09.11.2021

D&O Versicherung für früheren Wirecard-Chef umfasst auch vorläufige Deckung für PR-Kosten

Die D&O-Versicherung des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG umfasst bei kritischer Medienberichterstattung und auf Grund dessen drohendem karrierebeeinträchtigenden Reputationsschaden auch vorläufigen Deckungsschutz für Public-Relations-Kosten. Dies beinhaltet die Kosten der Beauftragung einer PR-Agentur sowie presserechtlich spezialisierter Rechtsanwälte

OLG Frankfurt a.M. v. 5.11.2021 - 7 U 96/21
Der Sachverhalt:
Der Kläger, ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Wirecard AG, nimmt die Beklagte auf Deckung von PR-Kosten aus einer Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) in Anspruch. Diese hatte Wirecard bei der Beklagten für ihre Organmitglieder und Leitende Angestellte abgeschlossen.

Gegen den Kläger wird ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft München u.a. wegen des Verdachts des bandenmäßigen Betrugs, der Bilanzfälschung, Marktmanipulation und Verstößen gegen das WpHG geführt. Er befindet sich seit Sommer 2020 in Untersuchungshaft und weist die erhobenen Vorwürfe zurück. Die im Ermittlungsverfahren erhobenen Vorwürfe sind Gegenstand zahlreicher kritischer Medienberichte. Der Kläger beauftragte eine auf Presserecht spezialisierte Kanzlei sowie eine Presseagentur.

Die insoweit anfallenden Kosten verlangt der Kläger von der beklagten Versicherung ersetzt. Die Beklagte lehnte die Deckung u.a. mit der Begründung ab, dass PR-Kosten nur in Bezug auf eine Berichterstattung über die zivilrechtliche Inanspruchnahme des Klägers, nicht aber in Bezug auf das strafrechtliche Ermittlungsverfahren zu ersetzen seien.

Das LG wies den auf Gewährung vorläufigen Deckungsschutzes für PR-Kosten gerichteten Eilantrag zurück. Auf die Berufung des Klägers gab das OLG dem Antrag überwiegend statt. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die Gründe:
Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von vorläufigem Versicherungsschutz für PR-Kosten. Gemäß den Versicherungsbedingungen sind PR-Kosten gedeckt, wenn einer versicherten Person "durch kritische Medienberichterstattung über einen versicherten Haftpflicht-Versicherungsfall ein karrierebeeinträchtigender Reputationsschaden" droht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Berichterstattung sich mit dem Versicherungsfall einer konkreten zivilrechtlichen Inanspruchnahme (Haftpflicht-Versicherungsfall) befasst oder sich auf den durch das Ermittlungsverfahren ausgelösten Versicherungsfall (Verfahrensrechtsschutz-Versicherungsfall) bezieht.

Bei verständiger Auslegung der Versicherungsbedingungen soll gerade Schutz vor existenzieller Beschädigung des Ansehens im Zusammenhang mit strafrechtlichen Vorwürfen gewährt werden. Soweit die Berichterstattung nicht ohnehin im Rahmen zulässiger Verdachtsberichterstattung hinzunehmen ist und durch die Einschaltung einer PR-Agentur oder durch gerichtliche Maßnahmen abgewendet oder gemindert werden kann, wird dem Versicherten ausdrücklich umfassender Reputationsschutz zugesagt.

Der Kläger kann damit Deckung der erforderlichen und angemessenen Kosten verlangen, die durch die Beauftragung einer Rechtsanwaltskanzlei sowie der PR-Agentur entstehen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des zugesagten vorläufigen Deckungsschutzes, zu dem der Senat bereits in seinem Urteil vom 7.7.2021 (7 U 19/21) eine Entscheidung getroffen hat. Ein Zuwarten auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist nicht zumutbar, da etwaige Rechtsverletzungen kurzfristige Reaktionen erfordern.

Mehr zum Thema:

Ihrig/Schäfer, Rechte und Pflichten des Vorstands, 2. Aufl. 2020
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 69 vom 8.11.2021
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