Erlöschen der Wiederholungsgefahr für Wettbewerbsverstoß bei Übernahme des in Anspruch genommenen Unternehmens
OLG Frankfurt a.M. v. 28.1.2021 - 6 U 181/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin vertreibt Whirlpools, Saunen und Wannen, sowohl im Wege des Fernabsatzes als auch über ein stationäres Ladengeschäft. Die ursprüngliche beklagte A-GmbH & Co. KG ist am 25.7.2018 erloschen. Deren Kommanditanteile wurden - vor Klageerhebung - auf die neu gegründete jetzige Beklagte übertragen, sodann ist die Komplementärin ausgeschieden.
Auf der von der ursprünglichen Beklagten betriebenen Internetseite wurde ein Whirlpool unter Angabe des Preises von 38.799,- € beworben, wobei nicht angegeben wurde, ob dieser Preis die Mehrwertsteuer enthielt oder nicht. Sie eröffnete den angesprochenen Verkehrskreisen die Möglichkeit, über diese Webseite einen dieser Whirlpools vorab zu bestellen bzw. zu reservieren. Hierfür füllte der Kunde am unteren Seitenende der Webseite das von der Beklagten bereitgestellte Kontaktformular aus und wählte die Option" verbindlich" oder "unverbindlich". Bei einer verbindlichen Vorbestellung des Whirlpools sollte der Kunde oder Händler zum offiziellen Verkaufsstart des Whirlpools einen Rabatt von 10 % erhalten. Nach Ausfüllen des Formulars musste der Kunde bzw. Händler einen Button mit der Bezeichnung "Absenden" anklicken. Hierauf erhielt er - was vorher nicht erkennbar war - eine E-Mail, aus der er entnehmen konnte, dass durch die Reservierung allein noch kein Vertrag geschlossen werde, sondern der verbindliche Vertrag erst durch ein persönliches Gespräch zustande komme. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage CF 4 Bezug genommen.
Die Klägerin erwirkte nach einer vorherigen Abmahnung eine einstweilige Verfügung des LG, die durch den Senat bestätigt wurde. Ein von der Klägerin versandtes Abschlussschreiben führte nicht zur Abgabe einer Abschlusserklärung. Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung hinsichtlich zahlreicher Informationspflichten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten war in der Sache überwiegend erfolgreich.
Die Gründe:
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht nicht, da es nach der Auflösung der ursprünglichen Beklagten und der Anwachsung an die neue Beklagte bei dieser an der notwendigen Wiederholungsgefahr fehlt. Gleiches gilt für die Kosten des Abschlussschreibens. Die Abmahnkosten hingegen sind von der Beklagten zu ersetzen.
Wird das Vermögen der ursprünglichen Verletzerin im Wege der Anwachsung von einer dritten Gesellschaft übernommen, erlischt wegen des höchstpersönlichen Charakters des Unterlassungsanspruchs die Wiederholungsgefahr für den Wettbewerbsverstoß. Dies gilt auch, wenn durch das Ausscheiden des letzten MItgesellschafters dieser das Vermögen ohne Liquidation im Wege der Anwachsung übernommen hat und die ursprüngliche Gesellschaft erloschen ist.
Den neuen Unternehmensinhaber kann zwar eine originäre Haftung aus § 8 Abs. 2 UWG im Hinblick auf die früher begangenen Wettbewerbsverstöße von Mitarbeitern oder Beauftragten treffen. Dafür muss in der Person der betreffenden Mitarbeiter oder Beauftragten allerdings eine Erstbegehungsgefahr bestehen. Die bloße Tatsache der Fortführung des Betriebes mit identilschem Personal reicht dafür nicht aus. Derartige konkreten Anhaltspunkte hatte die Klägerin nicht vorgetragen. Die Rechtsverteidigung im Prozess kann grundsätzlich eine Erstbegehungsgefahr nicht begründen. Die Tatsache, dass sich ein Beklagter gegen eine Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist nämlich nicht als eine Berühmung zu werten.
Die zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führenden Umstände stehen jedoch einem Anspruch auf Ersatz der durch die Abmahnung entstandenen Kosten gegen den neuen Unternehmensinhaber nicht entgegen, weil es sich bei dem Abmahnkostenersatzanspruch nicht um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt. Er geht vielmehr durch die Anwachsung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den neuen Unternehmensinhaber über.
Der Klägerin standen auch die geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG zu. Die ehemalige Beklagte hat gegen § 3a UWG i.V.m. § 312d Abs. 1 BGB verstoßen, da ein Fernabsatzgeschäft nach § 312c BGB vorlagt, und sie die bestehenden Informationspflichten nicht erfüllt hatte. Soweit sich die Beklagte auf ihre AGB berief, in denen eine Klausel festlege, dass kein "Fernabsatz"-Kaufvertrag zustande komme und der verbindliche Kaufvertrag nur in einem persönlichen Gespräch geschlossen werde und schriftlich verifiziert werden müsse, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Diese AGB sind nicht wirksam einbezogen worden, da auf sie gar nicht hingewiesen wurde.
Bei Abgabe der Willenserklärung durch den Interessenten auf der Homepage existiert überhaupt kein Hinweis. Erst nach Klicken des "Absenden"-Buttons erscheint der Hinweis auf die E-Mail und die notwendige Bestätigung, der auch einen Link zu den "wichtigen Informationen" enthält, deren Teil wiederum die AGB sind. Dabei ist schon fraglich, ob hierin überhaupt ein "ausdrücklicher" Hinweis nach § 305 BGB zu sehen ist, da für den Verkehr nicht erkennbar ist, dass sich hierunter auch AGB befinden, die Teil des Vertrages werden sollen. Jedenfalls ist der Hinweis nicht "bei Vertragsschluss" erfolgt sein. Hier kommt der Hinweis nämlich zeitgleich mit der Annahmeerklärung der Beklagten. Schließlich ist die Klausel auch nach § 305c Abs. 1 BGB inhaltlich als überraschend anzusehen.
Landesrechtsprechungsdatenbank Hessen
Die Klägerin vertreibt Whirlpools, Saunen und Wannen, sowohl im Wege des Fernabsatzes als auch über ein stationäres Ladengeschäft. Die ursprüngliche beklagte A-GmbH & Co. KG ist am 25.7.2018 erloschen. Deren Kommanditanteile wurden - vor Klageerhebung - auf die neu gegründete jetzige Beklagte übertragen, sodann ist die Komplementärin ausgeschieden.
Auf der von der ursprünglichen Beklagten betriebenen Internetseite wurde ein Whirlpool unter Angabe des Preises von 38.799,- € beworben, wobei nicht angegeben wurde, ob dieser Preis die Mehrwertsteuer enthielt oder nicht. Sie eröffnete den angesprochenen Verkehrskreisen die Möglichkeit, über diese Webseite einen dieser Whirlpools vorab zu bestellen bzw. zu reservieren. Hierfür füllte der Kunde am unteren Seitenende der Webseite das von der Beklagten bereitgestellte Kontaktformular aus und wählte die Option" verbindlich" oder "unverbindlich". Bei einer verbindlichen Vorbestellung des Whirlpools sollte der Kunde oder Händler zum offiziellen Verkaufsstart des Whirlpools einen Rabatt von 10 % erhalten. Nach Ausfüllen des Formulars musste der Kunde bzw. Händler einen Button mit der Bezeichnung "Absenden" anklicken. Hierauf erhielt er - was vorher nicht erkennbar war - eine E-Mail, aus der er entnehmen konnte, dass durch die Reservierung allein noch kein Vertrag geschlossen werde, sondern der verbindliche Vertrag erst durch ein persönliches Gespräch zustande komme. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage CF 4 Bezug genommen.
Die Klägerin erwirkte nach einer vorherigen Abmahnung eine einstweilige Verfügung des LG, die durch den Senat bestätigt wurde. Ein von der Klägerin versandtes Abschlussschreiben führte nicht zur Abgabe einer Abschlusserklärung. Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung hinsichtlich zahlreicher Informationspflichten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten war in der Sache überwiegend erfolgreich.
Die Gründe:
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht nicht, da es nach der Auflösung der ursprünglichen Beklagten und der Anwachsung an die neue Beklagte bei dieser an der notwendigen Wiederholungsgefahr fehlt. Gleiches gilt für die Kosten des Abschlussschreibens. Die Abmahnkosten hingegen sind von der Beklagten zu ersetzen.
Wird das Vermögen der ursprünglichen Verletzerin im Wege der Anwachsung von einer dritten Gesellschaft übernommen, erlischt wegen des höchstpersönlichen Charakters des Unterlassungsanspruchs die Wiederholungsgefahr für den Wettbewerbsverstoß. Dies gilt auch, wenn durch das Ausscheiden des letzten MItgesellschafters dieser das Vermögen ohne Liquidation im Wege der Anwachsung übernommen hat und die ursprüngliche Gesellschaft erloschen ist.
Den neuen Unternehmensinhaber kann zwar eine originäre Haftung aus § 8 Abs. 2 UWG im Hinblick auf die früher begangenen Wettbewerbsverstöße von Mitarbeitern oder Beauftragten treffen. Dafür muss in der Person der betreffenden Mitarbeiter oder Beauftragten allerdings eine Erstbegehungsgefahr bestehen. Die bloße Tatsache der Fortführung des Betriebes mit identilschem Personal reicht dafür nicht aus. Derartige konkreten Anhaltspunkte hatte die Klägerin nicht vorgetragen. Die Rechtsverteidigung im Prozess kann grundsätzlich eine Erstbegehungsgefahr nicht begründen. Die Tatsache, dass sich ein Beklagter gegen eine Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist nämlich nicht als eine Berühmung zu werten.
Die zum Wegfall der Wiederholungsgefahr führenden Umstände stehen jedoch einem Anspruch auf Ersatz der durch die Abmahnung entstandenen Kosten gegen den neuen Unternehmensinhaber nicht entgegen, weil es sich bei dem Abmahnkostenersatzanspruch nicht um einen höchstpersönlichen Anspruch handelt. Er geht vielmehr durch die Anwachsung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den neuen Unternehmensinhaber über.
Der Klägerin standen auch die geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1 UWG zu. Die ehemalige Beklagte hat gegen § 3a UWG i.V.m. § 312d Abs. 1 BGB verstoßen, da ein Fernabsatzgeschäft nach § 312c BGB vorlagt, und sie die bestehenden Informationspflichten nicht erfüllt hatte. Soweit sich die Beklagte auf ihre AGB berief, in denen eine Klausel festlege, dass kein "Fernabsatz"-Kaufvertrag zustande komme und der verbindliche Kaufvertrag nur in einem persönlichen Gespräch geschlossen werde und schriftlich verifiziert werden müsse, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Diese AGB sind nicht wirksam einbezogen worden, da auf sie gar nicht hingewiesen wurde.
Bei Abgabe der Willenserklärung durch den Interessenten auf der Homepage existiert überhaupt kein Hinweis. Erst nach Klicken des "Absenden"-Buttons erscheint der Hinweis auf die E-Mail und die notwendige Bestätigung, der auch einen Link zu den "wichtigen Informationen" enthält, deren Teil wiederum die AGB sind. Dabei ist schon fraglich, ob hierin überhaupt ein "ausdrücklicher" Hinweis nach § 305 BGB zu sehen ist, da für den Verkehr nicht erkennbar ist, dass sich hierunter auch AGB befinden, die Teil des Vertrages werden sollen. Jedenfalls ist der Hinweis nicht "bei Vertragsschluss" erfolgt sein. Hier kommt der Hinweis nämlich zeitgleich mit der Annahmeerklärung der Beklagten. Schließlich ist die Klausel auch nach § 305c Abs. 1 BGB inhaltlich als überraschend anzusehen.