Deutschland muss aktuelle Grenzwerte für Spielzeug senken
EuG 14.5.2014, T-198/12Die EU hatte im Jahr 2009 eine neue Spielzeugrichtlinie erlassen, in der sie für bestimmte chemische Stoffe in Spielzeug, wie insbesondere Schwermetalle, neue Grenzwerte festlegte. Deutschland, das im Rat gegen diese Richtlinie gestimmt hatte, war der Auffassung, dass die in seinem Land geltenden Grenzwerte für Blei, Barium, Antimon, Arsen und Quecksilber einen besseren Schutz böten, zumal sie der früheren Spielzeugrichtlinie von 1982 entsprächen. Es beantragte deshalb bei der EU-Kommission, diese Grenzwerte beibehalten zu dürfen.
Die EU-Kommission lehnte den Antrag im März 2012 hinsichtlich Antimon, Arsen und Quecksilber ab, billigte allerdings die Beibehaltung der deutschen Grenzwerte für Blei und Barium bis längstens 21.7.2013. Hiergegen wandte sich Deutschland mit seiner Klage auf Nichtigerklärung. Außerdem beantragte es den Erlass einer einstweiligen Anordnung, um seine bisherigen Grenzwerte bis zur Verkündung des Urteils in der Hauptsache weiterhin anwenden zu können. Im Mai 2013 gab der Präsident des Gerichts der Kommission auf, die Beibehaltung der fünf deutschen Grenzwerte bis zur Entscheidung des Gerichts zur Hauptsache zu billigen.
Mit seiner Entscheidung zur Hauptsache hat das EuG nun die Klage Deutschlands hinsichtlich Arsen, Antimon und Quecksilber abgewiesen. In Bezug auf Blei erklärte das Gericht den Beschluss der EU-Kommission dagegen für nichtig, soweit darin die Billigung der deutschen Grenzwerte für dieses Schwermetall bis 21.7.2013 befristet worden war.
Gründe:
Hinsichtlich Arsen, Antimon und Quecksilber kam das Gericht zu dem Schluss, dass Deutschland nicht den ihm obliegenden Beweis erbracht hatte, dass die deutschen Grenzwerte einen höheren Schutz gewährleisten als die neue Richtlinie.
Die neue Richtlinie sieht drei verschiedene Migrationsgrenzwerte vor, die jeweils für eine Art von Spielzeugmaterialien (trockene, brüchige, staubförmige oder geschmeidige Materialien, flüssige oder haftende Materialien und abgeschabte Materialien) gelten. Die deutschen Grenzwerte werden in Bioverfügbarkeit ausgedrückt. Sie beschreiben die maximal zulässige Menge eines chemischen Stoffes, die infolge des Umgangs mit Spielzeug im menschlichen Körper aufgenommen werden und für biologische Prozesse zur Verfügung stehen darf. Zudem gelten diese Grenzwerte ungeachtet der Konsistenz des Spielzeugmaterials für alle Spielzeugarten.
Nach Ansicht des Gerichts konnte aus den Daten, die von der EU-Kommission vorgelegt worden waren, klar entnommen werden, dass die anhand der Norm EN 71-3 in Migrationsgrenzwerte umgerechneten deutschen Grenzwerte für flüssige oder haftende sowie für trockene, brüchige, staubförmige oder geschmeidige Materialien deutlich höher ausfallen als die Werte der neuen Richtlinie, während die Migrationsgrenzwerte der Richtlinie für abgeschabte Materialien höher sind als diejenigen, die sich aus der Umrechnung der Bioverfügbarkeitsgrenzwerte der mitgeteilten einzelstaatlichen Bestimmungen ergeben. Daher kann Deutschland nicht mehr behaupten, die neue Richtlinie lasse eine stärkere Migration von Schadstoffen zu als sie in Deutschland zugelassen sei, Kinder seien somit diesen Schadstoffen stärker ausgesetzt und Deutschland habe "bereits damit" plausibel dargetan, dass seine Grenzwerte ein höheres Schutzniveau gewährleisteten als die neue Richtlinie.
In Bezug auf Blei war der Beschluss der EU-Kommission dagegen für nichtig zu erklären, soweit darin die Billigung der deutschen Grenzwerte für dieses Schwermetall bis 21.7.2013 befristet worden war. Die EU-Kommission hatte ihre Begründungspflicht verletzt, da ihr Beschluss insoweit einen inneren Widerspruch aufwies. Da die Grenzwerte der früheren Richtlinie bis zum 20.7.2013 weitergelten sollten und die Beibehaltung der deutschen Grenzwerte für Blei nur bis längstens 21.7.2013 gebilligt worden war (der Unterschied zwischen diesen beiden Daten ist dabei rein symbolischer Natur), kam der angefochtene Beschluss in seinem konkreten Ergebnis einer ablehnenden Entscheidung gleich. Dies, obwohl die Kommission zuvor festgestellt hatte, dass die Voraussetzungen für eine Billigung der Beibehaltung der einzelstaatlichen Grenzwerte für Blei gegeben waren.
Hinsichtlich Barium war der Rechtsstreit erledigt. Die EU-Kommission hatte nämlich zwischenzeitlich die Grenzwerte für dieses Schwermetall geändert, so dass die Klage in Bezug auf Barium gegenstandslos geworden war.
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