27.01.2025

Beträchtliche Leistungskürzung wegen Wasserschaden bei Leerstand und Aufforderung an Dritte zur Kontrolle

Steht ein Gebäude während des Winters leer und hat der Versicherungsnehmer die wasserführenden Leitungen nicht entleert oder abgesperrt, sondern lediglich Dritte zur Kontrolle aufgefordert, und kommt es daraufhin zu einem Wasserschaden, handelt der Versicherungsnehmer grob fahrlässig. Sein Verhalten liegt in diesem Fall nahe an vorsätzlichem Handeln, es liegt jedoch kein völliges Untätigbleiben vor, so dass eine Leistungskürzung i.H.v. 75 % gerechtfertigt ist.

OLG Frankfurt a.M. v. 7.8.2024 - 7 U 251/20
Der Sachverhalt:
Für das versicherte Gebäude unterhielt der Versicherungsnehmer seit dem 1.3.2016 eine Wohngebäudeversicherung. Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen der Beklagten (VGB 2003) zugrunde lagen. Nach § 24 Ziffer 1 c) VGB 2003 hat der Versicherungsnehmer nicht genutzte Gebäude oder Gebäudeteile genügend häufig zu kontrollieren und dort alle wasserführenden Anlagen und Einrichtungen abzusperren, zu entleeren und entleert zu halten. Nach § 24 Ziffer 2 VGB 2003 hat er bei Verletzung einer der Sicherheitsvorschriften keinen Versicherungsschutz, wenn der Versicherer von seinem Recht Gebrauch macht, den Vertrag innerhalb eines Monats ab Kenntnis von der Verletzung der Sicherheitsvorschrift fristlos zu kündigen. Der Versicherer hat kein Kündigungsrecht und der Versicherungsschutz bleibt bestehen, wenn die Sicherheitsvorschrift weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt wurde.

Am 26.1.2017 wurde in dem versicherten Anwesen ein Leitungswasserschaden entdeckt. Schadensursache waren Frostaufplatzungen. Das Anwesen stand seit November 2016 leer. Der Versicherungsnehmer hat seine Ansprüche gegen die Beklagte aus der Gebäudeversicherung an die Klägerin abgetreten. Diese behauptete, das Anwesen sei vor dem Frostschaden beheizt gewesen und auch regelmäßig begangen worden. Ursache des Schadens sei ein technischer Defekt an der Heizung gewesen. Von November 2016 bis 26.1.2017 sei mindestens zweimal wöchentlich jemand (Z.) in dem versicherten Gebäude gewesen. Gegen eine Auskühlung des gesamten Gebäudes spreche, dass die Fußbodenheizung im Erdgeschoss nicht eingefroren gewesen sei.

Die beklagte Versicherung behauptete, Schadensursache sei ein Verstoß gegen die Sicherheitsvorschriften gewesen, alle wasserführenden Anlagen und Leitungen zu entleeren, entleert zu halten und abzusperren. Dadurch sei der Versicherungsfall jedenfalls grob fahrlässig herbeigeführt worden. Der Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften rechtfertige eine Leistungskürzung von 100 %.

Das LG hat u.a. festgestellt, dass die Beklagte mit einem Haftungsanteil von 75 % aus dem Versicherungsvertrag gegenüber der Klägerin verpflichtet sei. Auf die Berufungen beider Parteien hat das OLG das Urteil abgeändert und den Haftungsanteil der Beklagten auf 25 % gesenkt.

Die Gründe:
Führt der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbei, ist der Versicherer nach § 81 Abs. 2 VVG berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Und so lag der Fall hier.

Der Versicherungsnehmer selbst hatte nichts unternommen, um Frostschäden vorzubeugen. Er hat lediglich vorgetragen, das Gebäude mehrfach betreten zu haben; zu welchem Zweck dies geschehen sein soll und wie oft, ist unklar geblieben und war im Übrigen bestritten. Der Versicherungsnehmer hatte zudem subjektiv grob fahrlässig gehandelt. Es war nicht ersichtlich, dass er den Z. über den bloßen Hinweis hinaus, dass er selbst nicht für eine Beheizung sorgen werde, weitere Vorgaben zu Art und Umfang von Kontrollen oder zur Entleerung und Absperrung der wasserführenden Leitungen gemacht hatte. Ebenso war nicht ersichtlich, dass er selbst den Z. oder die von diesen getroffenen Maßnahmen kontrolliert hatte. Der Versicherungsnehmer hatte vielmehr allem Anschein nach auf ein entsprechendes Verhalten des Z. gesetzt. Sein Verhalten lag nahe an vorsätzlichem Handeln.

Die Beklagte war wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls nach § 81 Abs. 2 VVG zu einer Kürzung der Leistung berechtigt. Die von dem LG angenommene Kürzung um lediglich 25 % war allerdings angesichts des Verhaltens des Versicherungsnehmers nicht angemessen. In Abwägung aller Umstände war vielmehr eine Kürzung der Leistung um 75 %, mithin auf 25 % angemessen. Es wäre nach den VGB 2003 geboten gewesen, die Leitungen des leerstehenden Gebäudes abzusperren und zu entleeren. Dies hatte der Versicherungsnehmer selbst unterlassen und auch nicht dem Z. übertragen. Vielmehr hatte er ihm lediglich die Beheizung des Gebäudes nahegelegt. Da kein völliges Untätigbleiben vorlag, war eine Leistungskürzung i.H.v. 75 % und nicht von 100 % gerechtfertigt.

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Aufsatz:
Ausgewählte neuere Rechtsprechung in der gewerblichen und industriellen Versicherung 2023/2024
Christian Schneider / Thomas Fausten, VersR 2024, 917

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