18.01.2012

Anlageberatungsvertrag: Zum Vorliegen aufklärungspflichtiger Rückvergütungen

Auch wenn der Prospekt eines Fonds (hier: Medienfonds VIP 4) darauf hinweist, dass die VIP Beratung für Banken ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf "Dritte" übertragen kann, muss die beratende Bank grundsätzlich im Prospekt namentlich genannt sein. Um das Interesse der beratenden Bank ausreichend einschätzen zu können, muss der Anleger die genaue Höhe der an die beratende Bank fließenden Zahlungen erfahren.

OLG Frankfurt a.M. 13.12.2011, 9 U 112/09
Sachverhalt:
Die Klägerin hatte mit der beklagten Bank im Jahr 2004 einen Anlageberatungsvertrag abgeschlossen. Sie beteiligte sich infolgedessen an dem streitbefangenen VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG (VIP 4) mit einem Nominalbetrag von 50.000 € zuzüglich 5 % Agio, insgesamt also 52.500 €. Die Beteiligung war mit einer endfälligen Finanzierung von 45,5 % des Beteiligungsbetrages durch eine andere Bank verbunden. Der streitgegenständliche Prospekt informierte zwar darüber, dass die VIP Beratung für Banken ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf "Dritte" übertragen kann. Die Beklagte war jedoch nicht namentlich genannt. Gleichfalls fehlte es an einer Angabe zur genauen Höhe der an die beratende Beklagte fließenden Zahlungen.

Später forderte die Klägerin von der beklagten Bank Schadensersatz im Hinblick auf ihre Beteiligung am VIP 4 wegen schuldhafter Verletzung der Pflicht zur ungefragten Mitteilung des Anteils an den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebskosten. Die Beklagte hielt dagegen, es lägen schon begriffliche keine aufklärungspflichtigen Rückvergütungen vor. Die Beklagte habe schlechthin eine Zahlung der VIP Beratung für Banken erhalten. Ein etwaiger Interessenkonflikt der beratenden Bank sei zudem offenkundig.

Das LG gab der Klage weitestgehend statt. Die Berufung der Beklagten war vor dem OLG teilweise erfolgreich. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Gründe:
Das LG hatte zu Recht festgestellt, dass die Beklagte gegenüber der Klägerin wegen der Verletzung ihrer aus dem Anlageberatungsvertrag resultierenden Pflicht zur Aufklärung über von ihr erhaltene Rückvergütungen gem. § 280 BGB haftet.

Vorliegend handelte es sich um eine Fallgestaltung der Rückvergütung i.S.d. höchstrichterlichen Rechtsprechung, denn die Beklagte erhielt Provisionen aus den - das Agio umfassenden - offen ausgewiesenen Vertriebskosten, worauf sie in der Beratung nicht hingewiesen hatte. Auch der streitgegenständliche Prospekt enthielt nicht die erforderliche Aufklärung darüber, dass die Vertriebsprovisionen an die beratende Bank fließen würden, weshalb dahinstehen konnte, wann die Klägerin ihn erhalten und ob sie ihn hätte lesen müssen.

Zwar wies der Prospekt aus, dass die VIP Beratung für Banken ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf "Dritte" übertragen kann. Die Beklagte war jedoch - wie grundsätzlich erforderlich - nicht namentlich genannt. Gleichfalls fehlte es an einer Angabe zur genauen Höhe der an die beratende Beklagte fließenden Zahlungen, so dass der Anleger das Interesse der Beklagten nicht ausreichend einschätzen konnte. Dass verheimlichte Rückflüsse aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufklärungspflichtig sind, konnte der veröffentlichten Rechtsprechung zum Zeitpunkt der streitigen Anlageberatung in den Jahren 2003 und 2004 entnommen werden (vgl. BGH-Urteil v. 19.12.2000, Az.: XI ZR 349/99).

Der Interessenkonflikt war auch nicht - wie die Beklagte meinte - offenkundig. Vorliegend handelte es sich um verheimlichte Provisionsrückflüsse von einem Dritten an den Berater des Kapitalanlegers. In solchen Fällen ist der bestehende Interessenkonflikt gerade nicht offenkundig. Zudem verkannte die Beklagte, dass der Interessenkonflikt wegen der typischerweise mit einer Bank bestehenden oder angestrebten Vertragsverhältnisse nicht offenkundig ist, denn das Gewinnerzielungsinteresse der Bank wird vom Bankkunden regelmäßig in Zusammenhang mit diesem anderen Vertragsverhältnis vermutet.

Begründet war die Berufung der Beklagten hingegen, soweit das LG der Klägerin 4.792 € als entgangenen Gewinn zugesprochen hatte. Denn entgangener Gewinn stand der Klägerin unter Zugrundelegung ihres Vorbringens nicht zu. Zwar gilt bei Kapitalanlagen die Regel, dass Eigenkapital in gewisser Höhe erfahrungsgemäß nicht ungenutzt geblieben, sondern - wäre es nicht in der Form der gezeichneten Anlage verwendet worden - zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre. Es war aber schon nicht ausreichend dargelegt, dass die Klägerin anstatt der steueroptimierten Anlage eine festverzinsliche gewählt hätte, selbst wenn es ihr auch um eine sichere Anlage zur Altersvorsorge gegangen sein sollte.

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