Einzugsermächtigungsverfahren: Genehmigung einer Lastschrift kann nicht gegenüber Lastschriftgläubiger erklärt werden
BGH 13.10.2011, IX ZR 115/10Die Klägerin nimmt den Beklagten, der vorläufiger Insolvenzverwalter im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der J-GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) war, wegen des ihrer Ansicht nach unberechtigten Widerspruchs gegen Lastschriften auf Schadensersatz in Anspruch. Die Klägerin belieferte die Schuldnerin regelmäßig mit Baustoffen. Im Juni 2005 bestätigte die Z. eG der Schuldnerin einen Abbuchungsauftrag zugunsten der Klägerin. Im Februar und März 2008 zog die Klägerin über ihre Hausbank (S) vom Konto der Schuldnerin folgende Beträge ein: rd. 15.000 € am 29.2.2008, sowie jeweils rd. 10.000 € am 11.3. und am 18.3.2008.
Die Abbuchungen erfolgten im Einzugsermächtigungsverfahren, nicht im Abbuchungsauftragsverfahren. Am 20.3.2008 genehmigte die Schuldnerin gegenüber der Klägerin die Abbuchungen vom 11.3. und vom 18.3.2008. Am 26.3.2008 wurden Sicherungsmaßnahmen über das Vermögen der Schuldnerin angeordnet und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt; zugleich wurde angeordnet, dass Verfügungen der Antragstellerin nur mit Zustimmung des Beklagten wirksam waren.
Mit Schreiben vom 2.4.2008 erklärte der Beklagte gegenüber der Z. eG, dass er den noch nicht genehmigten Lastschriften seit dem 1.2.2008 widerspreche. Die Z. eG überwies insgesamt rd. 75.000 € auf das Anderkonto des Beklagten; in diesem Betrag waren die Abbuchungen der Klägerin enthalten. Mit Schreiben von April 2008 wies die Klägerin den Beklagten auf den bestehenden Abbuchungsauftrag hin und forderte ihn zur Rücknahme des Widerspruchs auf. Im Juni 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin wegen des ihrer Ansicht nach unberechtigten Lastschriftwiderspruchs vom Beklagten Schadensersatz i.H.v. rd. 35.000 €.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Hat der Schuldner die Lastschrift genehmigt, ist der (vorläufige) Insolvenzverwalter nicht berechtigt, der Belastungsbuchung zu widersprechen. Widerspricht er gleichwohl und führt der Widerspruch zu einer Rückbuchung, wird dadurch eine Rechtsposition des Gläubigers beeinträchtigt, so dass der Anwendungsbereich des § 826 BGB grundsätzlich eröffnet ist. Im vorliegenden Fall fehlt es aber bereits an einer gesicherten Rechtsposition der Klägerin, in welche der Beklagte hätte eingreifen können.
Die Erklärung vom 20.3.2008, welche die Schuldnerin unterzeichnet und der Klägerin zugeleitet hat, stellt keine Genehmigung der Belastungsbuchungen vom 11. und vom 18.3.2008 dar, weil sie nur gegenüber der Klägerin (der Gläubigerin), nicht aber gegenüber der Z. eG (der Schuldnerbank) abgegeben worden ist. Der im Jahre 2005 der Z. eG erteilte Abbuchungsauftrag zugunsten der Klägerin ändert daran im Ergebnis nichts. Die Klägerin hat die streitigen Beträge im Wege des Einziehungsermächtigungsverfahrens eingezogen, obwohl die Schuldnerin der Z. eG zu ihren, der Klägerin, Gunsten einen Abbuchungsauftrag erteilt hat.
Ob eine solche "doppelt begründete Lastschrift" nach den Regeln des Einziehungsermächtigungsverfahrens oder nach denjenigen des Abbuchungsauftragsverfahrens zu beurteilen ist, ist umstritten. Die hier entscheidende Frage, ob die Zahlstelle einen Widerspruch des Schuldners zu beachten hat, ist nach dem konkret erteilten Auftrag zu beantworten. Die Gläubigerbank ordnet - wie im Streitfall - den ihr erteilten Auftrag anhand der vom Gläubiger verwandten Kennziffer automatisch entweder dem Einziehungsermächtigungs- oder dem Abbuchungsauftragsverfahren zu. Im Verhältnis des Schuldners zu seiner Bank (der Zahlstelle) ist grundsätzlich der erteilte Abbuchungsauftrag maßgeblich. Soweit der BGH bisher die Auffassung vertreten hat, ein Widerspruch des Schuldners sei in einem solchen Fall für die Zahlstelle nicht bindend, wird daran nicht festgehalten.
Im Einzugsermächtigungsverfahren erlangt der Gläubiger bis zur Genehmigung der Belastungsbuchung keine gefestigte Rechtsposition. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 826 BGB wegen des Widerspruchs vom 2.4.2008 kam von vornherein nicht in Betracht. Der Beklagte war auch nicht gehalten, nach Erhalt des Schreibens der Klägerin vom 4.4.2008, in dem auf den Abbuchungsauftrag hingewiesen worden war, den Widerspruch gegen die drei streitigen Belastungsbuchungen zurückzunehmen. Eine Rücknahme des Widerspruchs kam bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Die Verweigerung einer Genehmigung ist als rechtsgestaltende einseitige Willenserklärung unwiderruflich. Dies gilt auch für den Widerspruch des Lastschriftnehmers gegen die Belastung seines Kontos im Einziehungsermächtigungsverfahren.
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