Bei Wechsel des Hauptschuldners entfällt die Bürgenhaftung
OLG Frankfurt a.M. 16.9.2011, 19 U 78/11Die Firma Y-GmbH & Co. KG sollte zunächst Auftragnehmerin der von der Stadt vergebenen Bauleistungen sein. Diesbezüglich übernahm die Beklagte eine selbstschuldnerische (Rück-)Bürgschaft für die Inanspruchnahme der Klägerin aus einer in einem Kautionsversicherungsvertrag (revolvierender Avalkredit) übernommenen Bürgschaftsverpflichtung für gegen die Firma X-GmbH & Co. KG, die Versicherungsnehmerin der Klägerin, bestehenden Ansprüche aus einem Werkvertrag. Eine Klausel der Bürgschaftsvereinbarung bestimmte, dass ein Inhaberwechsel, eine Änderung der Firma oder eine Änderung der Rechtsform auf Seiten des Hauptschuldners den Bestand der Bürgschaft nicht berühren solle und insbesondere auch Ansprüche aus der künftigen Geschäftsverbindung mit den neuen Hauptschuldnern verbürgt sein sollten.
Den Bauvertrag über Kanal- und Straßenbauarbeiten schloss die Stadt allerdings mit einer aus der Versicherungsnehmerin der Klägerin und einer weiteren KG gebildeten Bietergemeinschaft in der Rechtsform einer GbR(im Folgenden: ARGE). Durch die streitgegenständlichen Bürgschaften der Klägerin wurden werkvertragliche Ansprüche der Stadt gegen die ARGE gesichert. Später wurde die Klägerin aus einer Mängelgewährleistungsbürgschaft sowie aus einer Vorauszahlungsbürgschaft von der Stadt in Anspruch genommen. Hinsichtlich dieser Beträge verlangte die Klägerin von der Beklagten Zahlung auf der Grundlage des mit der Beklagten geschlossenen Bürgschaftsvertrages. Die Rückbürgschaftsverpflichtung der Beklagten betraf Forderungen der Klägerin gegen die mittlerweile insolvente Versicherungsnehmerin der Klägerin, die Firma Y-GmbH Co. KG, im Rahmen der Kautionsversicherung auf Erstattung der eingelösten Bürgschaftsbeträge (Rückgriffsansprüche).
In der Folgezeit stritten die Parteien im Wesentlichen über die Rechtsfrage, ob die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten trotz Änderung der Person der Bürgschaftsgläubigerin auf der Grundlage des Kautionsversicherungsvertrages fortbesteht. Das LG gab der Zahlungsklage statt. Auf die Berufung der Beklagten hob das OLG das Urteil auf und wies die Klage ab. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.
Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus der von der Beklagten übernommenen Rückbürgschaftsvereinbarung.
Die Bürgschaft sichert grundsätzlich nur Verbindlichkeiten bestimmter Personen. Infolgedessen erstreckte sich die Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten nicht auf gegenüber der ARGE von der Klägerin übernommene Bürgschaften. Dies galt auch in Ansehung der Klausel der Bürgschaftsvereinbarung. Darin war zwar eine vom Regelfall der §§ 765, 767 BGB, wonach die Bürgschaft nur Verbindlichkeiten bestimmter Personen akzessorisch sichert, abweichende Bestimmung getroffen worden. Jedoch setzt diese Bestimmungen letztlich die zumindest wirtschaftliche Identität des Hauptschuldners als fortbestehend voraus. Diese bleibt bei einem Inhaberwechsel, einer Firmenänderung oder einer Rechtsformänderung, die letztlich Fälle einer Gesamtrechtsnachfolge darstellen, erhalten. Solch ein Fall liegt allerdings nicht vor, wenn, wie hier, unter bloßer Beteiligung der Hauptschuldnerin eine neue Rechtsperson entsteht.
Eine hierauf bezogene Erklärung der Bürgschaftsübernahme durch die Beklagte enthielt der Bürgschaftsvertrag nicht. Und dies ging zu Lasten der Klägerin. Zu Recht stellte die Beklagte insoweit auch darauf ab, dass die Parteien eine Regelung hinsichtlich der genannten Fälle für erforderlich hielten, obwohl diese im Vergleich zur Beteiligung des Hauptschuldners an einer GbR geringere Risiken für den Rückbürgen galten und daher der Umkehrschluss gerechtfertigt war, dass für andere Fälle eines Personenwechsels eine Bürgschaftsverpflichtung nicht bestehen sollte.
Eine Bürgschaftsverpflichtung der Beklagten ergab sich auch nicht aus dem rechtlichen Umstand, dass die im Kautionsversicherungsvertrag benannte Y-GmbH für die Verbindlichkeiten der rechtlich eine GbR begründende ARGE gem. §§ 714 BGB, 128 HGB akzessorisch haftete. Bei dieser Haftung handelte es sich nicht um eine durch die Bürgschaft zu sichernde Verpflichtung aus dem Werkvertrag mit der Stadt, sondern um eine gesellschaftsrechtlich begründete Verpflichtung. Die Y-GmbH & Co. KG war, entgegen der Ansicht der Klägerin, gegenüber der Stadt auch nicht unmittelbar zur Erfüllung der Mängel- und Gewährleistungsansprüche verpflichtet, die dieser nur gegen die ARGE als ihrer Vertragspartnerin zustanden. Insofern lag auch eine Änderung der Hauptverbindlichkeit vor.
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