Abmahnung nach § 314 BGB muss eine Warnfunktion beinhalten und konkrete Konsequenzen ankündigen
BGH 12.10.2011, VIII ZR 3/11Die Parteien hatten im Jahr 2004 einen Factoringvertrag abgeschlossen. Laut Vertrag hatte die Klägerin für die Bevorschussung des jeweiligen Kaufpreises Zinsen i.H.v. 4,05 Prozent über dem Drei-Monats-Euribor zu entrichten. Im Januar 2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie ab sofort die Zinsen auf 4,80 Prozent erhöhen werde. Die Klägerin antwortete umgehend und widersprach der Zinserhöhung, ohne jedoch eine Vertragsverletzung konkret zu rügen.
Da die Beklagte auch in den Folgemonaten den erhöhten Vorschusszins auf die eingereichten Forderungen berechnete, beanstandete die Klägerin im April 2009 die Zinserhöhung als vertragswidrig und bat um eine Gutschrift, ohne jedoch wegen des vertragswidrigen Verhaltens Konsequenzen anzudrohen. Nachdem die Parteien sich im Mai und Juni 2009 nochmals zusammengesetzt hatten, teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie einige Zeit für die Prüfung des neuen Angebots der Beklagten benötige. Außerdem bat sie die Beklagte erneut darum, zu viel bezahlte Zinsen gutzuschreiben, was die Beklagte mit Schreiben aus Juni 2009 als unangemessen ablehnte.
Nachdem die Beklagte weiterhin den erhöhten Zinssatz berechnete, kündigte die Klägerin den Factoringvertrag im August 2009 vorzeitig. Die Beklagte behielt von den für die Klägerin eingezogenen Forderungen einen Betrag i.H.v. rund 51.968 € mit der Begründung ein, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei und ihr deshalb für das laufende Vertragsjahr die sich auf diesen Betrag belaufende restliche Mindestfactoringgebühr zustehe.
Die Klägerin forderte von der Beklagten Zahlung dieses Betrags nebst Zinsen. Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr größtenteils statt. Auf die Revision der Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und stellte das erstinstanzliche Urteil wieder her.
Die Gründe:
Da die Klägerin nicht zur vorzeitigen Kündigung des Factoringvertrages berechtigt war, stand der Beklagten die restliche Mindestfactoringgebühr für das laufende Vertragsjahr zu.
Im vorliegenden Fall fehlte es seitens der Klägerin an einer vorherigen Abmahnung des vertragswidrigen Verhaltens der Beklagten. Nach BGH-Rechtsprechung muss eine Abmahnung den Schuldner darauf hinweisen, dass er vertragliche Pflichten verletzt hat und ihm für den Fall eines weiteren Vertragsverstoßes Konsequenzen drohen. Dabei ist zwar keine ausdrückliche Kündigungsandrohung erforderlich, jedoch muss aus der Erklärung des Gläubigers für den Schuldner deutlich werden, dass die weitere vertragliche Zusammenarbeit auf dem Spiel steht.
Die allgemein gehaltenen Schreiben der Klägerin aus Januar, April und Juni 2009 erfüllten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings nicht die an eine Abmahnung zu stellenden Voraussetzungen. Im ersten Schreiben verpasste es die Klägerin, eine Vertragsverletzung konkret zu rügen. Im zweiten fehlte eine Ankündigung von Konsequenzen. Im dritten Schreiben bat die Klägerin zwar darum, zu viel bezahlte Zinsen gutzuschreiben, allerdings konnte die Beklagte dem nicht entnehmen, dass ihr vertragliche Konsequenzen drohten, wenn sie dieser Bitte nicht nachkäme. Infolgedessen fehlte es auch hier an der Warnfunktion, weshalb das Schreiben nicht als Abmahnung qualifiziert werden konnte.
Letztlich war eine Abmahnung auch nicht gem. § 314 Abs. 2 BGB i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich. Eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung liegt nur vor, wenn der Schuldner eindeutig die Erfüllung seiner Vertragspflichten ablehnt und dies als sein letztes Wort verstanden wissen will. Allerdings genügte das Schreiben der Beklagten aus Juni 2009, in dem diese den Wunsch der Klägerin auf nachträgliche Rückvergütung der berechneten Zinsen als nicht angemessen bezeichnete und ablehnte, dem nicht. Dieses Schreiben war im Zusammenhang mit den zuvor geführten Verhandlungen zu würdigen und ließ es nicht als ausgeschlossen erscheinen, dass sich die Beklagte von einer Androhung vertraglicher Konsequenzen hätte beeindrucken lassen.
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