01.10.2024

Darstellung einer Corona-Maske mit Hakenkreuz in einem Social-Media-Post ist strafbar

Wer auf Social-Media-Kanälen im Internet in sog. Posts Hakenkreuz-Symbole auf einer Corona-Schutzmaske publiziert, macht sich wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen schuldig. Das "kommunikative Tabu" muss nach dem Willen des Gesetzgebers aufrechterhalten werden, damit keine Gewöhnung an derartige Symbole eintritt.

KG Berlin v. 30.9.2024 - 2 ORs 14/24
Der Sachverhalt:
Der 63-jährige Angeklagte hatte im August 2022 auf der Internetplattform "Twitter" zwei sog. Posts veröffentlicht, auf denen jeweils ein Text nebst einer medizinischen Mund-Nasen-Bedeckung sichtbar war, die mittig die Abbildung eines Hakenkreuzes aufwies. Das AG hat den Angeklagten in erster Instanz von dem Vorwurf des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen i.S.d. § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB freigesprochen. Es war der Ansicht, dass der Angeklagte das Hakenkreuz in ablehnendem Kontext genutzt habe. Dadurch sei der Schutzzweck des § 86a StGB nicht verletzt worden.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat das KG das Urteil des AG aufgehoben und den Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen schuldig gesprochen. Hinsichtlich des Strafausspruchs hat das KG das Verfahren an eine andere Abteilung des AG zurückverwiesen, d.h. eine andere Richterin oder ein anderer Richter als in der ersten Instanz hat nun über die Höhe der Strafe zu befinden.

Die Gründe:
Die Verneinung der Strafbarkeit in diesem Zusammenhang war rechtsfehlerhaft.

Der Schutzzweck des Gesetzes dient schließlich der Verbannung der Nutzung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen aus dem Bild des politischen Lebens unabhängig von der dahinter stehenden Absicht. Lediglich die Regelung in § 86a Abs. 3 StGB i.V.m. § 86a Abs. 4 StGB (sog. Sozialadäquanzklausel) lässt gewisse Ausnahmen zu. Dann muss allerdings aus Sicht eines objektiven Betrachters der Wille erkennbar sein, die Wiederbelebung nationalsozialistischen Gedankenguts gerade verhindern zu wollen.  Die ablehnende Haltung muss für einen objektiven Betrachter eindeutig und unmissverständlich sein.

Das Handeln des Angeklagten war allerdings nicht durch die Sozialadäquanzklausel gedeckt. Das Hakenkreuz als eines der Hauptkennzeichen der verbotenen nationalsozialistischen Arbeiterpartei (NSDAP) wurde hier ausschließlich dazu genutzt, um Kritik an der Corona-Politik der Bundesregierung zu äußern; eine eindeutige Abkehr von den Idealen des Nationalsozialismus war in den verfahrensgegenständlichen Posts nicht erkennbar. Auch der Vergleich von Corona-Maßnahmen, die durch die Verwendung der Mund-Nasen-Bedeckung verkörpert werden sollten, mit dem durch das Hakenkreuz symbolisierten NS-Terrorregime stellte vielmehr eine Verharmlosung des Nationalsozialismus und des nationalsozialistischen Völkermordes an Millionen Juden dar, nicht aber eine Kritik daran.

Zudem hatte der Angeklagte mit seinen Posts nicht den Zweck verfolgt, objektiv über Vorgänge des Zeitgeschehens zu berichten oder staatsbürgerliche Aufklärung zu betreiben. Die Verwendung des Symbols auf der Maske erweckte vielmehr den Eindruck, dass die Verwendung des Hakenkreuzes geduldet würde. Genau dieser Eindruck ist aber zu vermeiden. Das "kommunikative Tabu" muss nach dem Willen des Gesetzgebers aufrechterhalten werden, damit keine Gewöhnung an derartige Symbole eintritt.

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