Banken dürfen von ihren Kunden keine Gebühren für Benachrichtigung über Nichteinlösung von Bankeinzügen verlangen
BGH 22.5.2012, XI ZR 290/11Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband. Die Beklagte ist eine Sparkasse. Der Kläger machte die Unwirksamkeit einer in den AGB der Beklagten verwendeten Klausel geltend. Auszugsweise heißt es dort:
"Über die Nichtausführung oder Rückgängigmachung der Belastungsbuchung ... oder die Ablehnung der Einlösung einer Einzugsermächtigung ... wird die Sparkasse den Kunden unverzüglich unterrichten. ... Für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung berechnet die Sparkasse das im Preis- und Leistungsverzeichnis ausgewiesene Entgelt."
Der Kläger war der Ansicht, die Klausel verstoße gegen § 307 BGB und nahm die Beklagte darauf in Anspruch, deren Verwendung gegenüber Privatkunden zu unterlassen. Das LG gab der Verbandsklage statt; das OLG wies sie ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung zurück.
Die Gründe:
Entgeltklauseln für die Benachrichtigung des Kunden über die Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift sind auch auf der Grundlage des neuen Zahlungsdiensterechts unwirksam.
Entgegen der Auffassung des OLG konnte die beanstandete Entgeltklausel nicht als eine der Inhaltskontrolle entzogene Preisabrede für eine Sonderleistung der beklagten Sparkasse angesehen werden. Vielmehr handelte es sich - wie der XI. Senat bereits im Jahr 2001 für Klauseln, die ein Entgelt für die Benachrichtigung über die Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift vorsehen, entschieden hatte - um eine nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle unterliegende Preisnebenabrede. Da die Nichteinlösung einer Lastschrift für den Kunden einschneidende Folgen haben kann, ist das Kreditinstitut aufgrund seiner girovertraglichen Schutz- und Treuepflicht bzw. der auftragsrechtlichen Informationspflicht zur Unterrichtung des Kunden verpflichtet.
Hieran hat sich auch entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts durch das am 31.10.2009 in Kraft getretene neue Zahlungsdiensterecht, mit dem die EU-Zahlungsdiensterichtlinie in deutsches Recht umgesetzt wurde, nichts geändert. Zwar ist das Kreditinstitut nunmehr gem. § 675o Abs. 1 S. 1 BGB ausdrücklich zur Unterrichtung des Kunde verpflichtet, wenn er die Ausführung eines Zahlungsauftrags ablehnt. Nach § 675o Abs. 1 S. 4 BGB, einer Ausnahmeregelung zum Grundsatz des § 675f Abs. 4 S. 2 BGB, kann er zudem für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung mit dem Kunden ein Entgelt vereinbaren. Bei der Einzugsermächtigungslastschrift in ihrer derzeitigen Ausgestaltung durch die Sonderbedingungen der Banken und Sparkassen fehlt es jedoch - im Unterschied zu den bereits vorab vom Kunden autorisierten SEPA-Lastschriften sowie der Abbuchungsauftragslastschrift - an einem vorherigen Zahlungsauftrag des Bankkunden i.S.v. § 675f Abs. 3 S. 2 BGB; vielmehr bedarf es hier stets einer nachträglichen Genehmigung durch den Kunden.
Der aus der girovertraglichen Schutz- und Treuepflicht (§ 242 BGB) bzw. der auftragsrechtlichen Informationspflicht (§ 675 Abs. 1, § 666 BGB) hergeleiteten Benachrichtigungspflicht des Kreditinstituts steht die von Art. 86 Abs. 1 der Zahlungsdiensterichtlinie geforderte Vollharmonisierung des nationalen Rechts mit dem EU-Recht nicht entgegen. Denn dieses gilt nicht für Sachverhalte, die von der Richtlinie nicht geregelt werden. So aber verhielt es sich in Bezug auf die hier betroffene Benachrichtigungsfrage bei der Einzugsermächtigungslastschrift. Zwar ist dieses Verfahren ein Lastschriftverfahren i.S.v. Art. 4 Nr. 28 der Richtlinie und ein Zahlungsdienst i.S.v. Art. 4 Nr. 3. Diese regelt jedoch nicht die Benachrichtigungspflicht des Kreditinstituts bei Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift, sondern nur die Informationspflichten im Fall der Ablehnung eines Zahlungsauftrags des Bankkunden, an dem es jedoch bei der Einzugsermächtigungslastschrift gerade fehlt.
Der hiernach eröffneten Inhaltskontrolle hielt die angegriffene Entgeltklausel nicht stand. Sie sah schließlich ein Entgelt für eine Tätigkeit vor, zu der die beklagte Sparkasse verpflichtet war. § 675o Abs. 1 S. 4 BGB, wonach der Zahlungsdienstleister mit dem Zahlungsdienstnutzer für die Unterrichtung über eine berechtigte Ablehnung ein Entgelt vereinbaren darf, war mangels des erforderlichen Zahlungsauftrags des Kunden auf das Einzugsermächtigungslastschriftverfahren weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar.
Auf die zwischen den Parteien des Weiteren streitige Frage, ob die angegriffene Klausel auch gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) verstößt, kam es nicht an.
Hintergrund:
Die heutige Entscheidung betrifft nur das Einzugsermächtigungsverfahren in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung. Sobald die Kreditwirtschaft - der Anregung im Urteil des XI. Senats vom 20.7.2010 folgend - durch Änderung der AGB das Einzugsermächtigungsverfahren ebenfalls auf eine Vorab-Autorisierung durch den Bankkunden umgestellt haben wird, kann auch für die Benachrichtigung über die berechtigte Nichteinlösung einer Einzugsermächtigungslastschrift nach § 675o Abs. 1 S. 4 BGB ein angemessenes Entgelt vereinbart werden. Die insoweit geänderten AGB der Kreditwirtschaft sollen nach derzeitigem Sachstand am 9.7.2012 in Kraft treten.
Linkhinweise:
- Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
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