Ähnlich ohne Verwechslungsgefahr: Keine Branchennähe zwischen "INCA" und "Incca"
OLG Köln v. 9.9.2022 - 6 U 18/22
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist Inhaberin der Wortmarke "incca", die seit 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen ist. Die Klagemarke beansprucht vornehmlich Schutz für "Software und Dienstleistungen eines Internet-Providers". Die Beklagte bietet Marketingdienstleistungen, speziell die Steuerung von Influencer-Marketingkampagnen an. Sie betreibt eine Internetseite, auf der sie Werbung unter dem Zeichen "INCA" verbreitet, wobei die Parteien darüber streiten, ob sich die Werbung unter dem Zeichen "INCA" auf die Marketingdienstleistung der Beklagten oder die in der Werbung beschriebene Internetplattform bezieht. Die auf der Internetseite beschriebene Plattform dient der Planung, Steuerung und Kontrolle von Influencer-Kampagnen durch den unmittelbaren Zugriff auf Influencer, Netzwerke und Contents.
Die Klägerin hatte im Juni 2021 eine Berechtigungsanfrage an die Beklagte gestellt. Diese Beklagte hat daraufhin die Löschung der Klagemarke beim Deutschen Patent- und Markenamt wegen Nichtbenutzung gestellt, der die Klägerin widersprach. Sie behauptete vielmehr, dass sie die Klagemarke "incca" seit Jahrzehnten umfangreich benutze und nahm insoweit auf Anlagenkonvolute Bezug. Zwischen der Klagemarke und dem angegriffenen Zeichen bestehe die Gefahr der Verwechslung. Es bestehe eine hohe Zeichen- und Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit. Insbesondere gelte Letzteres für die Warenklasse "Software".
Die Beklagte hielt dagegen, die Klägerin habe die Klagemarke lediglich firmenmäßig benutzt. Der Vortrag der Klägerin sei insgesamt nicht geeignet, eine Nutzung der Klagemarke darzulegen. Die pauschale Bezugnahme auf umfangreiche Anlagen sei unzulässig. Es bestehe zudem keine Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit.
Das LG hat die Unterlassungsklage mangels Dienstleistungs- bzw. Branchenähnlichkeit abgewiesen. Das OLG hat diese Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt.
Die Gründe:
Ein Anspruch auf Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung "INCA" wie im Antrag wiedergegeben ergab sich nicht aus § 14 Abs. 2, Abs. 5 MarkenG.
Zwar steht die bereits aufgrund ihrer klanglichen Identität hohe Zeichenähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen "Incca" und "INCA" nicht in Streit. Es fehlt jedoch an der Ähnlichkeit der im Register aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klägerin mit der von der Beklagten unter "INCA" angebotenen Waren oder Dienstleistungen und damit an der Verwechslungsgefahr. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte auf ihrer Internetseite nicht ein Tool anbietet und bewirbt, sondern vielmehr ihre Marketingleistung im Zusammenhang mit Influencer-Marketing. Die Plattform stellt sie lediglich als neues, aber letztlich bloßes Mittel zum Zweck dar.
Es ist davon auszugehen, dass dem Verkehr bewusst ist, dass weite Bereiche der Dienstleistungen der modernen Gesellschaft elektronisch gestützt erbracht werden. Die hierfür installierte Software sieht der Verkehr als zweckgebundenes Medium an, das ihm die Nutzung der angebotenen Dienstleistung erleichtern soll. Solche zweckgebundene Software wird in der Regel neben der beworbenen Dienstleistung nicht als selbständig beworbene und bezeichnete Handelsware in Erscheinung treten.
Aus der Werbung auf der Internetseite der Beklagten ergibt sich zudem, dass die Beklagte zwischen zwei Aspekten unterscheidet. Die Beklagte bewirbt zum einen auf der Internetseite ihre Marketing-Leistungen. Zum anderen bewirbt sie jedoch auch das Tool, mit dem vieles im Rahmen der Marketing-Leistung automatisiert abläuft und durch die Werbemaßnahme für den Kunden vereinfacht und transparent gemacht wird. Diese technischen Punkte werden als Besonderheit hervorgehoben und beworben. Weiter werden auf der Internetseite das Unternehmenskennzeichen der Beklagten "n." und die Marke "INCA" nebeneinander verwendet. Die Bezeichnung "INCA" wird dabei nicht einheitlich verwendet.
Ein Anspruch aus dem Unternehmenskennzeichen gem. § 15 Abs. 2, Abs. 4 S. 1 MarkenG kam ebenfalls nicht in Betracht. Im vorliegenden Fall wird von der Beklagten die Software als Mittel zur Durchführung ihrer Marketingleistungen eingesetzt, auch wenn das Tool eine neue und wichtige Komponente ihrer unter "INCA" angepriesenen Leistung darstellt. Sie vertreibt aber keine Softwareprodukte, sondern bietet letztlich nur ihre Influencer-Marketing-Strategie darunter an. Es mag unterstellt werden, dass die Klägerin auch eine solche Software auf Anfrage und Kundenvorgaben programmieren könnte, was aber nach wie vor in die Branche der Softwareentwicklung und des -vertriebs fiele. In der Vermarktungsbranche ist sie bisher nicht tätig.
Mehr zum Thema:
Aufsatz
Patrick Schneider / Julia Hugendubel
Markenrechte und Kunstfreiheit bei NFTs
IPRB 2022, 152
Beratermodul IPRB - Recht des geistigen Eigentums und der Medien:
Das exklusive Modul für einen gezielten digitalen Zugriff auf sämtliche Inhalte des IPRB Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO. Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet dieses Modul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
Beratermodul IT-Recht:
Die perfekte Online-Ausstattung für das IT-Recht (DSGVO/BDSG). Stets auf dem aktuellsten Stand mit den Inhalten aller Ausgaben von Computer und Recht und IT-Rechtsberater sowie den Updates von Redeker, Handbuch der IT-Verträge. Ihr Vorteil: Bearbeiten Sie zahlreiche bewährte Formulare mit LAWLIFT! 4 Wochen gratis nutzen!
Justiz NRW
Die Klägerin ist Inhaberin der Wortmarke "incca", die seit 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen ist. Die Klagemarke beansprucht vornehmlich Schutz für "Software und Dienstleistungen eines Internet-Providers". Die Beklagte bietet Marketingdienstleistungen, speziell die Steuerung von Influencer-Marketingkampagnen an. Sie betreibt eine Internetseite, auf der sie Werbung unter dem Zeichen "INCA" verbreitet, wobei die Parteien darüber streiten, ob sich die Werbung unter dem Zeichen "INCA" auf die Marketingdienstleistung der Beklagten oder die in der Werbung beschriebene Internetplattform bezieht. Die auf der Internetseite beschriebene Plattform dient der Planung, Steuerung und Kontrolle von Influencer-Kampagnen durch den unmittelbaren Zugriff auf Influencer, Netzwerke und Contents.
Die Klägerin hatte im Juni 2021 eine Berechtigungsanfrage an die Beklagte gestellt. Diese Beklagte hat daraufhin die Löschung der Klagemarke beim Deutschen Patent- und Markenamt wegen Nichtbenutzung gestellt, der die Klägerin widersprach. Sie behauptete vielmehr, dass sie die Klagemarke "incca" seit Jahrzehnten umfangreich benutze und nahm insoweit auf Anlagenkonvolute Bezug. Zwischen der Klagemarke und dem angegriffenen Zeichen bestehe die Gefahr der Verwechslung. Es bestehe eine hohe Zeichen- und Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit. Insbesondere gelte Letzteres für die Warenklasse "Software".
Die Beklagte hielt dagegen, die Klägerin habe die Klagemarke lediglich firmenmäßig benutzt. Der Vortrag der Klägerin sei insgesamt nicht geeignet, eine Nutzung der Klagemarke darzulegen. Die pauschale Bezugnahme auf umfangreiche Anlagen sei unzulässig. Es bestehe zudem keine Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit.
Das LG hat die Unterlassungsklage mangels Dienstleistungs- bzw. Branchenähnlichkeit abgewiesen. Das OLG hat diese Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt.
Die Gründe:
Ein Anspruch auf Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung "INCA" wie im Antrag wiedergegeben ergab sich nicht aus § 14 Abs. 2, Abs. 5 MarkenG.
Zwar steht die bereits aufgrund ihrer klanglichen Identität hohe Zeichenähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen "Incca" und "INCA" nicht in Streit. Es fehlt jedoch an der Ähnlichkeit der im Register aufgeführten Waren und Dienstleistungen der Klägerin mit der von der Beklagten unter "INCA" angebotenen Waren oder Dienstleistungen und damit an der Verwechslungsgefahr. Das LG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte auf ihrer Internetseite nicht ein Tool anbietet und bewirbt, sondern vielmehr ihre Marketingleistung im Zusammenhang mit Influencer-Marketing. Die Plattform stellt sie lediglich als neues, aber letztlich bloßes Mittel zum Zweck dar.
Es ist davon auszugehen, dass dem Verkehr bewusst ist, dass weite Bereiche der Dienstleistungen der modernen Gesellschaft elektronisch gestützt erbracht werden. Die hierfür installierte Software sieht der Verkehr als zweckgebundenes Medium an, das ihm die Nutzung der angebotenen Dienstleistung erleichtern soll. Solche zweckgebundene Software wird in der Regel neben der beworbenen Dienstleistung nicht als selbständig beworbene und bezeichnete Handelsware in Erscheinung treten.
Aus der Werbung auf der Internetseite der Beklagten ergibt sich zudem, dass die Beklagte zwischen zwei Aspekten unterscheidet. Die Beklagte bewirbt zum einen auf der Internetseite ihre Marketing-Leistungen. Zum anderen bewirbt sie jedoch auch das Tool, mit dem vieles im Rahmen der Marketing-Leistung automatisiert abläuft und durch die Werbemaßnahme für den Kunden vereinfacht und transparent gemacht wird. Diese technischen Punkte werden als Besonderheit hervorgehoben und beworben. Weiter werden auf der Internetseite das Unternehmenskennzeichen der Beklagten "n." und die Marke "INCA" nebeneinander verwendet. Die Bezeichnung "INCA" wird dabei nicht einheitlich verwendet.
Ein Anspruch aus dem Unternehmenskennzeichen gem. § 15 Abs. 2, Abs. 4 S. 1 MarkenG kam ebenfalls nicht in Betracht. Im vorliegenden Fall wird von der Beklagten die Software als Mittel zur Durchführung ihrer Marketingleistungen eingesetzt, auch wenn das Tool eine neue und wichtige Komponente ihrer unter "INCA" angepriesenen Leistung darstellt. Sie vertreibt aber keine Softwareprodukte, sondern bietet letztlich nur ihre Influencer-Marketing-Strategie darunter an. Es mag unterstellt werden, dass die Klägerin auch eine solche Software auf Anfrage und Kundenvorgaben programmieren könnte, was aber nach wie vor in die Branche der Softwareentwicklung und des -vertriebs fiele. In der Vermarktungsbranche ist sie bisher nicht tätig.
Aufsatz
Patrick Schneider / Julia Hugendubel
Markenrechte und Kunstfreiheit bei NFTs
IPRB 2022, 152
Beratermodul IPRB - Recht des geistigen Eigentums und der Medien:
Das exklusive Modul für einen gezielten digitalen Zugriff auf sämtliche Inhalte des IPRB Inklusive Selbststudium nach § 15 FAO. Wann immer es zeitlich passt: Für Fachanwälte bietet dieses Modul Beiträge zum Selbststudium mit Lernerfolgskontrolle und Fortbildungszertifikat. 4 Wochen gratis nutzen!
Beratermodul IT-Recht:
Die perfekte Online-Ausstattung für das IT-Recht (DSGVO/BDSG). Stets auf dem aktuellsten Stand mit den Inhalten aller Ausgaben von Computer und Recht und IT-Rechtsberater sowie den Updates von Redeker, Handbuch der IT-Verträge. Ihr Vorteil: Bearbeiten Sie zahlreiche bewährte Formulare mit LAWLIFT! 4 Wochen gratis nutzen!