BGH wendet erstmals AGG auf GmbH-Geschäftsführer an
BGH 23.4.2012, II ZR 163/10Der Kläger war bis zum Ablauf seiner Amtszeit am 31.8.2009 der medizinische Geschäftsführer der beklagten Kliniken der Stadt Köln, einer GmbH. Die Anteile an dieser Gesellschaft werden von der Stadt Köln gehalten. Der Aufsichtsrat der Gesellschaft hat über den Abschluss, die Aufhebung und die Änderung des Dienstvertrags der Geschäftsführer zu entscheiden.
In dem mit einer Laufzeit von fünf Jahren abgeschlossenen Dienstvertrag des Klägers war vereinbart, dass die Vertragsparteien spätestens zwölf Monate vor Vertragsablauf mitteilten, ob sie zu einer Verlängerung des Vertragsverhältnisses bereit waren. Der Aufsichtsrat der Beklagten beschloss im Oktober 2008, das Anstellungsverhältnis mit dem im Zeitpunkt der (regulären) Vertragsbeendigung 62 Jahre alten Kläger nicht über den 31.8.2009 hinaus fortzusetzen. Die Stelle des medizinischen Geschäftsführers wurde vielmehr mit einem 41-jährigen Mitbewerber besetzt.
Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm der Neuabschluss seines Dienstvertrags sowie die weitere Bestellung als Geschäftsführer nur aus Altersgründen versagt worden seien und dass diese Entscheidung gegen das Altersdiskriminierungsverbot des am 18.8.2006 in Kraft getretenen AGG verstoße. Er verlangt mit dieser Begründung Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens.
Das LG wies die Klage ab; das OLG gab ihr im Wesentlichen statt, sprach statt des beantragten Ersatzes des immateriellen Schadens i.H.v. 110.000 € jedoch nur 36.600 zu. Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Revision ein. Der BGH bestätigte die Entscheidung des OLG, wonach der Kläger in unzulässiger Weise wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Gleichwohl hob er das Berufungsurteil aufgrund von Fehlern bei der Feststellung dieses Schadens auf und verwies die Sache insoweit an das OLG zurück.
Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz seines Vermögensschadens und auf Entschädigung wegen seines immateriellen Schadens.
Nach § 6 Abs. 3 AGG findet das Gesetz Anwendung auf Geschäftsführer einer GmbH, soweit es um den Zugang zu dem Geschäftsführeramt und um den beruflichen Aufstieg geht. In dem Beschluss, den Kläger nach dem Auslaufen seiner Bestellung nicht weiter als Geschäftsführer zu beschäftigen, war vorliegend eine Entscheidung über den Zugang zu dem Amt zu sehen.
Entsprechend der Beweislastregel des § 22 AGG muss der Bewerber nur Indizien beweisen, aus denen sich eine Diskriminierung ergibt. Das Unternehmen hat dann zu beweisen, dass der Bewerber nicht wegen seines Alters oder aus anderen unzulässigen Gründen benachteiligt worden ist. Hier hatte der Aufsichtsratsvorsitzende gegenüber der Presse erklärt, dass der Kläger wegen seines Alters nicht weiterbeschäftigt worden sei. Man habe wegen des "Umbruchs auf dem Gesundheitsmarkt" einen Bewerber gewählt, der das Unternehmen "langfristig in den Wind stellen" könne.
Dies ist als ausreichend für die Beweislastumkehr nach § 22 AGG anzusehen. Die Beklagte hat den damit ihr obliegenden Gegenbeweis nicht geführt. Darüber hinaus war die Diskriminierung des Klägers wegen seines Alters auch nicht aus den im AGG vorgesehenen Gründen gerechtfertigt.
Linkhinweis:
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