Einziehung einer zur Sicherheit an die Bank abgetretene Forderung auf ein debitorisches Konto einer GmbH
BGH 8.12.2015, II ZR 68/14Der Beklagte war Geschäftsführer der L-GmbH (Schuldnerin), über deren Vermögen am 1.7.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger ist zum Insolvenzverwalter bestellt.
ie Schuldnerin unterhielt bei der Volksbank ein Kontokorrentkonto, das durchgängig im Soll geführt wurde. Durch Globalabtretungsvertrag vom 31.8.2007 trat die Schuldnerin der Volksbank zur Sicherung aller bestehenden, künftigen und bedingten Forderungen aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr, insbesondere aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner unter Beachtung entgegenstehender verlängerter Eigentumsvorbehalte ab.
Der Kläger begehrt gem. § 64 S. 1 GmbHG Ersatz i.H.v. rd. 58.000 € wegen im Zeitraum vom 15.12.2010 bis zum 22.2.2011 auf dem debitorischen Kontokorrentkonto eingegangener Zahlungen, die den Debet-Saldo verringert haben.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Einzug von Forderungen einer insolvenzreifen GmbH auf ein debitorisches Konto grundsätzlich eine masseschmälernde Zahlung i.S.v. § 64 S. 1 GmbHG ist, weil dadurch das Aktivvermögen der Gesellschaft zu Gunsten der Bank geschmälert wird. Ebenfalls zutreffend ist die Einschätzung des OLG, dass der zwischen der Schuldnerin und der Volksbank abgeschlossene Globalabtretungsvertrag in dem vom Klageanspruch erfassten Zeitraum fortbestanden hat und dass dieser Umstand die Annahme masseschmälernder Zahlungen i.S.v. § 64 S. 1 GmbHG durch die Einziehung von Forderungen auf das debitorisch geführte Konto ausschließen kann.
Fälschlicherweise außer Acht gelassen hat das OLG indes, dass eine masseschmälernde Leistung durch die der Bank zugutekommende Zahlung dann vorliegt, wenn eine vor Insolvenzreife zur Sicherheit abgetretene zukünftige Forderung erst nach Eintritt der Insolvenzreife entstanden ist, oder wenn sie zwar vor Eintritt der Insolvenzreife entstanden, aber erst danach werthaltig geworden ist und der Geschäftsführer die Entstehung der Forderung oder deren Werthaltigwerden hätte verhindern können. Der Geschäftsführer kann zwar nicht verhindern, dass der Zessionar die ihm zur Sicherheit abgetretene Forderung nach Insolvenzreife verwertet. Er darf aber nicht bewirken, dass der Zessionar zu Lasten der Masse nach Insolvenzreife noch eine werthaltige Forderung erwirbt, § 64 S. 1 GmbH.
Im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung ist der Verfügungstatbestand mit dem Zustandekommen des Abtretungsvertrages abgeschlossen. Der Rechtsübergang auf den Gläubiger vollzieht sich jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung. Wenn - wie hier - die Abtretung bereits vor der Insolvenzreife für künftige Forderungen vereinbart wurde, kann gleichwohl eine Masseschmälerung eintreten, deren Ursache nicht in der Abtretungsvereinbarung, sondern darin liegt, dass die sicherungsabgetretene Forderung nicht mehr zugunsten des Vermögens der GmbH, sondern zugunsten des Zessionars entsteht. Wenn der Geschäftsführer die Zession - etwa durch die Kündigung des Kontokorrentvertrages - oder das Entstehen der Forderung nach Eintritt der Insolvenzreife verhindern kann, liegt daher im Ergebnis eine von ihm veranlasste Leistung an die Bank vor, wenn die Forderung nach der Sicherungsabtretung an die Bank entsteht und von ihr verwertet wird.
Das betrifft vor allem Verträge, die die Schuldnerin nach Eintritt der Insolvenzreife eingeht und bei denen der Anspruch auf die Gegenleistung für eine Leistung der Schuldnerin aufgrund der Sicherungsabtretung der Bank zusteht. Das gleiche gilt, wenn der Anspruch auf die Gegenleistung rechtlich zwar bereits entstanden ist, zulasten des Vermögens der Schuldnerin aber erst nach Eintritt der Insolvenzreife werthaltig gemacht wird, etwa indem die Schuldnerin die von ihr vertraglich zugesagte Leistung erbringt. Die Masseschmälerung liegt in diesen Fällen darin, dass die abgetretene Forderung zugunsten des Gläubigers werthaltig gemacht worden ist. Die Wertschöpfung geschieht dann zu Lasten der Gläubigergesamtheit bzw. der Masse und zugunsten des gesicherten Gläubigers.
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