07.01.2025

Anmeldung derselben Forderung zur Tabelle durch Zedent und Zessionar

Melden sowohl der Zedent als auch der Zessionar dieselbe Forderung zur Tabelle an, ist eine auf eine erst nach dem Prüfungstermin erfolgte Rückabtretung der Forderung durch den Zessionar gestützte Feststellungsklage des Zedenten unzulässig, wenn dieser die abgetretene Forderung lediglich im eigenen Namen als eigene Forderung zur Tabelle angemeldet hat und hinsichtlich der Rückabtretung kein erneuter Prüfungstermin durchgeführt worden ist.

BGH v. 19.12.2024 - IX ZR 114/23
Der Sachverhalt:
Die g. GmbH (Schuldnerin) bezog ab März 2013 von der Klägerin Mobiltelefone zum Weitervertrieb. Die Klägerin trat ihre Forderungen aus den Lieferverträgen am 30.8.2013 im Rahmen eines Factoringvertrags an die H. AG (im Folgenden: Bank) ab. Mit Schreiben vom 14.11.2013 kündigte die Klägerin die Vertragsbeziehung mit der Schuldnerin und stellte die zu diesem Zeitpunkt noch offenen Kaufpreisforderungen gegen die Schuldnerin fällig. Mit Beschluss vom 4.12.2013 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Beklagten zum Insolvenzverwalter. Die Klägerin legte die Abtretung der Forderungen mit Schreiben vom 5.12.2013 offen. Die Bank meldete am 6.1.2014 in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin elf Insolvenzforderungen i.H.v. insgesamt rd. 18,5 Mio. € zur Tabelle an und benannte in der Anmeldung als Grund "Forderung aus abgetretenem Recht [der Klägerin] - Warenlieferung".

Am 9.1.2014 meldete die Klägerin ihrerseits im eigenen Namen die gleichen Insolvenzforderungen als eigene Forderungen i.H.v. insgesamt rd. 18,5 Mio. € zur Tabelle der Schuldnerin an und bezeichnete als Grund "Warenlieferung auf Grundlage einer [...] Vertriebsvereinbarung aus dem Jahr 2013". Der Beklagte bestritt beide Forderungsanmeldungen im Prüfungstermin am 13.2.2014; diejenige der Klägerin vorläufig. Am 10.4.2014 trat die Bank die von der Klägerin erworbenen Forderungen wieder an diese ab und nahm am 6.5.2014 ihre Forderungsanmeldung dem Beklagten gegenüber zurück. Am 29.3.2018 lehnte der Beklagte die Feststellung der von der Klägerin angemeldeten Kaufpreisforderungen zur Tabelle endgültig ab und verwies die Klägerin auf den Klageweg. Die Klägerin erhob Klage auf Feststellung der von ihr zur Tabelle angemeldeten Forderungen.

Das LG gab der Klage statt; das OLG wies sie als unzulässig ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Feststellungsklage der Klägerin ist unzulässig, denn vorliegend mangelt es an der Sachurteilsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Anmeldung und Prüfung der mit der Klage geltend gemachten Forderungen.

Die Klage ist unzulässig, weil die Klägerin die an die Bank abgetretenen Forderungen im eigenen Namen als eigene Forderungen angemeldet hat, die Feststellungsklage aber auf eine erst nach dem Prüfungstermin erfolgte Rückabtretung der Forderungen durch die Bank gestützt hat. Sachurteilsvoraussetzung für die Feststellungsklage ist in einem solchen Fall, dass der Zedent die Rückabtretung der Forderung zur Insolvenztabelle anmeldet und insoweit ein Prüfungstermin durchgeführt wird. Daran fehlt es vorliegend. Es liegt eine Änderung des Streitgegenstands der im Prüfungstermin geltend gemachten Forderungen vor. Damit ist der Gegenstand des Anmelde- und Prüfungsverfahrens einerseits und des gerichtlichen Feststellungsprozesses andererseits nicht, wie dies § 181 InsO fordert, identisch.

Die Klägerin meldete am 9.1.2014 eigene Forderungen i.H.v. insgesamt rd. 18,5 Mio. € im eigenen Namen zur Tabelle der Schuldnerin an und benannte als Grund "Warenlieferung auf Grundlage einer [...] Vertriebsvereinbarung aus dem Jahr 2013". Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe mit der Schuldnerin Kaufverträge über die Lieferung von Mobiltelefonen abgeschlossen und habe deshalb einen Anspruch auf Bezahlung des vereinbarten Kaufpreises. Der Anmeldung ist nicht zu entnehmen, dass die Klägerin damit Forderungen aus fremden Recht der Bank zur Tabelle der Schuldnerin hat anmelden wollen. Mit dieser Anmeldung hat die Klägerin ihre Forderungen hinreichend individualisiert und den Grund des Anspruchs, also den Lebenssachverhalt, auf dessen Grundlage die Forderungen bestehen sollen, hinreichend bestimmt dargelegt. Nachdem die Klägerin ihre Anmeldung vom 9.1.2014 bis zu dem Prüfungstermin am 13.2.2014 nicht geändert hatte, ist diese unverändert Gegenstand dieses Prüfungstermins gewesen. Dass es weitere, insbesondere nachfolgende Prüfungstermine gegeben hätte, in dem die Anmeldung der Klägerin vom 9.1.2014 (erneut) geprüft worden wäre, ist weder festgestellt noch behauptet worden.

Im Feststellungsrechtsstreit macht die Klägerin geltend, zwar seien die von ihr angemeldeten Forderungen aus den Warenlieferungen aufgrund des Factoringvertrags vom 30.8.2013 an die Bank abgetreten gewesen. Die Forderungen stünden ihr nunmehr deshalb zu, weil die Bank ihr die Forderungen am 10.4.2014 und damit erst nach dem Prüfungstermin vom 13.2.2014 zurückabgetreten habe. Der Streitgegenstand, der der Anmeldung der Klägerin vom 9.1.2014 zugrunde liegt, ist mit dem Streitgegenstand der Anmeldung einer am 10.4.2014 durch die Bank an die Klägerin zurückabgetretenen Forderung nicht deckungsgleich, denn der Lebenssachverhalt umfasst in diesem Fall neben der geltend gemachten Forderung auch deren Erwerb. Da die Klägerin die an die Bank abgetretenen Forderungen im eigenen Namen als eigene Forderungen angemeldet hat, die Feststellungsklage aber auf eine erst nach dem Prüfungstermin erfolgte Rückabtretung der Forderungen durch die Bank gestützt hat, ist in einem solchen Fall Sachurteilsvoraussetzung für die Feststellungsklage, dass auch die Rückabtretung der Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet und insoweit ein Prüfungstermin durchgeführt wird.

Mehr zum Thema:

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§ 181 Umfang der Feststellung
Depré in Kayser/Thole, Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 11. Aufl. 2023

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