Einseitiges Änderungsrecht in AGB von Telekommunikationsdienstleistern? Vorlage an EuGH
OLG Düsseldorf v. 26.9.2024 - I-20 U 35/24
Der Sachverhalt:
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände beantragt - auch in zweiter Instanz -, der Beklagten, einem großen Telekommunikationsanbieter, aufzugeben, gegenüber Verbrauchern in Bezug auf Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen die Verwendung dieser oder einer dieser inhaltsgleichen Klausel in AGB zu unterlassen. Er vertritt die Auffassung, ein solcher einseitiger Änderungsvorbehalt verstoße gegen geltendes AGB-Recht, weil er Verbraucher unangemessen benachteilige.
Die Beklagte rechtfertigt ihre AGB mit dem Wortlaut des § 57 Absatz 1 Satz 1 Telekommunikationsgesetz, der - nach Lesart der Beklagten - Anbietern das Recht einräume, in AGB ein Änderungsrecht vorzusehen. Die angegriffene AGB-Klausel wiederhole lediglich den Wortlaut des Gesetzes.
Das OLG hat dem EuGH folgende Vorlagefrage gestellt:
"Ist Art. 105 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321/36; zukünftig: Richtlinie) dahingehend auszulegen, dass
den Anbietern anderer öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste als nummernunabhängiger interpersoneller Kommunikationsdienste das Recht eingeräumt wird, die Vertragsbedingungen kraft Gesetzes einseitig zu ändern, und die Endkunden im Gegenzug hierzu ein Sonderkündigungsrecht erhalten,
oder setzt die Vorschrift ein bereits aus anderen Gründen bestehendes Recht der Anbieter, die Vertragsbedingungen einseitig zu ändern, voraus und regelt lediglich das sich daraus ergebende Sonderkündigungsrecht des Endkunden?"
Die Gründe:
§ 57 Abs. 1 S. 1 Telekommunikationsgesetz stellt die nationale Umsetzung des Art. 105 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation ("Richtlinie") dar. Aus diesem Grunde ist die Auslegung des Art. 105 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie vorab zu klären. Kern der Vorlage ist die Frage, ob die Regelung dem Unternehmer - wie von der Beklagten vertreten - ein einseitiges Änderungsrecht gewährt oder ob sie lediglich die Rechtsfolgen eines anderweitig geregelten Änderungsrechts normiert. Letzteres würde dazu führen, dass die in Rede stehende AGB-Klausel der Beklagten unwirksam wäre.
Mehr zum Thema:
Rechtsprechung:
Einseitige Vertragsänderung nach § 57 TKG
OLG Düsseldorf vom 30.04.2024 - 20 UKI 2/23
Gerd Kiparski, CR 2024, 412
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OLG Düsseldorf PM Nr. 46 vom 26.9.2024
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände beantragt - auch in zweiter Instanz -, der Beklagten, einem großen Telekommunikationsanbieter, aufzugeben, gegenüber Verbrauchern in Bezug auf Verträge über Telekommunikationsdienstleistungen die Verwendung dieser oder einer dieser inhaltsgleichen Klausel in AGB zu unterlassen. Er vertritt die Auffassung, ein solcher einseitiger Änderungsvorbehalt verstoße gegen geltendes AGB-Recht, weil er Verbraucher unangemessen benachteilige.
Die Beklagte rechtfertigt ihre AGB mit dem Wortlaut des § 57 Absatz 1 Satz 1 Telekommunikationsgesetz, der - nach Lesart der Beklagten - Anbietern das Recht einräume, in AGB ein Änderungsrecht vorzusehen. Die angegriffene AGB-Klausel wiederhole lediglich den Wortlaut des Gesetzes.
Das OLG hat dem EuGH folgende Vorlagefrage gestellt:
"Ist Art. 105 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (ABl. L 321/36; zukünftig: Richtlinie) dahingehend auszulegen, dass
den Anbietern anderer öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste als nummernunabhängiger interpersoneller Kommunikationsdienste das Recht eingeräumt wird, die Vertragsbedingungen kraft Gesetzes einseitig zu ändern, und die Endkunden im Gegenzug hierzu ein Sonderkündigungsrecht erhalten,
oder setzt die Vorschrift ein bereits aus anderen Gründen bestehendes Recht der Anbieter, die Vertragsbedingungen einseitig zu ändern, voraus und regelt lediglich das sich daraus ergebende Sonderkündigungsrecht des Endkunden?"
Die Gründe:
§ 57 Abs. 1 S. 1 Telekommunikationsgesetz stellt die nationale Umsetzung des Art. 105 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation ("Richtlinie") dar. Aus diesem Grunde ist die Auslegung des Art. 105 Absatz 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie vorab zu klären. Kern der Vorlage ist die Frage, ob die Regelung dem Unternehmer - wie von der Beklagten vertreten - ein einseitiges Änderungsrecht gewährt oder ob sie lediglich die Rechtsfolgen eines anderweitig geregelten Änderungsrechts normiert. Letzteres würde dazu führen, dass die in Rede stehende AGB-Klausel der Beklagten unwirksam wäre.
Rechtsprechung:
Einseitige Vertragsänderung nach § 57 TKG
OLG Düsseldorf vom 30.04.2024 - 20 UKI 2/23
Gerd Kiparski, CR 2024, 412
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