03.09.2019

Ärger über "Ein-Sterne-Bewertung" bei "Google Maps"

Eine "Ein-Sterne-Bewertung" ohne aussagekräftigen Begleittext bei "Google Maps" enthält die implizite Tatsachenbehauptung, dass der Bewerter mit dem Leistungsangebot des Bewerteten in Kontakt gekommen ist und dieses als unzureichend empfunden hat. Das Auskunftsrecht über Bestandsdaten nach § 14 Abs. 3 bis 5 TMG setzt u.a. voraus, dass die Auskunft zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte erforderlich ist und es sich um eine schwerwiegende Verletzung, die auf strafbaren Inhalten i.S.v. § 1 Abs. 3 NetzDG beruht, handelt.

OLG Nürnberg v. 17.7.2019 - 3 W 1470/19
Der Sachverhalt:
Die Antragsteller betreiben eine Zahnarztpraxis in Nürnberg. Die Antragsgegnerin betreibt im Internet den Landkarten- und Navigationsdienst "Google Maps". Dort bietet sie auch die Möglichkeit, dass registrierte Nutzer Bewertungen zu Unternehmen abgeben können.

Bis etwa zum 23.3.2019 war bei "Google Maps" die Beurteilung eines Nutzers abrufbar, der die Zahnarztpraxis der Antragsteller lediglich mit einem von fünf möglichen Sternen und den Worten "Oje. Naja." Bewertet hatte. Einen Konkurrenten der Antragsteller hatte dieser deutlich positiver bewertet und behauptet, dass dieser Zahnarzt seit über 25 Jahren sein Zahnarzt des Vertrauens sei. Kurz darauf war das Profil des Nutzers nicht mehr aufrufbar. Mittlerweile ist bei "Google Maps" ein weiteres Profil mit einem anderen Nutzernamen, aber einer wortgleichen Bewertung publiziert.

Die Antragsteller forderten die Antragsgegnerin zur Löschung der Bewertung und Auskunftserteilung über alle bei ihr innerhalb des Dienstes "Google Maps" vorhandenen Bestandsdaten der beiden Nutzer auf. Das LG hat den Antrag auf Erlass einer Anordnung nach § 14 Abs. 4 TMG zurückgewiesen. Auch die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde vor dem OLG blieb erfolglos.

Die Gründe:
Es fehlte bereits an der hinreichenden Darlegung der Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Antragsteller gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gegenüber den Nutzern.

Die beanstandeten Bewertungen greifen nur insoweit in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Antragsteller ein, als sich Negativbewertungen unmittelbar auf die Zahnarztpraxis der Antragsteller beziehen. Dagegen unterfallen die Positivbewertungen eines Konkurrenten der Antragsteller nicht dem Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts der Antragsteller. Die Antragsteller haben aber - soweit ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht gegeben ist - nicht hinreichend dargetan und unter Beweis gestellt, dass dieser Eingriff rechtswidrig war.

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist demnach nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Dabei sind das durch Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (auch i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG) und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse der bewerteten Partei am Schutz ihrer sozialen Anerkennung und ihrer (Berufs) Ehre mit der in Art. 5 Abs. 1 GG und Art. 10 EMRK verankerten Meinungsäußerungsfreiheit des Bewertenden abzuwägen.

Trifft die Behauptung der bewerteten Partei, der angegriffenen Bewertung liege kein Behandlungskontakt zu Grunde, zu, ergibt diese Abwägung, dass deren geschützte Interessen diejenigen des Bewertenden überwiegen. Ist dagegen der tatsächliche Bestandteil der Äußerung, auf dem die Wertung aufbaut, unwahr, weil der behauptete Behandlungskontakt nicht bestand, ist ein berechtigtes Interesse des Bewertenden, eine tatsächlich nicht stattgefundene Behandlung zu bewerten, nicht ersichtlich.

Im vorliegenden Fall war die angegriffene Bewertung letztlich als Meinungsäußerung zu qualifizieren. Denn die notenmäßige Bewertung mit einem Stern ist von Elementen der Stellungnahme, des Dafürhaltens und Meinens geprägt. Gleiches galt hier für die Äußerung "Oje. Naja", weil sie durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt und nicht einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist. Eine solche Meinungsäußerung ist - mangels Schmähcharakter - grundsätzlich zulässig. Auch wird die Bewertung nicht dadurch unzulässig, weil die Bewertung keine Begründung für die geäußerte Meinung enthält.

Darüber hinaus lagen hier die Voraussetzungen für die datenschutzrechtliche Erlaubnis für die Auskunftserteilung auch deshalb nicht vor, weil die streitgegenständlichen Bewertungen keine rechtswidrigen Inhalte betreffen, die von § 1 Abs. 3 NetzDG erfasst werden. Der Diensteanbieter darf gem. § 14 Abs. 3 TMG nämlich Auskunft nur dann erteilen, wenn dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte, die von § 1 Abs. 3 NetzDG erfasst werden, erforderlich ist. Die Auskunftserteilung setzt somit eine schwerwiegende Verletzung von absolut geschützten Rechten voraus, die auf strafbaren Inhalten i.S.v. § 1 Abs. 3 NetzDG beruht, was hier nicht gegeben war.

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