16.04.2012

Auch in Einzelhandelsbetrieben muss sachkundiges Personal zum Verkauf von Arzneimitteln zu den Öffnungszeiten bereitstehen

Zwar trifft den Einzelhandelsbetrieb keine gesetzliche Beratungspflicht, es muss aber eine Person bereitstehen, die in der Lage ist, bei Bedarf auf die Gefahren einer fehlerhaften bzw. missbräuchlichen Verwendung der zum Verkauf angebotenen Medikamente aufzuklären. Dies erfordert die Anwesenheit einer sachkundigen Person zu den Öffnungszeiten des betreffenden Einzelhandelsgeschäftes, da nur so eine jederzeitige Erreichbarkeit während der Verkaufszeit sichergestellt werden kann.

OVG Lüneburg 21.3.2012, 13 LA 190/11
Sachverhalt:
Die Klägerin, ein Einzelhandelsunternehmen, bietet in einer Filiale für den Verkehr außerhalb von Apotheken freigegebene Arzneimittel zur Selbstbedienung an. In dieser Filiale verfügen zwei Mitarbeiter über einen Sachkenntnisnachweis nach § 50 Abs. 2 AMG. Anlässlich einer Überprüfung der Filiale hatte die beklagte Behörde festgestellt, dass bei täglichen Öffnungszeiten von 7:00 Uhr bis 21:00 Uhr die kontinuierliche Anwesenheit sachkundigen Personals nicht gewährleistet war. Aus diesem Grunde ordnete sie an, eine weitere Person mit der erforderlichen Sachkenntnis zu bestimmen.

Das VG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung blieb vor dem OVG erfolglos.

Gründe:
Zu Recht war das VG davon ausgegangen, § 52 Abs. 3 AMG setze eine ständige Anwesenheit der sachkundigen Person während der normalen Öffnungszeiten des Einzelhandelsgeschäftes der Klägerin voraus.

Nach § 50 Abs. 1 AMG darf außerhalb von Apotheken Einzelhandel mit Arzneimitteln im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG, die zum Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, nur betrieben werden, wenn der Unternehmer, eine zur Vertretung des Unternehmers gesetzlich berufene oder eine von dem Unternehmer mit der Leitung des Unternehmens oder mit dem Verkauf beauftragte Person die erforderliche Sachkenntnis besitzt. Die erforderliche Sachkenntnis besitzt, wer Kenntnisse und Fertigkeiten über das ordnungsgemäße Abfüllen, Abpacken, Kennzeichnen, Lagern und Inverkehrbringen von Arzneimitteln, die zum Verkehr außerhalb der Apotheke freigegeben sind, sowie Kenntnisse über die für diese Arzneimittel geltenden Vorschriften nachweist.

Eine sachkundige Person steht i.S.d. Abs. 1 S. 2 zur Verfügung, wenn sie zur Beratung erreichbar ist. Aus der Übernahme der vom Ausschuss vorgeschlagenen Formulierung in den Gesetzestext wird deutlich, dass der Gesetzgeber den Verbrauchern durch die Anwesenheit einer sachkundigen Person die Möglichkeit einer Beratung einräumen wollte. Zwar trifft den Einzelhandelsbetrieb keine gesetzliche Beratungspflicht, es muss aber eine Person bereitstehen, die in der Lage ist, bei Bedarf auf die Gefahren einer fehlerhaften bzw. missbräuchlichen Verwendung der zum Verkauf angebotenen Medikamente aufzuklären.

Infolgedessen ist die Anwesenheit einer sachkundigen Person zu den Öffnungszeiten des betreffenden Einzelhandelsgeschäftes erforderlich, da nur so eine jederzeitige Erreichbarkeit während der Verkaufszeit sichergestellt werden kann. Dem hat das Gesetz auch dadurch Rechnung getragen, dass es für jede Betriebsstelle das Vorhandensein einer Person mit entsprechender Sachkunde vorschreibt. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es angesichts der auch von diesen Präparaten ausgehenden Gefahren gerechtfertigt, die Abgabe freiverkäuflicher Arzneimittel im Wege der Selbstbedienung außerhalb von Apotheken zuzulassen.

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