Avalkredit: Unter Kaufleuten kann eine Bearbeitungsgebühr durch AGB wirksam sein
LG Kleve 18.8.2015, 4 O 13/15Die Parteien hatten im November 2005 im unternehmerischen Rechtsverkehr einen Kreditrahmen über 900.000 € vereinbart, den die Klägerin von der Beklagten über zwei Kontokorrentkonten und einen Avalkredit in Anspruch nehmen konnte. Unter "weitere Bedingungen" auf Seite 2 des Vertrages vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin "eine einmalige, nicht laufzeitabhängige, sofort fällige Bearbeitungsgebühr i.H.v. 9.000 €" zahlen müsse. Außerdem vereinbarten die Parteien in den "Allgemeinen Kreditbedingungen", dass die Ansprüche aus dem Kreditvertrag nach Ablauf von fünf Jahren verjährten, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem diese Ansprüche fällig würden.
Die Beklagte erhob später die Einrede der Verjährung. Die Klägerin war der Ansicht, sie könne die Bearbeitungsgebühr von 9.000 € zurückverlangen, weil diese nicht wirksam vereinbart worden sei. Die Gebühr sei nicht individuell ausgehandelt worden. Es handele sich vielmehr um eine von der Beklagten gestellte AGB. Die Beklagte habe den Vertrag insgesamt vorformuliert und der Klägerin zur Unterschrift vorgelegt. Er habe nur in der abgefassten Form akzeptiert werden können. Der Anspruch sei nicht verjährt, weil die Frage der Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten erst im Jahr 2014 abschließend geklärt worden sei.
Das LG wies die Klage ab.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 9.000 € aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB.
Die Klägerin hatte die 9.000 € nicht ohne rechtlichen Grund an die Beklagte gezahlt. Rechtsgrund der Zahlung war die Vereinbarung aus 2005. Dabei konnte dahinstehen, ob die Parteien die Bearbeitungsgebühr individuell ausgehandelt hatten, oder ob diese als Allgemeine Geschäftsbedingung vereinbart worden war. Im kaufmännischen Rechtsverkehr ist die Vereinbarung einer Bearbeitungsgebühr bei Darlehensverträgen auch durch AGB möglich und verstößt nicht gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.
Das gesetzliche Leitbild des Darlehensvertrages unter Kaufleuten hat sich durch die Schuldrechtsreform nicht geändert. Vielmehr gilt für dieses nach wie vor § 354 HGB. § 354 Abs. 2 HGB sah (wie nunmehr auch § 488 Abs. 1 S. 2 BGB n.F.) bereits vor der Schuldrechtsform eine Verzinsungspflicht für Darlehen vor. Beim kaufmännischen Darlehen fehlt es mithin an einer Veränderung des gesetzlichen Leitbildes beim Darlehen, welches Grund für den Wechsel der BGH-Rechtsprechung beim Verbraucherdarlehen war. Gem. § 310 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB ist überdies bei der Klauselkontrolle auf die Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs angemessen Rücksicht zu nehmen und darüber hinaus den Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs Rechnung zu tragen, wenn es sich - wie hier - um einen Vertrag im vollkaufmännischen Rechtsverkehr handelt, der für beide Teile ein Handelsgeschäft i.S.d. §§ 343, 344 HGB ist.
Außerdem stellt eine in AGB vereinbarte Bearbeitungsgebühr keine unangemessene Benachteiligung des vollkaufmännischen Kreditnehmers dar. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - nicht (nur) ein gewöhnliches Kontokorrent-Darlehen, sondern (auch) ein Avalkredit gewährt wird. Bei einem Avalkredit fehlt es bereits an einer wesentlichen Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 354 HGB. Die Bank könnte bei einem Avalkredit auch ohne entsprechende Vereinbarung sowohl gem. § 354 Abs. 2 HGB Zinsen für diesen, als auch gem. § 354 Abs. 1 HGB eine Provision verlangen. Bei einem Avalkredit handelt es sich um eine sog. "Kreditleihe", bei der die Bank grundsätzlich nicht selbst das Darlehen gewährt, sondern einem Dritten die Rückzahlung durch ihren Kunden garantiert. Dies gleicht der Verschaffung eines mittelbaren Bankkredits durch einen Makler, der dafür ebenfalls sowohl Zinsen, als auch Provision nach § 354 HGB verlangen kann. Erlaubt das Gesetz dies bereits "ohne Verabredung", ist eine Vereinbarung in AGB erst recht zulässig.
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