25.04.2017

Abschlag auf Regelvergütung für Tätigkeit des Insolvenzverwalters in Verbraucherinsolvenzverfahren

Geht die Tätigkeit des Insolvenzverwalters in einem Verbraucherinsolvenzverfahren tatsächlich nicht über die Tätigkeit eines Treuhänders nach §§ 313 f InsO a.F. hinaus, kann dies nach den Umständen des Einzelfalls einen Abschlag rechtfertigen, der dazu führt, dass sich der Vergütungssatz des Insolvenzverwalters im Ergebnis am bisherigen Vergütungssatz für einen Treuhänder orientiert. Für die Frage, ob die Zahl der Gläubiger gering ist, kommt es auf die Zahl der Gläubiger an, die sich am Insolvenzverfahren beteiligen.

BGH 6.4.2017, IX ZB 48/16
Der Sachverhalt:
Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem im Oktober 2014 über das Vermögen des Schuldners eröffneten Verbraucherinsolvenzverfahren. Der Schuldner legte mit seinem von einem Rechtsanwalt gestellten Insolvenzantrag von September 2014 die nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO erforderlichen Unterlagen vor. Das AG - Insolvenzgericht - ordnete an, dass das Verfahren schriftlich durchzuführen sei. Von neun Gläubigern meldeten vier Gläubiger Forderungen in einer Gesamthöhe von rd. 34.900 € zur Tabelle an. Der weitere Beteiligte kündigte zwei Lebensversicherungen des Schuldners und zog deren Rückkaufswerte zur Insolvenzmasse. Er vereinnahmte die pfändbaren Lohnanteile sowie eine Steuererstattung für das Jahr 2014. Weitere Vermögenswerte waren nicht vorhanden. Die Insolvenzmasse betrug rd. 14.200 €.

Im Februar 2016 reichte der weitere Beteiligte den Schlussbericht und das Schlussverzeichnis ein. Weiter legte er seine Vergütungsabrechnung vor, mit der er eine Vergütung von rd. 8.500 € einschließlich Auslagenersatz und Umsatzsteuer beantragte. Im April 2016 bestimmte das AG einen Schlusstermin im schriftlichen Verfahren bis Juni 2016. Ebenfalls im April 2016 setzte es die Vergütung auf rd. 2.850 € und die zu erstattenden Auslagen auf rd. 1.450 € fest. Es nahm dabei einen Abschlag von 50 % auf die Regelvergütung vor. Daraus ergab sich einschließlich Zustellkosten und Umsatzsteuer ein Gesamtbetrag von rd. 5.100 €.

Auf die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten, mit der er sich gegen die Höhe des vom AG vorgenommenen Abschlags wandte und eine Vergütung i.H.v. rd. 4.550 € netto erstrebte, sprach das LG eine weitere Vergütung i.H.v. rd. 700 € einschließlich Umsatzsteuer zu und wies die Beschwerde im Übrigen zurück. Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Das LG hat zu Recht entschieden, dass vorliegend ein Abschlag i.H.v. 40 % auf die Regelvergütung gerechtfertigt ist.

Die Frage, in welcher Höhe ein Abschlag von der Regelvergütung bei Verbraucherinsolvenzverfahren und sonstigen Kleinverfahren berechtigt ist, muss auch die Rechtslage vor der Änderung der InsO und der InsVV im Jahr 2013 berücksichtigen. Danach hatte in Verbraucherinsolvenzverfahren der Treuhänder die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrzunehmen. Gem. § 13 InsVV a.F. belief sich die Vergütung des Treuhänders auf 15 % der Insolvenzmasse. Dieser regelmäßig geringere Vergütungssatz beruht darauf, dass die Tätigkeit des Treuhänders gegenüber der Tätigkeit eines Insolvenzverwalters in mehrfacher Hinsicht erleichtert war. Zwar sind mit der Neuregelung die Beschränkungen hinsichtlich des Aufgabenbereichs des Treuhänders entfallen. Gleichwohl verursachen die nunmehr von einem Insolvenzverwalter zu bearbeitenden Verbraucherinsolvenz- und Kleinverfahren einen deutlich geringeren Aufwand als ein übliches Insolvenzverfahren.

Die Vermögensverhältnisse sind typischerweise überschaubar und in der Regel sind die Zahl der Gläubiger und die Höhe der Verbindlichkeiten gering. Diesem Unterschied ist nunmehr bei der Vergütung des Insolvenzverwalters Rechnung zu tragen. Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Gesetzgeber mit der Änderung eine erhebliche Erhöhung der Vergütung für Verbraucherinsolvenzverfahren anstrebte, in denen sich die Tätigkeit des Insolvenzverwalters tatsächlich nicht vom früheren Tätigkeitsfeld eines Treuhänders unterscheidet. Geht die Tätigkeit des Insolvenzverwalters in einem Verbraucherinsolvenzverfahren tatsächlich nicht über die Tätigkeit eines Treuhänders nach §§ 313 f InsO a.F. hinaus, kann dies demzufolge nach den Umständen des Einzelfalls einen Abschlag rechtfertigen, der dazu führt, dass sich der Vergütungssatz des Insolvenzverwalters im Ergebnis am bisherigen Vergütungssatz für einen Treuhänder orientiert.

Für die Frage, in welchem Umfang ein Abschlag von der Regelvergütung in Verbraucherinsolvenzverfahren gerechtfertigt ist, kommt es auf § 13 InsVV nF nicht an. Zutreffend nimmt das LG an, dass diese Vorschrift auf Fälle, in denen nicht die Mindestvergütung gem. § 2 Abs. 2 S. 1 InsVV n.F., sondern die Regelvergütung nach § 2 Abs. 1 InsVV zum Tragen kommt, weder direkt noch analog anzuwenden ist. Darüber hinaus lässt sich § 13 InsVV n.F. entgegen der Auffassung des LG auch nichts für die Höhe eines Abschlags nach § 3 Abs. 2 lit. e InsVV entnehmen. Gemessen an diesen Maßstäben ist der vom LG in einer abschließenden Gesamtschau angenommen Abschlag von 40 % jedenfalls nicht zum Nachteil des weiteren Beteiligten unrichtig.

Die Gesamthöhe des vom AG vorgenommenen Abschlags von 40 % auf die Regelvergütung führt im Streitfall dazu, dass der weitere Beteiligte eine Vergütung in Höhe von 24 % der Insolvenzmasse erhält (3/5 des Regelsatzes von 40 % gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 InsVV). Zusätzlich erhält er eine ihm bereits vom AG zugesprochene Auslagenpauschale i.H.v. 25 % der Regelvergütung. Die vom LG bei seiner Würdigung berücksichtigten Umstände sind rechtlich nicht zu beanstanden. Das LG hat eine Zahl von neun Gläubigern zutreffend als gering angesehen. Es kommt insoweit für § 3 Abs. 2 lit. e InsVV allerdings nicht auf die Zahl der vorhandenen Gläubiger, sondern lediglich auf die - im Streitfall geringere - Zahl der Gläubiger an, die sich am Insolvenzverfahren beteiligen. Dieser Rechtsfehler beschwert den weiteren Beteiligten jedoch nicht.

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