10.01.2012

Bank und Initiator haften für Fehler im Prospekt des Medienfonds VIP 4

Per Musterentscheid hat der Senat für Kapitalanleger-Musterverfahren des OLG München zugunsten zahlreicher Anleger festgestellt, dass der Prospekt des Medienfonds VIP 4 teilweise unrichtig, unvollständig und irreführend ist. Verantwortlich für die erkannten Prospektfehler sind sowohl die UniCreditbank als auch der Fondsinitiator.

OLG München 30.12.2011, Kap 1/07
Der Sachverhalt:
Im März 2004 hatte die VIP Vermögensberatung München GmbH für die Beteiligung an der Film & Entertainment VIP Medienfonds 4 GmbH & Co. KG einen Prospekt veröffentlicht, der den potenziellen Anlegern dieses Fonds Einzelheiten der Anlage verdeutlichen sollte. Dieser kam in der Folge bei der Einwerbung von Anlegern auch zum Einsatz. Musterbeklagter zu 1) ist der Fondsinitiator, die Musterbeklagte zu 2) ist die UniCredit Bank AG, die früher als Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG firmierte. Die Kläger sind Anleger.

Die Musterbeklagten waren maßgeblich daran beteiligt, dass die Überweisungen der Gelder von der Fondsgesellschaft an die beteiligten Firmen abweichend von den Vorschriften des Prospekts erfolgten. Nur ca. 20 Prozent der Fondsgelder flossen in die Filmproduktion. Mit den restlichen rd. 80 Prozent sollte dagegen ein reines Einlagengeschäft bei einer Bank getätigt werden. Die Fondsgesellschaft sollte im Jahre 2014 einen festen Betrag erhalten, unabhängig von dem wirtschaftlichen Erfolg der Filme.

Ein derartiges Einlagengeschäft wäre aber steuerlich nicht als unternehmerische Beteiligung mit einer großen Verlustzuweisung an die Anleger anerkannt worden. Aus diesem Grund wurden die Verträge so gestaltet, dass die Gelder über diverse Firmen geleitet werden konnten, die sich mit der Filmproduktion befassten. Einen realistischen wirtschaftlichen Hintergrund hatte dies aber nicht. In steuerrechtlicher Hinsicht sind diese Vertragsgestaltungen nicht anzuerkennen.

Das OLG hat nun mit Musterbescheid festgestellt, dass der Prospekt insoweit unrichtig, unvollständig und irreführend ist, als das steuerrechtliche Anerkennungsrisiko, das Verlustrisiko und die Prognoserechnung fehlerhaft dargestellt worden sind. Das OLG hat darüber hinaus entschieden, dass die Musterbeklagten zu 1) und zu 2) hierfür verantwortlich sind, sie schuldhaft gehandelt haben und den Anlegern ein Anspruch auf Schadenersatz zustehen kann. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können, soweit sie ihre Feststellungsziele nicht erreicht haben, Rechtsbeschwerde zum BGH erheben.

Die Gründe:
Das gesamte Vorgehen ist als sog. Umgehungsgeschäft i.S.d. § 42 Abs. 1 AO zu werten. Dies bedeutet, dass die zu Grunde liegenden Geschäfte rechtlich und wirtschaftlich wirksam sind, sie aber in steuerrechtlicher Hinsicht nicht anerkannt werden, da ein Missbrauch der rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt. Davon ist auszugehen, wenn die gewählte vertragliche Gestaltung zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen ist.

Darüber hinaus wurde das tatsächlich bestehende Verlustrisiko gegenüber den Anlegern verharmlost. Der Fonds wurde als "Garantiefonds" bezeichnet, obwohl es keine Garantie gegenüber den Anlegern gab. Im Text wird wiederholt die Formulierung verwandt "Absicherung von 115 Prozent des Kommanditkapitals", obwohl keine derartige Absicherung existierte.

Auch die Prognoserechnung, die die Gewinnerwartung der Anleger beschreibt, ist fehlerhaft. Sie ist rechnerisch unrichtig und enthält eine Gewinnprognose, die mit großen Risiken behaftet ist. Mit dem eingesammelten Geld der Anleger sollte die erste Investition getätigt werden. Ausschüttungen sollten nicht erfolgen, sondern die Gewinne sollten reinvestiert werden. Die Gewinnprognose baut auf einer Vielzahl von diesen Re-Investitionen auf. Floppen die ersten Filmproduktionen, steht kein Geld mehr für die folgenden Re-Investitionen zur Verfügung und die gesamte Gewinnprognose bricht zusammen.

Die in dem Musterentscheid aufgeworfenen Fragen sind damit - soweit keine Rechtsmittel eingelegt werden - verbindlich für alle in der Bundesrepublik bei den Gerichten anhängigen Klagen um den Medienfonds VIP 4 geklärt, soweit sie auf Prospekthaftung gestützt werden.

Linkhinweis:

Auf den Webseiten des OLG München finden Sie die ausführliche Pressemitteilung hier.

OLG München PM Nr. 1 vom 9.1.2012
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