10.12.2021

Energieverbrauch von Staubsaugern ohne Beutel: Kein Schadensersatz für Dyson

Durch die Wahl der standardisierten Testmethode mit leerem Behälter hat die Kommission weder die Grenzen ihres Ermessens offenkundig und erheblich überschritten noch die Grundsätze der Gleichbehandlung und der guten Verwaltung hinreichend qualifiziert verletzt.

EuG v. 1.12.2021 - T-127/19
Der Sachverhalt:
Seit September 2014 werden alle in der EU verkauften Staubsauger einer Energieverbrauchskennzeichnung unterzogen, deren Modalitäten von der Kommission in der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 665/2013 zur Ergänzung der Richtlinie zur Energieverbrauchskennzeichnung festgelegt wurden. Die Kennzeichnung dient u.a. dazu, die Verbraucher über die Energieeffizienz und die Reinigungsleistungen von Staubsaugern zu informieren.

Die Dyson Ltd und die zur selben Unternehmensgruppe gehörenden übrigen Klägerinnen stellen Zyklonstaubsauger ohne Staubbeutel her. Da Dyson der Auffassung war, dass der von der Kommission in der Verordnung von 2013 zur Messung der Energieeffizienz von Staubsaugern herangezogene Test ihre Erzeugnisse gegenüber Staubsaugern mit Beutel benachteilige, begehrte sie vom EuG die Nichtigerklärung dieser Verordnung. Mit Urteil vom 11.11.2015 (T-544/13) wurde die Klage abgewiesen. Im Rechtsmittelverfahren hob der EuGH das Urteil auf und verwies die Sache an das EuG zurück. Mit Urteil vom 8.11.2018 (T-544/13 RENV) erklärte das EuG die Verordnung von 2013 mit der Begründung für nichtig, dass die Testmethode mit leerem Behälter nicht die Bedingungen widerspiegelt, die realistischen Gebrauchsbedingungen so nahe wie möglich kommen.

Mit ihrer Klage machen Dyson und die übrigen Klägerinnen Ersatz des (auf 176 Mio. € bezifferten) Schadens geltend, den sie nach ihrem Vortrag aufgrund der Rechtswidrigkeit der Verordnung erlitten haben.

Das EuG wies die Klage ab.

Die Gründe:
Die außervertragliche Haftung der EU setzt die Erfüllung von drei kumulativen Kriterien voraus: Die Rechtsnorm, gegen die verstoßen worden ist, muss bezwecken, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, und der Verstoß muss hinreichend qualifiziert sein, der Eintritt eines Schadens muss nachgewiesen sein und zwischen dem Verstoß gegen die dem betreffenden Organ obliegende Verpflichtung und dem den geschädigten Personen entstandenen Schaden muss ein unmittelbarer Kausalzusammenhang bestehen.

Zunächst ist zu prüfenob die Kommission hinreichend qualifizierte Verstöße gegen das Unionsrecht begangen hat, dass diese die außervertragliche Haftung der Union auslösen können. Die Klägerinnen haben vorgetragen, dass der EuGH rechtskräftig entschieden habe, dass die Kommission durch die Wahl einer standardisierten Testmethode mit leerem Behälter gegen Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie zur Energieeffizienzkennzeichnung verstoßen habe. Indem sie ein Energieetikett eingeführt habe, das auf dieser Methode beruhe, habe die Kommission die Grenzen ihres Ermessens offenkundig überschritten. Hierzu ist festzustellen, dass die Anwendung von Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie zur Energieeffizienzkennzeichnung auf den speziellen Fall der Staubsauger zu gewissen Unterschieden bei der Beurteilung führen konnte, die auf Auslegungsschwierigkeiten im Hinblick auf das Maß an Klarheit und Genauigkeit dieser Bestimmung und allgemein der gesamten Richtlinie hindeuteten.

Hinsichtlich der technischen Komplexität der zu regelnden Sachverhalte und der Frage, ob der Fehler der Kommission vorsätzlich begangen wurde oder unentschuldbar ist, ist festzustellen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung von 2013 berechtigte Zweifel an der wissenschaftlichen Validität und Genauigkeit der Ergebnisse bestanden, die von einer Testmethode mit vollem Behälter zum Zweck der Energieeffizienzkennzeichnung geliefert werden konnten. Auch wenn diese Testmethode die normalen Nutzungsbedingungen von Staubsaugern besser widerspiegelte als die Testmethode mit leerem Behälter, durfte die Kommission, ohne dass sie damit die Grenzen ihres Ermessens offenkundig und erheblich überschritten hätte, annehmen, dass diese Testmethode nicht geeignet war, die wissenschaftliche Validität und Genauigkeit der dem Verbraucher gelieferten Informationen zu gewährleisten, und stattdessen eine Testmethode wählen, mit der die Kriterien der Validität und Genauigkeit der Informationen eingehalten werden konnten. Die Kommission hat damit ein Verhalten gezeigt, das von einer durchschnittlich umsichtigen und sorgfältigen Behörde erwartet werden kann; sie hat daher die Grenzen ihres Ermessens nicht offenkundig und erheblich überschritten.

Weiterhin haben die Klägerinnen geltend gemacht, dass mit der Verordnung von 2013 eine Diskriminierung zwischen Beutelstaubsaugern und Zyklonstaubsaugern geschaffen worden sei, indem diese beiden Staubsaugerkategorien ohne objektive Rechtfertigung gleichbehandelt worden seien, obwohl ihre Eigenschaften nicht vergleichbar seien. Sowohl die Richtlinie zur Energieeffizienzkennzeichnung als auch die Verordnung von 2013 sahen eine Gleichbehandlung der in ihren Geltungsbereich fallenden Staubsauger vor. Gestützt auf die Prüfung eines Verstoßes gegen Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie ist festzustellen, dass berechtigte Zweifel an der wissenschaftlichen Validität und Genauigkeit der Ergebnisse bestanden, die von der Testmethode mit vollem Behälter zum Zweck der Energieeffizienzkennzeichnung geliefert werden konnten. Ein solcher tatsächlicher Umstand genügt für die Annahme, dass die Kommission ungeachtet der objektiven Unterschiede zwischen Zyklon- und sonstigen Staubsaugern durch die Wahl der Versuchsmethode mit leerem Behälter weder die Grenzen ihres Ermessens offenkundig und erheblich überschritten noch den Grundsatz der Gleichbehandlung hinreichend qualifiziert verletzt hat.

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