Deutsche Gerichte für Schadensersatzklagen gegen US-Ratingagenturen mit nicht unwesentlichem Vermögen im Gerichtsbezirk zuständig
OLG Frankfurt a.M. 28.11.2011, 21 U 23/11Der Kläger erwarb im März 2008 für 30.000 € Zertifikate einer Tochtergesellschaft der Lehman Brothers Inc., New York. Über deren Vermögen wurde am 15.9.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Gleichwohl waren der Emittentin ebenso wie der Lehman Brothers Inc. im Emissionsprospekt durch die beklagte internationale Ratingagentur mit Sitz in New York eine Kreditwürdigkeit von A+ bescheinigt worden. Die Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Emittentin erfolgte aufgrund eines zwischen der Beklagten und der Emittentin abgeschlossenen Vertrages, der dem Recht des Staates New York unterlag.
Der Kläger, dessen Wertpapiere aufgrund des Zusammenbruchs wertlos sind, behauptet, er habe seine Kaufentscheidung wesentlich auf die sich im Nachhinein als grob fehlerhaft herausstellende Einschätzung der Kreditwürdigkeit der Lehman Brothers Inc. und deren Tochtergesellschaft durch die Beklagte gestützt. Er verlangt Schadensersatz und vertritt die Auffassung, bei dem Ratingvertrag zwischen der Beklagten und der Emittentin habe es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gehandelt, wobei das Bestehen des Anspruchs sich nach deutschem Recht richte.
Das zunächst angerufene LG Frankfurt a.M. verneinte die Zulässigkeit der Klage, weil es sich weder für örtlich noch international für zuständig hielt, und wies die Klage ab. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hob das OLG das Urteil auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurück. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig
Die Gründe:
Entgegen der Auffassung des LG ist die wirksam erhobene Klage zulässig; insbes. ist das LG Frankfurt a.M. örtlich zuständig.
Zwar ist dem LG darin zuzustimmen, dass eine örtliche Zuständigkeit nicht aus § 17 ZPO folgt. Die örtliche - und damit auch die internationale - Zuständigkeit des LG ergibt sich im vorliegenden Fall aber aus dem subsidiären Gerichtsstand nach § 23 ZPO. Hiernach ist für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen (auch juristische) Personen, die im Inland keinen Wohn- bzw. Geschäftssitz haben, das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen der Person befindet, wenn der Rechtsstreit hinreichenden Inlandsbezug aufweist.
Beide Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Nicht unwesentliches Vermögen der beklagten Ratingagentur ist in Form von Abonnementverträgen mit Frankfurter Unternehmen vorhanden, woraus sie in Deutschland Erträge in sechsstelliger Höhe generiert. Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt überdies ein Inlandsbezug des Rechtsstreits vor. Der bereits als ausreichend anzusehende Anknüpfungspunkt für einen Inlandsbezug ist hier dem Umstand begründet, dass der Kläger seinen Aufenthalt und Wohnsitz in Deutschland inne hat und darüber hinaus noch deutscher Staatsbürger ist.
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