmevertrag zu unterscheidenden Beurkundungsgegenstand nach § 110 Nr. 1 GNotKG handelt, muss der Wert der Beschlussfassung jeweils selbstständig ermittelt werden.
Zutreffend ist, dass der Wert des übergehenden Vermögens nach § 108 Abs. 3 GNotKG bei der Bemessung des Zustimmungsbeschlusses und nochmals bei der Bemessung des Werts der ausgegebenen Geschäftsanteile Berücksichtigung findet. Diese Folge beruht darauf, dass es sich bei den Beschlussfassungen um verschiedene Beurkundungsgegenstände nach § 86 Abs. 2 GNotKG handelt und ein Fall von § 109 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. b oder g GNotKG nicht vorliegt. Von einem einheitlichen Beschlussgegenstand nach § 109 Abs. 1 Satz 1 bis 3 GNotKG kann nicht ausgegangen werden, weil bei Beschlüssen nur in den Fällen des § 109 Abs. 2 Nr. 4 GNotKG ein einheitlicher Beurkundungsgegenstand vorliegt. Eine Gebührenbegrenzung erfolgt bei der Zusammenfassung in einem Beurkundungsverfahren durch die Zusammenrechnung nach § 35 Abs. 1 GNotKG und den Höchstwert von 5.000.000 € nach § 108 Abs. 5 GNotKG a.F. (nunmehr § 108 Abs. 4 GNotKG).
Eine andere Beurteilung ist auch nicht wegen einer kostenrechtlichen Besserstellung in dem Fall geboten, in dem die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers nach § 54 Abs. 1 Satz 3 UmwG auf die Gewährung von Geschäftsanteilen verzichten. Diese Besserstellung ist nicht sachwidrig, weil sie allein darauf beruht, dass eine Kapitalerhöhung als Gegenleistung für die Übertragung des Vermögens entfällt.
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§ 105 Anmeldung zu bestimmten Registern
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142. Aufl./Lfg. 11.2023
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Rechtsprechung
Zur Bemessung des Geschäftswerts eines Beschlusses über die Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH
BGH vom 12.09.2023 - II ZB 6/23
GmbHR 2024, 187
GMBHR0063772
Rechtsprechung
Geschäftswert eines Stammkapitalerhöhungsbeschlusses in Höhe des den Ausgabepreis übersteigenden Werts des auszugebenden Geschäftsanteils
BGH vom 12.09.2023 - II ZB 6/23
ZIP 2023, 2410
ZIP0060959
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