Bei Werbeschreiben per Briefpost reicht Hinweis auf im Internet auffindbare AGB nicht aus ("Medienbruch")
OLG Düsseldorf v. 25.4.2024 - 20 UKI 1/24
Der Sachverhalt:
Die Beklagte, ein Telekommunikationsunternehmen, verschickte im Jahr 2023 eine Vielzahl von Werbeschreiben per papiergebundener Briefpost an potenzielle Kunden. Der Kläger, ein gemäß § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband, beanstandet als verbraucherschutzwidrig im Sinne des UKlaG insbesondere die Klausel:
"Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (abrufbar über www....)."
Dies führe nicht zu einer wirksamen Einbeziehung der AGB der Beklagten in einen Vertrag mit dem Kunden. Die Beklagte verschaffe dem Kunden nicht die Möglichkeit, von dem Inhalt der AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu erlangen (§ 305 Abs. 2 BGB). Unter der angegebenen Adresse erreiche man eine Webseite, auf der nicht unmittelbar die AGB zu lesen seien, diese öffneten sich vielmehr erst nach Drücken des "Download"-Symbols. Die Beklagte schreibe die Verbraucher per Briefpost an; die Kenntnisnahme von den AGB verlange von den Verbrauchern ein internetfähiges Gerät, in jedem Falle einen Medienbruch.
Das OLG hat der Beklagten antragsgemäß untersagt, die fragliche Klausel weiter zu verwenden. Die Revision wurde zugelassen.
Die Gründe:
Nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB werden Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil des Vertrages, wenn der Verwender u.a. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Das ist hier nicht der Fall.
Die Beklagte übersendet potentiellen Kunden das Werbeschreiben per Briefpost. Kunden, die das von der Beklagten vorformulierte, diese Klausel enthaltende Angebot abgeben wollen, müssen dies ebenfalls per Briefpost zurückschicken. In diesem Fall reicht ein Hinweis auf im Internet auffindbare AGB nicht aus. Zwar kann bei einer Bestellung eines Verbrauchers im Internet der Verweis auf dort leicht auffindbare AGB zur Kenntnisverschaffung ausreichen. Im Vorliegenden Fall stellte dies jedoch einen Medienbruch dar.
Es spricht einiges dafür, dass bereits der Medienbruch eine Kenntnisnahme unzumutbar erschwert, zumal dieser unnötig ist; die AGB könnten dem Werbeschreiben ohne Probleme beigefügt werden. Hinzu kommt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die angeschriebenen Personen über ein internetfähiges und an das Internet angeschlossenes Gerät besitzen. Die angeschriebenen Personen haben zwar bereits einen Festnetzanschluss, wie sich u.a. aus der Angabe der Telefonnummer ergibt. Es mag auch sein, dass heutzutage Telefontarife ohne Internetzugang nicht mehr angeboten werden. Dies besagt jedoch nichts dazu, dass der potentielle Kunde tatsächlich Zugriff auf ein internetfähiges Gerät hat. Der beworbene Tarif umfasst zwar ausweislich der Vertragszusammenfassung auch Internetdienstleistungen, diese werden in der Bewerbung jedoch nicht in den Vordergrund gestellt. Wie aus den Beschwerdeschreiben über die Schreiben der Beklagten hervorgeht, handelt es sich bei den Angeschriebenen auch um ältere Personen. Der Zugang zum Internet ist zwar gegenüber früher erheblich selbstverständlicher geworden, der Senat hält es aber für zu weitgehend, daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, die Verkehrskreise ohne Internetzugang verweigerten sich bewusst einer naheliegenden Informationsquelle und müssten die sich daraus ergebenden Folgen tragen.
Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des BGH (Urt. v. 11.3.2009 - I ZR 194/06 - Geld-zurück-Garantie II) verweist, geht dies fehl. Zwar hat das Gericht den Verweis in einer Fernsehsendung auf eine konkret bezeichnete Webseite zu näheren Einzelheiten einer Verkaufsförderungsmaßnahme für ausreichend gehalten. Die Frage ist jedoch nunmehr in § 5a Abs. 3 UWG dahingehend geklärt, dass wegen näherer Einzelheiten nur dann auf andere Quellen verwiesen werden kann, wenn diese den räumlichen Rahmen des gewählten Kommunikationsmittels sprengen würden. Lässt das gewählte Kommunikationsmittel - wie hier - jedoch eine umfassende Aufklärung zu, ist ein Medienbruch unzulässig.
Die Revision wird zugelassen. Die Frage, ob heutzutage der Verweis in papiergebundenen Schreiben an Verbraucher auf im Internet abrufbare AGB zu deren Einbeziehung ausreichen oder nicht, ist nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
Wesentliche Informationen bei Warensortiments-Preiswerbung
BGH vom 27.7.2017 - I ZR 153/16
MDR 2018, 354
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Die Beklagte, ein Telekommunikationsunternehmen, verschickte im Jahr 2023 eine Vielzahl von Werbeschreiben per papiergebundener Briefpost an potenzielle Kunden. Der Kläger, ein gemäß § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband, beanstandet als verbraucherschutzwidrig im Sinne des UKlaG insbesondere die Klausel:
"Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (abrufbar über www....)."
Dies führe nicht zu einer wirksamen Einbeziehung der AGB der Beklagten in einen Vertrag mit dem Kunden. Die Beklagte verschaffe dem Kunden nicht die Möglichkeit, von dem Inhalt der AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu erlangen (§ 305 Abs. 2 BGB). Unter der angegebenen Adresse erreiche man eine Webseite, auf der nicht unmittelbar die AGB zu lesen seien, diese öffneten sich vielmehr erst nach Drücken des "Download"-Symbols. Die Beklagte schreibe die Verbraucher per Briefpost an; die Kenntnisnahme von den AGB verlange von den Verbrauchern ein internetfähiges Gerät, in jedem Falle einen Medienbruch.
Das OLG hat der Beklagten antragsgemäß untersagt, die fragliche Klausel weiter zu verwenden. Die Revision wurde zugelassen.
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Nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB werden Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann Bestandteil des Vertrages, wenn der Verwender u.a. der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen. Das ist hier nicht der Fall.
Die Beklagte übersendet potentiellen Kunden das Werbeschreiben per Briefpost. Kunden, die das von der Beklagten vorformulierte, diese Klausel enthaltende Angebot abgeben wollen, müssen dies ebenfalls per Briefpost zurückschicken. In diesem Fall reicht ein Hinweis auf im Internet auffindbare AGB nicht aus. Zwar kann bei einer Bestellung eines Verbrauchers im Internet der Verweis auf dort leicht auffindbare AGB zur Kenntnisverschaffung ausreichen. Im Vorliegenden Fall stellte dies jedoch einen Medienbruch dar.
Es spricht einiges dafür, dass bereits der Medienbruch eine Kenntnisnahme unzumutbar erschwert, zumal dieser unnötig ist; die AGB könnten dem Werbeschreiben ohne Probleme beigefügt werden. Hinzu kommt, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die angeschriebenen Personen über ein internetfähiges und an das Internet angeschlossenes Gerät besitzen. Die angeschriebenen Personen haben zwar bereits einen Festnetzanschluss, wie sich u.a. aus der Angabe der Telefonnummer ergibt. Es mag auch sein, dass heutzutage Telefontarife ohne Internetzugang nicht mehr angeboten werden. Dies besagt jedoch nichts dazu, dass der potentielle Kunde tatsächlich Zugriff auf ein internetfähiges Gerät hat. Der beworbene Tarif umfasst zwar ausweislich der Vertragszusammenfassung auch Internetdienstleistungen, diese werden in der Bewerbung jedoch nicht in den Vordergrund gestellt. Wie aus den Beschwerdeschreiben über die Schreiben der Beklagten hervorgeht, handelt es sich bei den Angeschriebenen auch um ältere Personen. Der Zugang zum Internet ist zwar gegenüber früher erheblich selbstverständlicher geworden, der Senat hält es aber für zu weitgehend, daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, die Verkehrskreise ohne Internetzugang verweigerten sich bewusst einer naheliegenden Informationsquelle und müssten die sich daraus ergebenden Folgen tragen.
Soweit die Beklagte auf die Entscheidung des BGH (Urt. v. 11.3.2009 - I ZR 194/06 - Geld-zurück-Garantie II) verweist, geht dies fehl. Zwar hat das Gericht den Verweis in einer Fernsehsendung auf eine konkret bezeichnete Webseite zu näheren Einzelheiten einer Verkaufsförderungsmaßnahme für ausreichend gehalten. Die Frage ist jedoch nunmehr in § 5a Abs. 3 UWG dahingehend geklärt, dass wegen näherer Einzelheiten nur dann auf andere Quellen verwiesen werden kann, wenn diese den räumlichen Rahmen des gewählten Kommunikationsmittels sprengen würden. Lässt das gewählte Kommunikationsmittel - wie hier - jedoch eine umfassende Aufklärung zu, ist ein Medienbruch unzulässig.
Die Revision wird zugelassen. Die Frage, ob heutzutage der Verweis in papiergebundenen Schreiben an Verbraucher auf im Internet abrufbare AGB zu deren Einbeziehung ausreichen oder nicht, ist nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen.
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