25.08.2022

Discounter-Prospekt: Hinweis auf begrenzte Bevorratung nicht grundsätzlich unlauter

Die angesprochenen Verkehrskreise entnehmen dem in einem Werbeprospekt eines Discounters enthaltenen Hinweis "Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein" ohne weitere Anhaltspunkte kein Eingeständnis des Werbenden für eine von vornherein nicht angemessene Bevorratung der beworbenen Waren. Vielmehr erkennen sie darin zum einen die Wiederholung der bereits an anderer Stelle des Prospekts erfolgten Hinweise, dass bestimmte Artikel nur in speziellen Filialen erhältlich sind, und zum anderen eine allgemeine Absicherung davor, dass Produkte trotz eigentlich angemessener Bevorratung aufgrund nicht vorhersehbarer Sonderumstände nicht überall und nicht über den gesamten beworbenen Zeitraum erhältlich sein können.

OLG Nürnberg v. 16.8.2022 - 3 U 29/22
Der Sachverhalt:
Bei der Klägerin - einer Verbraucherzentrale - handelt es sich um einen rechtsfähigen Verein, welcher in die Liste qualifizierter Einrichtungen gem. § 4 UKlaG aufgenommen ist. Die Beklagte ist ein Discounter und betreibt insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel bundesweit Filialen. In ihrem schriftlichen Prospekt für die Woche vom 8.3.2021 bis zum 13.3.2021 bewarb sie verschiedene Produkte, wobei diese teilweise mit Aktionspreisen ausgezeichnet waren. Auf der ersten Seite des Prospekts befand sich in der Fußzeile der Hinweis:

"Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein." Darunter war nach "*Erhältlich bei N. City (nicht in allen Sorten)" der Zusatz aufgedruckt: "Weitere Informationen unter n.-online.de / 0800 200 00 15 (gebührenfrei)." Am linken oder rechten Seitenrand enthielt der Prospekt auf Seiten 4 bis 7 den Hinweis "Angebot gilt nur in ausgewählten Filialen mit Backofen" sowie auf Seiten 2 und 10 den Hinweis "Fleischartikel nur erhältlich in Filialen mit Fleisch und Wurst in Selbstbedienung". Auf allen ungeraden Seiten des Prospekts war unten folgender Disclaimer abgedruckt: "*Erhältlich bei N. City (nicht in allen Sorten). Die abgebildeten Artikel können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein." Auf Seite 3 bewarb die Beklagte u.a. das Produkt "A. Mineralwasser" zum Preis von 4,44 € für zwei Kästen Wasser.

Das LG gab der Klage statt und verbot der Beklagten, gegenüber Verbrauchern in Werbeprospekten für den Kauf von Lebensmitteln unter Nennung konkreter Kaufpreise zu werben, wenn einzelne beworbene Waren nicht in allen Filialen erhältlich sein sollen und wenn die Beklagte den Verbraucher nicht am Blickfang der beworbenen Waren teilnehmend darüber informiert, wo der Verbraucher Informationen dazu einholen könne, in welchen Filialen die beworbenen Waren (nicht) verfügbar seien. Außerdem verurteilte es die Beklagte, an die Klägerin rd. 240 € nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Berufung des Klägers wies das OLG die Klage ab.

Die Gründe:
Die streitgegenständliche Werbung der Beklagten ist nach Maßgabe des zugrunde zu legenden Sachverhalts nicht unlauter.

Nach Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ist die unzureichende Aufklärung über eine unzulängliche Bevorratung zu beanstanden. Es muss dabei für einen durchschnittlichen Unternehmer in dieser Branche vorhersehbar sein, dass er die nach Menge und Zeitraum zu erwartende Nachfrage nach den konkret angebotenen Waren oder Dienstleistungen zum genannten Preis wahrscheinlich nicht (vollständig) erfüllen kann. Die danach verbotene Irreführung kann nicht nur durch hinreichende Aufklärung über tatsächliche Verhältnisse über den unzulänglichen Warenvorrat, sondern auch durch Einwirkung auf die relevanten Tatsachen selbst - nämlich die Sicherstellung einer hinreichenden Lagerhaltung - vermieden werden. Der Anspruchsteller muss die Tatsachen darlegen und ggf. beweisen, aus denen sich die durchschnittliche Verbrauchererwartung hinsichtlich Zeitraum und Menge der zur Verfügung stehenden Waren oder Dienstleistungen ergibt. Ferner muss er darlegen und ggf. beweisen, dass die tatsächliche Vorratsmenge nicht ausreichend war, um die voraussichtliche Nachfrage zu befriedigen.

Vorliegend hat die Klägerin nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte ein in dem Katalog aufgeführtes konkretes Produkt in einer Filiale - etwa das Produkt "A. Mineralwasser" in der Filiale der Beklagten in S - im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich nicht hinreichend vorrätig gehalten hat. Die Klägerin bleibt auch darlegungs- und beweisfällig dafür, dass die Beklagte allgemein irgendwelche in dem Katalog beworbenen Produkte nicht angemessen bevorratet habe. Sie stützt die Annahme der nicht hinreichenden Bevorratung ausschließlich auf den im Prospekt enthaltenen Hinweis "Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein".

Die angesprochenen Verkehrskreise entnehmen dem in einem Werbeprospekt eines Discounters enthaltenen Hinweis "Die im Handzettel abgebildeten Artikel sind nicht in allen Filialen erhältlich und können wegen des begrenzten Angebots schon am ersten Tag ausverkauft sein" ohne weitere Anhaltspunkte kein Eingeständnis des Werbenden für eine von vornherein nicht angemessene Bevorratung der beworbenen Waren. Vielmehr erkennen sie darin zum einen die Wiederholung der bereits an anderer Stelle des Prospekts erfolgten Hinweise, dass bestimmte Artikel nur in speziellen Filialen erhältlich sind, und zum anderen eine allgemeine Absicherung davor, dass Produkte trotz eigentlich angemessener Bevorratung aufgrund nicht vorhersehbarer Sonderumstände nicht überall und nicht über den gesamten beworbenen Zeitraum erhältlich sein können. Dieser Hinweis ist daher - wenn nicht bewiesen ist, dass der Werbende ein in dem Katalog aufgeführtes konkretes Produkt in einer Filiale in dem für die Werbung maßgeblichen Zeitraum tatsächlich nicht hinreichend vorrätig gehalten hat - nicht als unlauter anzusehen.

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Kurzbeitrag:
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René Rosenau, IPRB 2021, 255

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