Zur Besorgnis der Befangenheit von zuständigen Richterinnen und Richtern am BGH
BGH v. 6.7.2021 - II ZR 97/21
Der Sachverhalt:
Der Kläger wandte sich gegen seinen Ausschluss aus den Herausgeberkreisen zweier juristischer Fachzeitschriften sowie gegen seine Abberufung als Chief Managing Editor und Mitglied des Editorial Boards einer dieser Zeitschriften. Hilfsweise begehrte er im Wege der Stufenklage die Vorlage einer Auseinandersetzungsbilanz der beiden Herausgebergesellschaften auf den 9.11.2017 und die Zahlung eines auf der Grundlage dieser Bilanz noch zu bestimmenden Abfindungsbetrages. Das LG hat die Klage mit den Hauptanträgen abgewiesen und die Beklagten auf den Hilfsantrag zur Vorlage der begehrten Auseinandersetzungsbilanzen verurteilt. Das OLG hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen.
Der Kläger hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Daraufhin haben sich insgesamt acht Richter und Richterinnen aus dem II. Zivilsenats selbst abgelehnt. Zumeist wegen etwaiger "Duz-Freundschaften" mit einigen der verklagten Rechtslehrer. Aber auch mit dem Kläger, mit dem es in einem Fall zudem persönliche Kontakte wegen dessen politischer Tätigkeit gegeben habe.
Die Parteien haben Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Anzeigen nach § 48 ZPO erhalten. Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass die Aussage des Vorsitzenden Richters, er sei seit 2019 Herausgeber einer der beiden streitgegenständlichen Fachzeitschriften in rechtlicher Hinsicht nur dann zuträfe, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Erfolg bliebe. Die Beklagten haben von einer Stellungnahme abgesehen.
Der II. Zivilsenat hat nur die Selbstablehnung des Vorsitzenden Richters am BGH D. wird für begründet erklärt. Alle weiteren Selbstablehnungen sind demnach unbegründet.
Gründe:
Die Selbstablehnung des Vorsitzenden Richters am BGH D. ist begründet. Die in seiner Erklärung gemäß § 48 ZPO mit-geteilten Gründe rechtfertigen nach § 42 Abs. 2 ZPO die Besorgnis der Befangenheit.
Nach dieser Vorschrift findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich, da die Vorschriften über die Befangenheit von Richtern bezwecken, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht einer Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des Richters aufkommen lassen.
Infolgedessen rechtfertigen die von dem Vorsitzenden Richter am BGH D. mitgeteilten Umstände die Besorgnis der Befangenheit. So steht er in einer besonders engen Beziehung zum Verfahrensgegenstand und den Beklagten, da er 2019 jedenfalls tatsächlich in den (derzeit aus elf Personen bestehenden) Kreis der Herausgeber einer der beiden von der Klage betroffenen Zeitschriften aufgenommen wurde, an Herausgeberbesprechungen mit den Beklagten teilgenommen hat und dabei auch über das vorliegende Verfahren und seinen Fortgang informiert worden ist.
Die übrigen Selbstablehnungen sind unbegründet. Die von den Richterinnen und Richtern jeweils in ihren Anzeigen mitgeteilten Umstände sind nicht geeignet, Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§§ 48, 42 Abs. 2 ZPO). Zwar kann es die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn der zuständige Richter und ein Verfahrensbeteiligter nicht nur demselben Gericht angehören, sondern zugleich Mitglieder eines Spruchkörpers sind. Diese Besorgnis besteht aber nicht mehr, wenn die gemeinsame Mitgliedschaft im gleichen Spruchkörper endgültig beendet ist, weil der nunmehrige Verfahrensbeteiligte in den Ruhestand getreten ist. Hier kommt hinzu, dass die gemeinsame Zugehörigkeit zum selben Senat mittlerweile geraume Zeit zurückliegt. Eine Besorgnis der Befangenheit folgt auch nicht daraus, dass ein Richter mit dem Beklagten zu 1) seit dessen Eintritt in den Ruhestand immer wieder persönlichen Kontakt hatte.
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Der Kläger wandte sich gegen seinen Ausschluss aus den Herausgeberkreisen zweier juristischer Fachzeitschriften sowie gegen seine Abberufung als Chief Managing Editor und Mitglied des Editorial Boards einer dieser Zeitschriften. Hilfsweise begehrte er im Wege der Stufenklage die Vorlage einer Auseinandersetzungsbilanz der beiden Herausgebergesellschaften auf den 9.11.2017 und die Zahlung eines auf der Grundlage dieser Bilanz noch zu bestimmenden Abfindungsbetrages. Das LG hat die Klage mit den Hauptanträgen abgewiesen und die Beklagten auf den Hilfsantrag zur Vorlage der begehrten Auseinandersetzungsbilanzen verurteilt. Das OLG hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen.
Der Kläger hat Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Daraufhin haben sich insgesamt acht Richter und Richterinnen aus dem II. Zivilsenats selbst abgelehnt. Zumeist wegen etwaiger "Duz-Freundschaften" mit einigen der verklagten Rechtslehrer. Aber auch mit dem Kläger, mit dem es in einem Fall zudem persönliche Kontakte wegen dessen politischer Tätigkeit gegeben habe.
Die Parteien haben Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Anzeigen nach § 48 ZPO erhalten. Der Kläger hat darauf hingewiesen, dass die Aussage des Vorsitzenden Richters, er sei seit 2019 Herausgeber einer der beiden streitgegenständlichen Fachzeitschriften in rechtlicher Hinsicht nur dann zuträfe, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde ohne Erfolg bliebe. Die Beklagten haben von einer Stellungnahme abgesehen.
Der II. Zivilsenat hat nur die Selbstablehnung des Vorsitzenden Richters am BGH D. wird für begründet erklärt. Alle weiteren Selbstablehnungen sind demnach unbegründet.
Gründe:
Die Selbstablehnung des Vorsitzenden Richters am BGH D. ist begründet. Die in seiner Erklärung gemäß § 48 ZPO mit-geteilten Gründe rechtfertigen nach § 42 Abs. 2 ZPO die Besorgnis der Befangenheit.
Nach dieser Vorschrift findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich, da die Vorschriften über die Befangenheit von Richtern bezwecken, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit und Objektivität zu vermeiden. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht einer Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder der Unabhängigkeit des Richters aufkommen lassen.
Infolgedessen rechtfertigen die von dem Vorsitzenden Richter am BGH D. mitgeteilten Umstände die Besorgnis der Befangenheit. So steht er in einer besonders engen Beziehung zum Verfahrensgegenstand und den Beklagten, da er 2019 jedenfalls tatsächlich in den (derzeit aus elf Personen bestehenden) Kreis der Herausgeber einer der beiden von der Klage betroffenen Zeitschriften aufgenommen wurde, an Herausgeberbesprechungen mit den Beklagten teilgenommen hat und dabei auch über das vorliegende Verfahren und seinen Fortgang informiert worden ist.
Die übrigen Selbstablehnungen sind unbegründet. Die von den Richterinnen und Richtern jeweils in ihren Anzeigen mitgeteilten Umstände sind nicht geeignet, Misstrauen gegen ihre Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§§ 48, 42 Abs. 2 ZPO). Zwar kann es die Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn der zuständige Richter und ein Verfahrensbeteiligter nicht nur demselben Gericht angehören, sondern zugleich Mitglieder eines Spruchkörpers sind. Diese Besorgnis besteht aber nicht mehr, wenn die gemeinsame Mitgliedschaft im gleichen Spruchkörper endgültig beendet ist, weil der nunmehrige Verfahrensbeteiligte in den Ruhestand getreten ist. Hier kommt hinzu, dass die gemeinsame Zugehörigkeit zum selben Senat mittlerweile geraume Zeit zurückliegt. Eine Besorgnis der Befangenheit folgt auch nicht daraus, dass ein Richter mit dem Beklagten zu 1) seit dessen Eintritt in den Ruhestand immer wieder persönlichen Kontakt hatte.