Aktienrechtsreform in erster Lesung im Bundestag
Unternehmen sollen auch künftig die Wahl zwischen Namens- und Inhaberaktien haben. Bei nichtbörsennotierten Aktiengesellschaften war die Verwendung der Inhaberaktie unter dem Aspekt der Geldwäsche und Terrorfinanzierung in die Kritik geraten. Diese Gesellschaften sollen nun auch künftig Inhaberaktien verwenden können, müssen sie aber in Sammelurkunden verbriefen und dauerhaft bei einer Wertpapiersammelbank hinterlegen. Bestehende nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien genießen Bestandsschutz.
Weiterhin sieht der Gesetzentwurf Wandelschuldverschreibung vor, bei denen der Schuldner (also die Aktiengesellschaft) das Wandlungsrecht hat. Bisher regelt das AktG nur Wandelanleihen, bei denen der Gläubiger ein Wahlrecht hat, statt Darlehensrückzahlung in Geld Aktien zu beziehen. Künftig soll dies also auch den Gesellschaften ermöglicht werden, wenn das so vereinbart war. Solche "umgekehrten Wandelschuldverschreibungen" können gerade Kreditinstituten in Krisensituation eine Rettung über eine Bilanzentlastung bieten.
Vorgesehen sind Vorzugsaktien ohne einen zwingenden Nachzahlungsanspruch. Nach geltendem Recht gibt es Aktien ohne Stimmrecht, die aber mit einem Dividendenvorzug ausgestattet sein müssen (Vorzugsaktien). Fällt die Dividendeausschüttung in einem Jahr aus, so haben die Vorzugsaktionäre einen zwingenden Nachzahlungsanspruch auf die ausgefallene Dividende im Folgejahr. Die nun vorgesehene Schaffung von Vorzugsaktien auch ohne einen solchen zwingenden Nachzahlungsanspruch ist gerade für Kreditinstitute von besonderer Bedeutung, da nach den internationalen Eigenkapitalanforderungen Vorzugskapital, dass mit einem Nachzahlungsanspruch belastet ist, nicht auf das Kernkapital angerechnet werden kann.
Zudem soll mit der Novelle die Möglichkeit sog. missbräuchlicher nachgeschobener Nichtigkeitsklagen eingeschränkt werden. Von solchen Klagen wird gesprochen, wenn nach einer Anfechtungsklage gegen einen Hauptversammlungsbeschluss in einem späten Stadium des Freigabeverfahrens noch Nichtigkeitsklagen aus taktischen Gründen nachgeschoben werden, um das Verfahren bewusst weiter zu verzögern. Mit dem Entwurf wird daher die "relative" Befristung von Nichtigkeitsklagen vorgesehen, ohne damit zugleich das Klagerecht der überwiegenden Mehrheit nicht missbräuchlich agierender Aktionäre unangemessen einzuschränken.
Schließlich beinhaltet der Entwurf zahlreiche Klarstellungen und Korrekturen des Aktienrechts, die aufgetretene Rechtsunsicherheiten in der Unternehmenspraxis beenden und den mit rechtlichen Zweifelsfragen verbundenen Beratungs- und Absicherungsaufwand erheblich verringern. Dazu gehört etwa die Klarstellung, aufgrund welcher Rechtsgrundlage von den öffentlichen Eigentümern entsandte Aufsichtsräte einer Berichtspflicht unterliegen.
Der Gesetzentwurf wird nun von den zuständigen Ausschüssen des Deutschen Bundestags beraten und könnte in der ersten Hälfte des Jahres 2013 in Kraft treten.