08.05.2012

Auslagenersatzklauseln der Sparkassen und Banken sind unwirksam

Die die Auslagenersatzklausel in Nr. 18 der AGB-Sparkassen sowie in Nr. 12 Abs. 6 der AGB-Banken im Bankverkehr mit Privatkunden (Verbrauchern) darf nicht verwendet werden, weil sie diese unangemessen benachteiligt und deswegen nach § 307 BGB unwirksam ist. Der Sparkasse bzw. Bank steht danach ein unzulässig über die gesetzlichen Schranken des § 670 BGB hinausgehender Aufwendungsersatzanspruch gegen ihre Kunden zu.

BGH 8.5.2012, XI ZR 61/11
Der Sachverhalt:
In den beiden parallel gelagerten Fällen machte der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, gegenüber den beklagten Kreditinstituten die Unwirksamkeit von - inhaltsgleichen - Klauseln aus den AGB der Beklagten geltend. Die beklagten Kreditinstitute - eine Sparkasse und eine Bank - verwenden gegenüber ihren Kunden in Nr. 18 AGB-Sparkassen und in Nr. 12 Abs. 6 AGB-Banken jeweils AGB-Klauseln, nach denen sie berechtigt sind,

"dem Kunden Auslagen in Rechnung zu stellen, die anfallen, wenn die [Sparkasse/Bank] in seinem Auftrag oder mutmaßlichen Interesse tätig wird (insbesondere für Ferngespräche, Porti) oder wenn Sicherheiten bestellt, verwaltet, freigegeben oder verwertet werden (insbesondere Notarkosten, Lagergelder, Kosten der Bewachung von Sicherungsgut)."

Der Kläger war der Ansicht, dass die Klauseln gegen § 307 BGB verstießen und nahm die Beklagten dahingehend in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Schließlich benachteiligten sie die Kunden entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen, weil der darin geregelte Auslagenersatz der Höhe nach völlig unbegrenzt sei und damit vom gesetzlichen Leitbild der für Auftragsverhältnisse sowie für die Geschäftsführung ohne Auftrag geltenden Regelung des § 670 BGB abweiche.

LG und OLG gaben in beiden Fällen der jeweiligen Klage statt. Die Revisionen der beklagten blieben vor dem BGH erfolglos.

Die Gründe:
Die angegriffenen Klauseln enthielten zwei voneinander zu trennende Regelungen, die jeweils einer Inhaltskontrolle i.S.v. § 307 BGB nicht standhielten.

Der erste Regelungsabschnitt der streitigen Klausel ("Die [Sparkasse/Bank] ist berechtigt, dem Kunden Auslagen in Rechnung zu stellen, die anfallen, wenn die [Sparkasse/Bank] in seinem Auftrag oder seinem mutmaßlichen Interesse tätig wird (insbesondere für Ferngespräche, Porti")) enthielt keine Preisabrede für eine entgeltliche Dienstleistung der Sparkasse bzw. Bank. Es ging vielmehr um Auslagenersatz für Tätigkeiten des Geldinstituts im Rahmen eines Auftrags (§§ 662 ff. BGB) oder einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 BGB). Nach der - auch im Rahmen einer GoA geltenden - Vorschrift des § 670 BGB kann der Beauftragte jedoch nur solche Aufwendungen ersetzt verlangen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf. Eine solche Einschränkung sahen die streitigen Klauseln hier allerdings nicht vor.

Sie konnte auch nicht im Wege der Auslegung, die am Verständnishorizont eines rechtsunkundigen durchschnittlichen Verbrauchers auszurichten ist, entnommen werden. Insbesondere ergab sie sich nicht allein aus dem Begriff der "Auslagen", der auch umgangssprachlich weitgehend mit demjenigen der "Aufwendungen" gleichgesetzt wird. Die bloße Anknüpfung an einen "Auftrag" des Kunden oder an dessen "mutmaßliches Interesse" war ebenfalls unerheblich, da sich hieraus nichts für die Frage der Erforderlichkeit konkret angefallener Kosten ergab.

Der zweite Regelungsabschnitt der streitigen Klausel ("oder wenn Sicherheiten bestellt, verwaltet, freigegeben oder verwertet werden (insbesondere Notarkosten, Lagergelder, Kosten der Bewachung von Sicherungsgut")) unterlag ebenfalls der Inhaltskontrolle. Denn nach BGH-Rechtsprechung sind gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB solche Klauseln kontrollfähig, durch die allgemeine Betriebskosten, Aufwand zur Erfüllung eigener Pflichten oder für Tätigkeiten im eigenen Interesse auf den Kunden abgewälzt werden. Und das traf auf den zweiten Regelungsabschnitt der angegriffenen Bestimmung zu.

Die gesetzliche Einschränkung, dass Aufwendungsersatz nur zum Zwecke der Ausführung des Auftrags (§ 670 BGB) bzw. nur dann verlangt werden kann, wenn die Übernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn entspricht, kam darin nicht zum Ausdruck. Sie ließ sich auch nicht im Wege der Auslegung - insbesondere auch hier nicht allein anhand des Auslagenbegriffs - entnehmen. Außerdem lagen die angeführten Tätigkeiten des Bestellens, Verwaltens und Verwertens von Sicherheiten allein im Interesse der Sparkasse bzw. Bank. Die Freigabe von Sicherheiten, mit der das Kreditinstitut regelmäßig nur einer eigenen Verpflichtung nachkommt, ist allerdings lediglich die Kehrseite ihrer Bestellung.

Linkhinweise:

  • Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 60 vom 8.5.2012
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