Bundestagswahl: Weitersendung der Berliner Runde urheberrechtswidrig
OLG Köln v. 21.10.2022 - 6 U 61/22
Der Sachverhalt:
Die antragstellende öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt betreibt unterschiedliche mediale Angebote, darunter das bundesweit ausgestrahlte Fernsehprogramm ZDF. Die Antragsgegnerin zu 1) ist ein Medienunternehmen und als solches ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Antragsgegnerin zu 3), die ihrerseits ein großes europäisches Verlagshaus und Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin zu 2) ist. Gegenstand der Antragsgegnerin zu 2) ist die Entwicklung, Erstellung, Verbreitung und Vermarktung von Multimedia-Inhalten auf unterschiedlichen Medienplattformen.
Am Tag der Bundestagswahl strahlte die Antragstellerin im Rahmen ihres Fernsehprogramms u.a. die Wahlberichterstattung "Berliner Runde" aus, welche zwischen 20:15 und 21:15 Uhr gesendet wurde. Die ersten 13 Minuten der Sendung wurden auf dem von der Antragsgegnerin zu 1) betriebenen Fernsehsender zeitgleich zwischen 20:15 und 20:28 Uhr gezeigt und auf einer Webseite im Internet sowie über YouTube bereitgehalten. Hiergegen wendet sich die die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Das LG gab dem Antrag statt und untersagt es der Antragsgegnerin zu 1), Ausschnitte der Funksendung "Berliner Runde" der Antragstellerin ohne Zustimmung der Berechtigten zu senden und/oder senden zu lassen. Den Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) verbot es, Ausschnitte der bezeichneten Funksendung ohne Zustimmung der Berechtigten öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen. Der Widerspruch der Antragsgegnerinnen hatte vor dem LG ebenso wenig Erfolg wie die vorliegende Berufung vor dem OLG.
Die Gründe:
Die Antragstellerin hat einen Unterlassungsanspruch aus §§ 97, 87 Abs. 1 UrhG.
Die Antragsgegnerinnen haben in die Rechte der Antragstellerin eingegriffen. Dies betrifft zunächst das Recht der Weitersendung; ungeachtet der am Sendesignal vorgenommenen optischen Änderungen und eingeblendeten inhaltlichen Ergänzungen liegt eine Weitersendung durch die Antragsgegnerin zu 1) vor. Seitens der Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) ist ein Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung hinsichtlich des Senderechts der Antragstellerin erfolgt.
Die Eingriffe sind auch rechtswidrig, namentlich führen die Schrankenregelung der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) und das Zitatrecht (§ 51 UrhG) zu keinem anderen Ergebnis. Die Berichterstattung der Antragsgegnerinnen betrifft schon nicht ein im Laufe eines Tagesereignisses wahrnehmbar gewordenes Werk, zudem hat sich der von der Antragstellerin beanstandete Eingriff in das Recht des Sendeunternehmens nicht in einem durch ihren Zweck gebotenen Umfang gehalten.
Die Berichterstattung ist gem. § 50 UrhG nur dann privilegiert, wenn sie verhältnismäßig ist; hieran fehlt es, da die 13-minütige Weitersendung auch unter Berücksichtigung des hohen Informationsinteresses der Öffentlichkeit nicht erforderlich war. Vielmehr hätten ohne Verfehlung des Informationszwecks auch einzelne pointierte Aussagen der Politiker dargestellt werden können, auch wenn hierfür ein gewisser zeitlicher Versatz notwendig gewesen wäre. Das Zitatrecht nach § 51 UrhG streitet nicht für die Antragstellerin, da der Umfang der Darstellung vom Zitatzweck nicht umfasst ist.
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Kurzbeitrag:
Die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt
Christine Libor / Ralph Schmidkonz, AfP 2022, 400
Aufsatz:
Aktuelle Entscheidungen zum Presserecht
Marvin Schumacher, AfP 2022, 395
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OLG Köln PM vom 24.10.2022
Die antragstellende öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt betreibt unterschiedliche mediale Angebote, darunter das bundesweit ausgestrahlte Fernsehprogramm ZDF. Die Antragsgegnerin zu 1) ist ein Medienunternehmen und als solches ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Antragsgegnerin zu 3), die ihrerseits ein großes europäisches Verlagshaus und Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin zu 2) ist. Gegenstand der Antragsgegnerin zu 2) ist die Entwicklung, Erstellung, Verbreitung und Vermarktung von Multimedia-Inhalten auf unterschiedlichen Medienplattformen.
Am Tag der Bundestagswahl strahlte die Antragstellerin im Rahmen ihres Fernsehprogramms u.a. die Wahlberichterstattung "Berliner Runde" aus, welche zwischen 20:15 und 21:15 Uhr gesendet wurde. Die ersten 13 Minuten der Sendung wurden auf dem von der Antragsgegnerin zu 1) betriebenen Fernsehsender zeitgleich zwischen 20:15 und 20:28 Uhr gezeigt und auf einer Webseite im Internet sowie über YouTube bereitgehalten. Hiergegen wendet sich die die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Das LG gab dem Antrag statt und untersagt es der Antragsgegnerin zu 1), Ausschnitte der Funksendung "Berliner Runde" der Antragstellerin ohne Zustimmung der Berechtigten zu senden und/oder senden zu lassen. Den Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) verbot es, Ausschnitte der bezeichneten Funksendung ohne Zustimmung der Berechtigten öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen. Der Widerspruch der Antragsgegnerinnen hatte vor dem LG ebenso wenig Erfolg wie die vorliegende Berufung vor dem OLG.
Die Gründe:
Die Antragstellerin hat einen Unterlassungsanspruch aus §§ 97, 87 Abs. 1 UrhG.
Die Antragsgegnerinnen haben in die Rechte der Antragstellerin eingegriffen. Dies betrifft zunächst das Recht der Weitersendung; ungeachtet der am Sendesignal vorgenommenen optischen Änderungen und eingeblendeten inhaltlichen Ergänzungen liegt eine Weitersendung durch die Antragsgegnerin zu 1) vor. Seitens der Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) ist ein Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung hinsichtlich des Senderechts der Antragstellerin erfolgt.
Die Eingriffe sind auch rechtswidrig, namentlich führen die Schrankenregelung der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) und das Zitatrecht (§ 51 UrhG) zu keinem anderen Ergebnis. Die Berichterstattung der Antragsgegnerinnen betrifft schon nicht ein im Laufe eines Tagesereignisses wahrnehmbar gewordenes Werk, zudem hat sich der von der Antragstellerin beanstandete Eingriff in das Recht des Sendeunternehmens nicht in einem durch ihren Zweck gebotenen Umfang gehalten.
Die Berichterstattung ist gem. § 50 UrhG nur dann privilegiert, wenn sie verhältnismäßig ist; hieran fehlt es, da die 13-minütige Weitersendung auch unter Berücksichtigung des hohen Informationsinteresses der Öffentlichkeit nicht erforderlich war. Vielmehr hätten ohne Verfehlung des Informationszwecks auch einzelne pointierte Aussagen der Politiker dargestellt werden können, auch wenn hierfür ein gewisser zeitlicher Versatz notwendig gewesen wäre. Das Zitatrecht nach § 51 UrhG streitet nicht für die Antragstellerin, da der Umfang der Darstellung vom Zitatzweck nicht umfasst ist.
Kurzbeitrag:
Die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der digitalen Welt
Christine Libor / Ralph Schmidkonz, AfP 2022, 400
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Aktuelle Entscheidungen zum Presserecht
Marvin Schumacher, AfP 2022, 395
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