Auch Arzneimittelwerbung ohne Namensnennung kann unzulässig sein
OLG Frankfurt a.M. 6.9.2012, 6 U 143/11Die Beklagte ist ein bekanntes Pharma-Unternehmen, deren Tochtergesellschaft das verschreibungspflichtige Kontrazeptivum "Pink Luna" vertreibt. Die Beklagte hat unter der Domain liebe-ist-pink.de eine Internetseite veröffentlicht, die Informationen zur Empfängnisverhütung und namentlich zur Verhütung mittels der sog. "Antibabypille" enthält. Auf der Seite wurde u.a. eine Verlosung beworben, als deren Gewinn "10 € Musik - Download - Gutscheine", einzulösen im Internetportal "Musicstar", ausgelobt wurden. Ferner bestand die Möglichkeit, diese Gutscheine als Bestandteile eines sog. "Pink Pack", bestehend aus einem Schminktäschchen, einem Pillen-Blister-Etui und anderen Utensilien, über den Frauenarzt zu beziehen.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört. Er sah einen unzulässigen werblichen Zusammenhang der Internetseite mit der von der Tochtergesellschaft der Beklagten vertriebenen Antibabypille "Pink Luna". Er hielt die Auslobung der Musikgutscheine für eine bei der Publikumswerbung von Arzneimitteln verbotene Wertreklame.
Das LG gab der Unterlassungsklage statt. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Dem Kläger standen die Unterlassungsansprüche hinsichtlich der Bewerbung des verschreibungspflichtigen Arzneimittels "Pink Luna" sowie der Auslobung, Gewährung bzw. Verlosung von Gutscheinen zum Download von Musikstücken, wie in der Internet-Präsentation geschehen, zu. Die Ansprüche ergaben sich aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m §§ 10 Abs. 1, 7, 11 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 13 HWG.
Der Internet-Auftritt der Beklagten war produktbezogene Werbung für das von ihrem Tochterunternehmen vertriebene verschreibungspflichtige Verhütungsmittel "Pink Luna". Wenn in einer Werbeaussage keine bestimmten Arzneimittelnamen genannt werden, kann zwar nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass die Leser der Werbeaussage gleichwohl die Werbung für ein bestimmtes Arzneimittel entnehmen. Ein ebenso unzulässiger mittelbarer Produktbezug liegt aber dann vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise der Anzeige aufgrund sonstiger Umstände, wie etwa der Angabe des Indikationsgebiets oder ihrer Kenntnisse der Marktverhältnisse, entnehmen können, es solle für bestimmte einzelne Arzneimittel geworben werden, selbst wenn deren Bezeichnung nicht ausdrücklich genannt ist.
Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalles. Rückschlüsse können sich aus der Gestaltung der Werbung, aus dem Zusammenhang, in dem sie steht, aus dem Namen des werbenden Unternehmens, aber auch aus inhaltlichen Hinweisen - wie etwa der Beschreibung eines Indikationsgebiets - ergeben. Infolgedessen hatte das LG zu Recht angenommen, dass sich die Präsentation vor allem an junge Frauen und Mädchen im Teenageralter richtete und in erster Linie Fragen der Schwangerschaftsverhütung durch Einnahme der sog. "Pille" behandelt. Das "Anwendungsgebiet" war somit hinreichend klar umrissen, auch wenn daneben noch andere Methoden der Schwangerschaftsverhütung angesprochen wurden.
Es ist für die mittelbare Absatzwerbung grundsätzlich unerheblich, ob das beworbene Medikament in der Präsentation für den Patienten identifizierbar ist oder ob er dazu der Mithilfe des Arztes oder Apothekers bedarf. Im vorliegenden Fall richtete sich die Werbung auch an Frauen und Mädchen, die das Produkt schon kannten und aufgrund der Gestaltung der Internet-Präsentation unmittelbar einen Bezug zu dem Produkt "Pink Luna" herstellten. Somit war es unerheblich, dass die Farbe "Pink" im Internetauftritt an keiner Stelle unmittelbar mit einem Arzneimittel in Verbindung gebracht wurde.
Letztlich stellten die auf der angegriffenen Internet-Seite ausgelobten Music-Download Gutscheine, die als Bestandteil des "Pink Packs" über die an der Werbeaktion beteiligten Frauenärzte gewährt wurden, eine unzulässige Wertreklame (§ 7 Abs. 1 HWG) dar. Auf die Frage, wie hoch die Gewinnchancen sind und ob die von den Teilnehmer(innen) der Verlosung erbetenen persönlichen Informationen einen wirtschaftlichen Wert für die Beklagte darstellen, kam es nicht an. Diese Frage hätte nur dann Bedeutung, wenn sich die mit der Verlosung verbundene Umfrage an Fachkreise gerichtet hätte, weil dort aleatorische Werbung in den von § 7 HWG gesetzten Grenzen erlaubt ist.
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