Anspruch auf Rückerstattung einer gezahlten Vorfälligkeitsentschädigung nach vorzeitiger Kündigung eines Darlehensvertrags?
OLG Düsseldorf v. 14.2.2025 - 17 U 142/23
Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten am 14. bzw. 28.4.2016 einen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag i.H.v. 165.000 € abgeschlossen. Das Darlehen war mit 2,200 % pro Jahr zu verzinsen, bei einer vereinbarten Sollzinsbindung für vierzehn Jahre und elf Monate. Außerdem war u.a. geregelt, dass der Darlehensnehmer das Darlehen erst nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen kann. Im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung während der Sollzinsbindung durfte die Beklagte nach Ziffer 10.1 Satz 3 des Vertrags eine Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen.
Nach zunächst regulärer Abwicklung informierten die Kläger die beklagte Bank im Februar 2022 über ihr Interesse, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, weil sie die als Sicherheit dienende Immobilie veräußern wollten. Die Beklagte teilte den Klägern mit, dass sie bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens zum Rückzahlungsstichtag 30.4.2022 neben der Darlehensrestschuld von 140.114 € (Tilgung + reguläre Leistungen) eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 6.229 € zzgl. eines Institutsaufwands von 350 € zu entrichten hätten. Dem Schreiben war eine Modellberechnung "S-BauFi" beigefügt, in der die Beträge berechnet waren.
Die Kläger veräußerten die Immobilie, lösten die noch bestehende Restschuld ab und beglichen die - der Höhe nach unstreitige - Vorfälligkeitsentschädigung. Danach kamen ihnen aber Zweifel an deren Rechtmäßigkeit und forderten am 17.10.2022 die Vorfälligkeitsentschädigung zurück, was die Beklagte aber ablehnte. Die Kläger waren der Ansicht, die von der Beklagten im Vertrag erteilten Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung seien inhaltlich unzureichend und fehlerhaft gewesen. Sie beriefen sich dabei auf ein Urteil des Saarländischen OLG vom 26.1.2023 (4 U 134/21).
Das LG hat die Klage - im Wesentlichen gestützt auf ein Urteil des OLG Köln v. 24.5.2023, 13 U 177/22 - abgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Den Klägern steht ein Anspruch auf Zahlung von 6.579 € gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB gegen die Beklagte nicht zu.
Die Beklagte hat die Vorfälligkeitsentschädigung nicht ohne, sondern mit Rechtsgrund erlangt, denn sie hatte gegen die Kläger als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Entschädigung aus Ziffer 10.1 Satz 3 des Vertrags i.V.m. § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Kläger hatten das Darlehen während der Sollzinsbindung vorzeitig nach § 500 Abs. 2 Satz 2 BGB zurückgezahlt. Mit ihrem Wunsch nach Veräußerung der als Sicherheit dienenden Immobilie hatten sie ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Ablösung. Obwohl sie das Darlehen vereinbarungsgemäß über einen Zeitraum von 346 Monaten bis Januar 2045 zurückzahlen sollten, lösten sie die Restschuld bereits im März 2022 und somit innerhalb der Sollzinsbindung ab.
Entgegen der Ansicht der Kläger war der daraus resultierende Anspruch der Beklagten auf Entschädigung nicht nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die Angaben im Vertrag über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder - worauf sich die Kläger allein beriefen - über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend gewesen wären. Ein solcher Fall lag allerdings nicht vor.
Eine Vereinbarung im Darlehensvertrag, nach der die Bank im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung während der Sollzinsbindung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den Schaden verlangen kann, der ihr aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht, und bei deren Berechnung sie nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung die sog. "Aktiv/Passiv-Methode" zugrunde legen wird, wird nicht dadurch verunklart oder gar verfälscht, dass die Bank "durch die Berechnungsmethode" bei vorzeitiger Rückzahlung so gestellt wird, als ob der Kredit "bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre". Die von den Klägern angeführte abweichende Bewertung anderer Gerichte, u.a. des Schleswig-Holsteinischen OLG (Urt. v. 21.12.2023 - 5 U 107/23) sowie Brandenburgisches OLG (Urt. v. 20.03.2024 - 4 U 35/23) zu ähnlichen Angabe in einem Bauspardarlehensvertrag überzeugten den Senat nicht.
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Justiz NRW
Die Parteien hatten am 14. bzw. 28.4.2016 einen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag i.H.v. 165.000 € abgeschlossen. Das Darlehen war mit 2,200 % pro Jahr zu verzinsen, bei einer vereinbarten Sollzinsbindung für vierzehn Jahre und elf Monate. Außerdem war u.a. geregelt, dass der Darlehensnehmer das Darlehen erst nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen kann. Im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung während der Sollzinsbindung durfte die Beklagte nach Ziffer 10.1 Satz 3 des Vertrags eine Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen.
Nach zunächst regulärer Abwicklung informierten die Kläger die beklagte Bank im Februar 2022 über ihr Interesse, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen, weil sie die als Sicherheit dienende Immobilie veräußern wollten. Die Beklagte teilte den Klägern mit, dass sie bei vorzeitiger Rückzahlung des Darlehens zum Rückzahlungsstichtag 30.4.2022 neben der Darlehensrestschuld von 140.114 € (Tilgung + reguläre Leistungen) eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 6.229 € zzgl. eines Institutsaufwands von 350 € zu entrichten hätten. Dem Schreiben war eine Modellberechnung "S-BauFi" beigefügt, in der die Beträge berechnet waren.
Die Kläger veräußerten die Immobilie, lösten die noch bestehende Restschuld ab und beglichen die - der Höhe nach unstreitige - Vorfälligkeitsentschädigung. Danach kamen ihnen aber Zweifel an deren Rechtmäßigkeit und forderten am 17.10.2022 die Vorfälligkeitsentschädigung zurück, was die Beklagte aber ablehnte. Die Kläger waren der Ansicht, die von der Beklagten im Vertrag erteilten Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung seien inhaltlich unzureichend und fehlerhaft gewesen. Sie beriefen sich dabei auf ein Urteil des Saarländischen OLG vom 26.1.2023 (4 U 134/21).
Das LG hat die Klage - im Wesentlichen gestützt auf ein Urteil des OLG Köln v. 24.5.2023, 13 U 177/22 - abgewiesen. Das OLG hat die Entscheidung im Berufungsverfahren bestätigt. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Den Klägern steht ein Anspruch auf Zahlung von 6.579 € gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB gegen die Beklagte nicht zu.
Die Beklagte hat die Vorfälligkeitsentschädigung nicht ohne, sondern mit Rechtsgrund erlangt, denn sie hatte gegen die Kläger als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Entschädigung aus Ziffer 10.1 Satz 3 des Vertrags i.V.m. § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Kläger hatten das Darlehen während der Sollzinsbindung vorzeitig nach § 500 Abs. 2 Satz 2 BGB zurückgezahlt. Mit ihrem Wunsch nach Veräußerung der als Sicherheit dienenden Immobilie hatten sie ein berechtigtes Interesse an der vorzeitigen Ablösung. Obwohl sie das Darlehen vereinbarungsgemäß über einen Zeitraum von 346 Monaten bis Januar 2045 zurückzahlen sollten, lösten sie die Restschuld bereits im März 2022 und somit innerhalb der Sollzinsbindung ab.
Entgegen der Ansicht der Kläger war der daraus resultierende Anspruch der Beklagten auf Entschädigung nicht nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn die Angaben im Vertrag über die Laufzeit des Vertrags, das Kündigungsrecht des Darlehensnehmers oder - worauf sich die Kläger allein beriefen - über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unzureichend gewesen wären. Ein solcher Fall lag allerdings nicht vor.
Eine Vereinbarung im Darlehensvertrag, nach der die Bank im Fall einer vorzeitigen Rückzahlung während der Sollzinsbindung eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den Schaden verlangen kann, der ihr aus der vorzeitigen Rückzahlung entsteht, und bei deren Berechnung sie nach den gesetzlichen Vorgaben und der höchstrichterlichen Rechtsprechung die sog. "Aktiv/Passiv-Methode" zugrunde legen wird, wird nicht dadurch verunklart oder gar verfälscht, dass die Bank "durch die Berechnungsmethode" bei vorzeitiger Rückzahlung so gestellt wird, als ob der Kredit "bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre". Die von den Klägern angeführte abweichende Bewertung anderer Gerichte, u.a. des Schleswig-Holsteinischen OLG (Urt. v. 21.12.2023 - 5 U 107/23) sowie Brandenburgisches OLG (Urt. v. 20.03.2024 - 4 U 35/23) zu ähnlichen Angabe in einem Bauspardarlehensvertrag überzeugten den Senat nicht.
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