Auch bei Verwertung über eine GbR besteht ein direkter Anspruch des Urhebers auf angemessene Vergütung
BGH 23.2.2012, I ZR 6/11Die Kläger sind Kommunikationsdesigner, die für Unternehmen und deren Produkte Kampagnen entwickeln. Zu diesem Zweck gründeten sie eine GbR, deren alleinige Gesellschafter sie sind. Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Sitzmöbel herstellt. Die GbR entwarf zwischen 1999 und 2005 für die Beklagte Anzeigenkampagnen, war für die Produkt- und Fachhändlerkommunikation verantwortlich und leistete Öffentlichkeitsarbeit. Die Parteien schlossen hinsichtlich der unterschiedlichen Projekte jeweils gesonderte Verträge ab. Die Beklagte zahlte die vereinbarte Vergütung. Im Jahr 2005 kam es zum Zerwürfnis zwischen den Klägern und der Beklagten, da die Kläger der Ansicht waren, die vereinbarte Vergütung sei nicht angemessen gewesen. Sie machten gem. § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG eine angemessene Vergütung von mind. 5,8 Mio. € geltend.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision der Kläger hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Zu Unrecht hatte das OLG angenommen, die Kläger seien grundsätzlich nicht berechtigt, die Beklagte auf Vertragsänderung in Anspruch zu nehmen, weil sie nicht Vertragspartner der in Rede stehenden Verträge seien.
Zwar war das Berufungsgericht richtigerweise davon ausgegangen, dass die Kläger die Beklagte nicht unmittelbar aus § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG auf Vertragsanpassung in Anspruch nehmen konnten, weil die Beklagte die hier in Rede stehenden Verträge nicht mit den Klägern als Gesamthandsgemeinschaft der Miturheber, sondern mit der GbR geschlossen hatte. Allerdings können Urheber, die ihre Werke durch eine GbR verwerten, deren alleinige Gesellschafter sie sind, in entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG von dem Vertragspartner der Gesellschaft die Einwilligung in die Änderung des Vertrages verlangen, soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist.
Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift - das Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage - sind bei solchen Fallgestaltungen regelmäßig erfüllt. Die Regelungslücke ist planwidrig, weil sie den Zielen des Gesetzes widerspricht. Die Bestimmung des § 32 UrhG ist durch das Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern geschaffen worden. Ziel dieses Gesetzes ist es, die durch das wirtschaftliche Ungleichgewicht der Vertragsparteien gestörte Vertragsparität zwischen Urhebern und Verwertern herzustellen. Dieser Zielsetzung widerspricht es, wenn die vertragliche Stellung von Urhebern, die ihre Werke gemeinsam verwerten, nicht grundsätzlich in gleicher Weise gestärkt wird, wie die vertragliche Stellung von Urhebern, die ihre Werke allein verwerten.
Die vom Berufungsgericht gegen eine entsprechende Anwendung des § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG gehegten Bedenken waren unbegründet. Wer mit einer GbR einen Vertrag über die Einräumung von Nutzungsrechten schließt, muss lediglich damit rechnen, von Urhebern, die bei Abschluss des Vertrags bereits Gesellschafter waren, wegen der Einräumung von Nutzungsrechten an ihren Werken aus § 32 Abs. 1 S. 3 UrhG in Anspruch genommen zu werden. Diese Voraussetzung war im vorliegenden Fall erfüllt. Im Übrigen können die Urheber keine Änderung des Vertrags erreichen, wenn die Gesellschaft einer solchen Änderung - etwa infolge eines Wechsels ihrer Gesellschafter - nicht zustimmt.
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